Zu zweit tut das Herz nur halb so weh
ich Stevie junior
aus der Klemme helfen sollte, in der er steckte, und auch nicht, wie sich mein
chaotisches Liebesleben ins Lot bringen lieÃ.
Die siebzehnjährige Isabelle dagegen hatte beschlossen, dem Ruf
ihres Herzens zu folgen und ihr Leben an der Seite von Robert zu verbringen.
Wie, um Himmels willen, hatte sie das, kaum den Kinderschuhen entwachsen,
geschafft?
EINUNDZWANZIG
ISABELLE , 1940
Sarah Day lud uns zum Essen ein. »Die meisten kommen mit
Freunden oder Verwandten zu uns und feiern hinterher irgendwo. Sie aber sind
allein. Also bleiben Sie, und wir feiern zusammen.«
Ich war ihr sehr dankbar, denn ihre Einladung gab mir Zeit zwischen
dem Unterzeichnen der Heiratsurkunde und dem Moment, wenn Robert und ich allein
wären. Und ich hatte keine Ahnung, was mich im Zimmer unserer Pension
erwartete. Abgesehen von dem Getuschel gleichaltriger Mädchen und dem Lachen
verheirateter Frauen, wenn sie nach ihrem Liebesleben gefragt wurden, wusste
ich nichts über Männer und Frauen.
Nach dem Essen sagte Reverend Day, dass er uns mit seiner Frau nach
Hause begleiten würde.
»Nein, wir können nicht â¦Â«
»Das ist nicht nötig â¦Â«
Robert und ich widersprachen gleichzeitig, doch Reverend Day lieÃ
sich nicht umstimmen. »Wir wollten sowieso einen Abendspaziergang machen, nicht
wahr, Sarah?«
Sarah lächelte nervös. Ihr Blick verriet, dass ihre
Abendspaziergänge normalerweise nicht in unser Viertel führten. »Wir möchten
sicher sein, dass Sie Ihr Ziel wohlbehalten erreichen.«
Wir holten unsere Mäntel und unser Gepäck. Sarah schlug vor, dass
wir unseren Ehemännern vorangingen. Meinem Mann . Das
Wort überraschte mich; es war das erste Mal, dass jemand es benutzte. Ich hatte
es mir erträumt, aber laut ausgesprochen klang es fremd.
Bis zu unserer Pension war es ziemlich weit, und es tat mir leid,
dass Reverend Day und seine Frau die ganze Strecke wieder zurückgehen mussten.
»Unsinn«, widersprach Sarah. »Es war ein anstrengender Tag für Sie.
Machen Sie sich keine Gedanken. Wir kommen schon zurecht.«
Obwohl ich sie weniger als einen halben Tag kannte, umarmte ich sie.
Dabei flüsterte sie mir zu: »Falls Sie irgendetwas brauchen sollten, wissen
Sie, wo Sie mich finden. Sie haben einen schwierigen Weg vor sich. Ich werde
jeden Tag für Sie beten.«
Robert reichte Reverend Day zum Abschied die Hand.
Eine schwarze Frau öffnete die Tür. Sie musterte mich erstaunt,
bevor sie uns nach oben in ein einfaches, sauberes Zimmer brachte.
»Kein Feuer und keine Kerzen, auch wenn der Strom ausfällt â
passiert ziemlich oft. Das Haus ist aus Holz, und ich möchte nicht, dass es
abbrennt. Mittwochs nehm ich Sachen zum Waschen. Kostet extra. Am Sonntag koch
ich nicht, und für den Rest dieser Woche geht auch nichts mehr, weil ich schon
eingekauft hab. Schalten Sie die Herdplatte nach dem Kochen immer aus. Hab ich
noch was vergessen?« Sie sah sich kurz um, bevor sie aus dem Zimmer verschwand
und die Treppe hinunterging. Sie machte einen zupackenden und ein wenig derben
Eindruck. Nell und Cora, die jetzt mit mir verwandt waren, begannen bereits,
mir zu fehlen, und ich hoffte, sie wären nicht allzu wütend auf Robert und
mich.
Mein frischgebackener Ehemann zeigte mir den Schrank und die leeren
Schubladen, in denen ich meine wenigen Habseligkeiten verstauen konnte. Ich
brauchte gerade einmal eine Minute, um meine Kleidung aufzuhängen und in die
knarrende Kommode zu legen, die stark nach Mottenkugeln roch. Ich lieà die
Schublade einen Spalt offen, damit meine Sachen den Geruch nicht zu sehr
annahmen.
Robert sah mir von einem Stuhl aus zu, wie ich das Zimmer
begutachtete. Auf einer niedrigen Holzkommode befanden sich eine einzelne
Kochplatte, ein Topf aus Emaille und die wichtigsten Utensilien zum Kochen. In
der Kommode entdeckte ich jeweils zwei angeschlagene Teller, Schalen, Tassen
und Untertassen sowie stumpfes Metallbesteck. Es gab nichts zum Kühlen, was
hieÃ, dass wir Milch, Käse und andere verderbliche Lebensmittel praktisch
sofort essen mussten. Meine Familie hatte als eine der ersten in Shalerville
einen Kühlschrank gekauft. Ich war verwöhnt.
Aber ich würde zurechtkommen.
Wie man einen Haushalt führt, hatte ich von Cora und Nell gelernt.
Die Dinge, die meine Mutter mir beigebracht hatte â Sticken, Nähen, das
Arrangement von Blumen â,
Weitere Kostenlose Bücher