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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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Allmählich wurde mir klar, dass sich
meine Probleme mit Stevie junior gemessen an ihrer Geschichte wie ein
Spaziergang ins Grüne ausnehmen würden.

DREIUNDZWANZIG
    ISABELLE , 1940
    Als ich in dieser Nacht nicht nach Hause kam, reagierten
meine Eltern mit Panik und Wut. Daddy wollte sofort die Polizei informieren,
doch Mutter ahnte die Wahrheit. Also wartete mein Vater mit dem Anruf, bis sie
Nachforschungen angestellt hatte.
    Cora und Nell erschienen wie immer am Sonntagmorgen, um das Essen
vorzubereiten. Meine Mutter stellte Nell, die im Esszimmer den Tisch deckte,
zur Rede, bekam jedoch nur ausweichende Antworten.
    Vollkommen außer sich durchsuchte Mutter mein Zimmer. Unterdessen
erzählte Nell Cora, was wir getan hatten, woraufhin Cora sie zu meiner Mutter
scheuchte und zu einem Geständnis zwang. Bestimmt hoffte Cora darauf, dass
Mutter Gnade vor Recht ergehen lassen und sie nicht entlassen würde. Robert
hatte Nell einen kurzen Brief für seine Eltern gegeben. Er verriet nicht, wo
wir wohnen wollten, nur, dass wir jemanden in Cincinnati gefunden hatten, der
uns trauen würde. Leider nannte Robert den Namen der Kirche, damit seine Mutter
wusste, dass wir den Bund fürs Leben auch vor Gott schließen würden. Diese
Botschaft überreichte Nell nun meiner Mutter.
    Sofort schickte Mutter meinen Vater und meine Brüder los, und der
unfreundliche Geistliche verwies sie an Reverend Day von St. Paul’s.
    Reverend Day hatte soeben die Sonntagsmesse beendet und saß mit
seiner Frau am Esstisch, als es an der Tür klingelte. Er öffnete sie, während
seine Frau Geschirr und Besteck abräumte und in die Küche brachte. Am
Sonntagnachmittag kamen oft unangekündigt Gemeindemitglieder mit Kuchen oder
Pasteten, um Probleme zu besprechen, die nicht bis zum Montag warten konnten.
    Sarah hörte, wie von der Tür die Stimme eines zornigen jungen Mannes
erklang. Einer meiner Brüder fragte Reverend Day, ob er Robert und mich am
Samstag gesehen habe. Der Reverend versuchte, sie zum Gehen zu bewegen, doch
sie wurden noch lauter und wütender. Als Sarah den Kopf aus der Küche streckte,
sah sie, dass meine Brüder ihren Mann mit den Fäusten bedrohten.
    Mein Vater mischte sich ein. »Jungs, so geht das nicht. Reverend,
Sie sehen ja, dass wir wegen meiner Tochter ziemlich durcheinander sind. Sie
ist erst siebzehn und hatte nicht die Erlaubnis zu heiraten. Wir wollen sie
nach Hause holen.«
    Â»Dad, lass uns das machen. Wir wissen, wie wir den Nigger zum Reden
bringen.« Jack – ich wusste, dass er es war, weil Sarah ihn als den Kleineren
von beiden beschrieb – redete weiter auf den Reverend ein. Ich war enttäuscht
darüber, dass mein Vater meinen Brüdern nicht Einhalt gebot, obwohl ich
eigentlich wusste, dass er dazu nicht in der Lage war. Wenn meine Brüder als
Kinder einen Käfer zu Tode gequält oder einem jungen Kaninchen zum Spaß die
Haut abgezogen hatten, war er auch nur kopfschüttelnd weggegangen. Ich hatte
ihn weinend angefleht, sie zu bestrafen, aber meine Mutter hatte ihn jedes Mal
davon abgebracht.
    Â»Jungs sind nun mal Jungs, John«, hatte sie gesagt. »Sie müssen sich
austoben.« Wie immer hatte er sich ihr gebeugt.
    Reverend Day sah kurz zu Sarah, und sein Blick sagte ihr, dass sie
Robert und mich warnen solle. Er selbst hielt meinen Vater und meine Brüder so
lange auf, wie er konnte. Meine Brüder schlugen auf ihn ein, während mein Vater
tatenlos zusah. Als sie drohten, sich Sarah vorzunehmen, erzählte der Reverend
ihnen von der Pension und betete, dass seine Frau uns inzwischen erreicht
hatte.
    Robert und ich verbrachten den Morgen im Bett und beschäftigten uns
weiter mit dem, was wir in der Nacht Neues für uns entdeckt hatten. Als uns am
frühen Nachmittag der Magen zu knurren begann, schlüpfte Robert widerwillig in
Hose und Hemd und verabschiedete sich mit einem Kuss von mir.
    Â»Rühr dich nicht von der Stelle«, sagte er. »Ich bin in ein paar
Minuten wieder da, und dann picknicken wir im Bett.«
    Ich seufzte zufrieden und lauschte, wie sich seine Schritte
entfernten. Eigentlich hätte ich aufstehen, mir die Haare bürsten und die Zähne
putzen sollen, aber ich war zu glücklich, um mich von der Stelle zu rühren.
    Er blieb länger weg, als er versprochen hatte. Später erfuhr ich,
dass er Schwierigkeiten gehabt hatte, einen offenen Laden zu finden; wir

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