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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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und so viel Schnaps, dass du darin baden könntest, bietet dir das Haus nach dem Dinner ein Unterhaltungsprogramm der Spitzenklasse. Unser heutiges Motto: Du wolltest es wissen – jetzt erfährst du es!
    „Was werde ich erfahren?“
    Na, er lebt ja doch noch, der Herr Professor. Bist du doch, ein echter Professor! Ehrentitel, von der Landesmutter persönlich verliehen. Für Verdienste um das Land. Unabhängiger, ehrlicher, mutiger Journalismus als Begründung. Ist noch gar nicht so lange her. Ich habs in deiner Zeitung gelesen. Der Titel wurde dir gemeinsam mit einem Kabarettisten umgehängt, Moment mal, mir fällt sogar der Name ein, Bert Ditz heißt der Mann. Große Feier im Weißen Saal der Burg. Hallelujah. Der Ditz ist wenigstens ein komischer Kauz, nimmt in seinen Programmen sogar die Landeschefin schaumgebremst, aber immerhin, auf die Schaufel, aber du? Unabhängiger, ehrlicher Journalismus? Mein Arsch ist ehrlicher als du.
    „Ich scheiß auf den Professor. Was werde ich heute erfah ren?“
    Überraschung. Wie wär’s mit einem doppelten Absolut als Aperitif, dann würde ich die Frankfurter essen, bevor sie kalt werden.
    „Was hättest du getan, wenn ich die blöde Kamera, dort oben im Ecke, abgedeckt oder zerschlagen hätte?“
    Oh, der Herr Professor hat nachgedacht, gegrübelt. Überwachung, klar. Du hättest irgendetwas dazu gebraucht, weil die Kamera ja so hoch montiert ist, dass du sie mit den Händen nicht erreichen kannst, den Stuhl wahrscheinlich, oder den Tisch, sonst gibt es ja nichts in diesem Raum, das sich dazu eignet, aber du hättest einen von beiden zuerst vom Boden losschrauben müssen. Vielleicht hättest du das sogar geschafft. Irgendwie. Für mich wäre das Zuschauen ein Fernsehvergnügen gewesen. Ich hätte dich bis zur allerletzten Schraube schuften lassen, dann wäre ich gekommen. Sisyphusarbeit nennt man so etwas.
    „Okay, okay, ich habe es ja nicht getan, aber der Gedanke daran hat mich beschäftigt. Stundenlang. Ich habe ja Zeit. Ich will hier raus und ich will weiterleben. Ja, ich will weiterleben. Ich habe nachgedacht. Wer du bist, was du tust, warum du mich wozu brauchst. Ich habe keine Antworten gefunden. Da sind ein paar Mosaiksteine, aber sie reichen nicht aus für ein Gesamtbild. Du hast mich bisher nicht umgebracht, weil du mich noch brauchst. Wozu du mich brauchst, ist mir klar, aber wann brauchst du mich nicht mehr? Wirst du mich umbringen? Wie wirst du mich umbringen? Was kann ich tun, damit du es nicht tust?
    Gut geredet, darauf darfst du einen trinken. Du machst dir zu viele Sorgen, mein Freund. Deine vorläufige Aufgabe ist es einfach zu leben. Bestens behütet, gut bewirtet. Kein großes Grübeln. Alle Gedanken an die Zukunft sind Energievergeudung. Weil deine Zukunft mir gehört und ich über sie entscheide. Aber das weißt du ja längst. Denk weiter nach. Ich komme wieder.
    In der Küche, Montagnacht
    Es ist mir natürlich vollkommen bewusst, dass ich Menschen töte. Menschen haben immer schon Menschen getötet. Seit Kain und Abel. Menschen werden immer Menschen töten, solange es sie gibt. Das beginnt damit, dass wir mit unserer dünnen Haut und den so leicht zerbrechlichen Knochen ungemein verletzliche Lebewesen sind. Die verletzlichsten überhaupt.
    Kein Panzer, wie die Schildkröten, keine dicken Schuppen, wie die Krokodile. Nicht einmal ein Haus, wie es die kleine Schnecke hat. Ein kräftiger Hieb auf den Schädel und weg ist der Mensch. Menschentöten ist eine einfache Angelegenheit. War es immer schon. Seit Urzeiten. Und weil es so einfach ist und in den frühen Tagen unserer Existenz im Übermaß praktiziert wurde, hat man auf dem Weg zur so genannten Zivilisation gleich mehrere Riegel vorgeschoben. Der eine heißt Moral. Es ist unmoralisch für einen Menschen, einen Artgenossen zu töten. Ein anderer liegt in den Religionen. Gott oder die Götter oder welche Macht auch immer, die der Mensch als spirituelles Schutzschild ersonnen hat, mögen es nicht, wenn Mensch Mensch tötet. Als ultimativen irdischen Schutz hat der Mensch schließlich das Gesetz geschaffen. Nichts wird darin härter bestraft als Menschen, die Menschen töten. Mord ist das ultimative Kapitalverbrechen. In manchen Ländern wird man dafür hingerichtet. Hinrichten heißt töten. Das Gesetz wird also selbst zum Mörder. Absurd. Und dann gibt es Menschen, die Menschen sogar in der Kunst des Mordens ausbilden. Diese Ausgebildeten heißen Soldaten, und niemand hat in der Geschichte der

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