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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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Nachtkästchen, wo er im schwachen
Schein der Lampe schimmerte.
    Robert schaltete die Lampe aus und zog die Jalousie an dem Fenster
auf meiner Seite des Betts herunter. Meine Augen gewöhnten sich rasch an die
Dunkelheit. Im Licht des Mondes betrachtete ich unsere ineinander
verschlungenen Hände, den Kontrast zwischen den Farben. Die Nuancen – Braun und
Rosa und Cremefarben – waren nicht mehr zu erkennen; nun war alles nur noch
schwarz oder weiß mit ein bisschen Grau dazwischen. So, wie die Welt uns
wahrnehmen würde.
    Robert half mir aus Bademantel und Nachthemd und begann, meine
nackte Haut zu streicheln. Und weckte nie geahnte Gefühle in mir.
    Ich gab leise Geräusche der Lust, des Schmerzes und wieder der Lust
von mir, als er in mich eindrang.
    Jetzt bestand kein Zweifel mehr: Ich gehörte ihm. Und er mir.

ZWEIUNDZWANZIG
    DORRIE, GEGENWART
    Â»Wie romantisch, Miss Isabelle«, sagte ich gerührt und
dachte an meine eigenen Teenagersünden. Die Zeiten hatten sich geändert, klar,
aber vielleicht war doch was dran an der Enthaltsamkeit. Trotzdem musste man
seine Kinder aufklären.
    Für mich war’s natürlich schon zu spät und offensichtlich auch für
Stevie junior. Er hatte in letzter Zeit so viele Grenzen überschritten – die
meisten waren schlimmer als vorehelicher Sex.
    Ich wusste immer noch nicht, wie ich Teague erklären sollte, dass
Stevie mir das Geld geklaut hatte. Allmählich wurden seine Anrufe und SMS weniger. Irgendwann würden sie ganz aufhören.
    Â»Ja, ich bin froh, dass wir diese Hochzeitsnacht hatten«, sagte Miss
Isabelle, und ihre silberblauen Augen bekamen einen grauen Schimmer. »Sie hat
unser beider Leben verändert.«
    Â»Was ist dann passiert? Wie haben Ihre Familien reagiert? Ihre
Mutter ist bestimmt durchgedreht, oder?«
    Â»Allerdings«, bestätigte sie seufzend und starrte zum Fenster
hinaus.
    Ich drehte das Radio lauter, um ihr zu signalisieren, dass sie nicht
weiterreden musste, wenn sie nicht wollte. Da waren wir nun unterwegs zu einer
Beerdigung, und sie erzählte mir eine Geschichte, die sie bestimmt noch niemandem
anvertraut hatte. Ich fühlte mich geehrt, befürchtete jedoch, dass ihr der
Ausflug in die Vergangenheit nicht guttat.
    Es lag auf der Hand: Irgendwann musste sich das Leben von Robert und
Miss Isabelle drastisch verändert haben. Alle Personen auf den Fotos in ihrem
Haus waren weiß – ihr Mann, ihr Sohn, die Verwandten. Es gab kein einziges Bild
von einem Schwarzen. Etwas Schlimmes musste passiert sein. Trotzdem hatte Miss
Isabelle sich ihre positive Lebenseinstellung bewahrt. Ich weiß nicht, ob ich das
in ihrer Situation geschafft hätte. Obwohl ich darauf brannte zu erfahren, was
nach ihrer Hochzeitsnacht passiert war, drängte ich Miss Isabelle nicht.
Stattdessen fragte ich sie, ob wir eine Mittagspause einlegen sollten, doch sie
wollte bis Elizabethtown weiterfahren und dort essen. Bis dahin waren es noch
etwa zwei Stunden. Mir war das recht, weil es mir wegen Stevie junior ohnehin
den Appetit verschlagen hatte. Je eher wir Cincinnati erreichten, desto eher
konnte ich in Ruhe nachdenken.
    Ich betrachtete die Landschaft. Zu meiner Enttäuschung sahen
Arkansas, Tennessee und Kentucky ähnlich aus wie East Texas. Ich war noch nie
zuvor so weit herumgekommen und hatte mir die Gegend anders vorgestellt.
Natürlich gab es jede Menge Bäume, aber das fing ja schon gleich nach meinem
Heimatort an. Keine Ahnung, was ich erwartet hatte. Links und rechts von der
Interstate erhoben sich sanfte Hügel; wahrscheinlich hatte ich mir etwas
Dramatischeres erhofft. Jedenfalls irgendetwas anderes. Unterwegs entdeckte ich
ein paar von diesen hübschen kleinen, für Kentucky typischen Holzzäunen. Am
liebsten hätte ich angehalten, um ein paar Fotos zu machen. Ausgerechnet ich,
die nie Fotos machte, schon gar nicht von einer Landschaft. Ich hatte ja nicht
mal eine Kamera.
    Â»Die nächsten Teile der Geschichte kenne ich nur vom Hörensagen«,
riss Miss Isabelle mich aus meinen Gedanken.
    Â»Vom Hörensagen?«, wiederholte ich und warf einen Blick auf das
Rätselheft in ihrem Schoß. »Steht das im Kreuzworträtsel?«
    Â»Nein. Das soll heißen, dass ich vieles erst später von Sarah Day
und anderen erfahren habe.«
    Sarah Day? Oje. Ich hatte wenigstens auf eine kurze Zeit des Glücks
für Robert und Miss Isabelle gehofft.

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