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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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hatten
vergessen, dass Sonntag war. Erst nach einiger Zeit entdeckte er ein Café und
gab viel zu viel Geld für unser Essen aus. Aber was hätte er tun sollen? Er
wollte ja nicht am ersten Tag unserer Ehe mit leeren Händen zurückkommen.
    Vorsichtiges Klopfen an der Tür schreckte mich auf. Das war nicht
Robert. Ich sprang auf, schlüpfte in meinen Bademantel und band ihn zu, während
ich zur Tür eilte.
    Â»Wer ist da?«, fragte ich mit leiser Stimme.
    Â»Sarah Day. Schnell, machen Sie auf.«
    Ich bekam es mit der Angst zu tun. War Robert etwas zugestoßen? Erst
mein zweiter Gedanke – der sich als richtig erwies – war, dass meine Familie
Reverend Day aufgespürt und zum Reden gezwungen hatte.
    Ich zog Sarah ins Zimmer. Die Schürze unter ihrem Mantel steigerte
meine Angst. Sarah Day hätte nie im Leben freiwillig auf der Straße eine
Schürze getragen. »Was ist los? Ist mit Robert alles in Ordnung?«
    Â»Ihre Brüder und Ihr Vater waren bei uns und sind jetzt
wahrscheinlich auf dem Weg hierher. Sie wissen von der Trauung. Ich bin
hergekommen, um Sie zu warnen. Viel Zeit bleibt Ihnen nicht.«
    Völlig erschüttert sank ich aufs Bett. »Was soll ich tun? Robert ist
unterwegs, etwas zu essen holen. Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll,
Sarah.«
    Â»Es trifft sich gut, dass Robert weg ist. Ihre Brüder waren ziemlich
wütend und haben meinen Mann bedroht. Vielleicht sollte ich Robert abfangen,
ihn warnen. Sie wären imstande, ihn übel zuzurichten.« Wir mussten beide an den
jungen Mann denken, dessen Fall der Reverend tags zuvor beschrieben hatte.
»Soweit ich das beurteilen kann, kommt Ihr Vater nicht gegen seine Söhne an.«
    Sie hatte recht. Meine Mutter hatte ihnen immer zu viel durchgehen
lassen, sodass sie sich für die Herren der Welt hielten. Sie hatten keine
Skrupel, jeden anzugreifen, der sich ihnen in den Weg stellte – und wenn es der
eigene Vater war.
    Â»Stimmt. Bitte, Sarah, gehen Sie und halten Sie Ausschau nach Robert.
Sagen Sie ihm, er soll erst zurückkommen, wenn – ich weiß nicht, wann. Ich
kümmere mich um meine Brüder.«
    Sie blieb an der Tür stehen. »Ihr Vater sagt, Sie sind erst
siebzehn. Ist das wahr?«
    Ich nickte schuldbewusst.
    Sie schüttelte den Kopf. »Oje, dann haben Sie Ihre Eltern und uns
angelogen. Dieser Ehe wird es schwerfallen, vor den Augen Gottes zu bestehen.«
Und mit diesen Worten ließ sie mich allein zurück.
    Ich schämte mich zutiefst, denn es stimmte: Ich hatte auch vor Gott
gelogen.
    Hoffentlich begegnete Robert nicht meinen Brüdern, und hoffentlich
gelang es Sarah, ihn rechtzeitig zu warnen. Dass meine Brüder mir auch im Zorn
nichts antun würden, wusste er.
    Am Ende zog ich das Kleid an, das ich vor der Hochzeit getragen
hatte, und machte das Bett, sodass es nicht aussah, als hätte ich mich bis zum
frühen Nachmittag darin mit einem Mann vergnügt.
    Selbst wenn dieser Mann mit mir verheiratet war und wir ein Recht
darauf hatten.
    Ich weiß nicht, warum ich nicht unsere Sachen packte und mich auf
die Suche nach Robert machte, um mit ihm an einen Ort zu fliehen, an dem wir
friedlich als Mann und Frau leben konnten.
    Gab es einen solchen Ort überhaupt?
    Vielleicht ahnte ich, dass es keinen Sinn hatte davonzulaufen.
Irgendwann würden meine Brüder mich aufspüren und zurück nach Hause bringen,
und dann wäre alles noch schlimmer. Oder sie taten Reverend Day oder gar seiner
Frau etwas an. Ich konnte es nicht verantworten, dass so freundlichen und
großzügigen Leuten durch meine Schuld etwas zustieß. Es ging um viel mehr
Menschen als nur um Robert und mich.
    Meine Brüder begnügten sich nicht mit einem Klopfen, sondern traten
die Tür ein und stürmten herein. Mein Vater blieb mit verlegener Miene im
Türrahmen stehen. Fast tat es mir leid, dass mein Handeln das ruhige Leben, das
er für seine Familie aufgebaut hatte, unweigerlich und unwiderruflich
durcheinandergebracht hatte.
    Â»Bist du verrückt?«, brüllte mein älterer Bruder mich an. »Wo ist
der Nigger? Wenn der mir unter die Finger kommt, bringe ich ihn um.«
    Mein Vater zuckte zusammen. »Jack, hör auf. Wir haben Isabelle
gefunden, es geht ihr gut. Wir bringen sie jetzt nach Hause.«
    Â»Der Bursche hat unsere Schwester geschändet, Dad. Ein Nigger. Das
können wir ihm nicht durchgehen lassen, was, Pat?«

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