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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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Ludwig Hofer! Unsere Polizisten riskieren Tag für Tag ihr Leben, um uns zu schützen und zu helfen. Mein Wunsch an die Herren am Paulustor: Man sollte Hofers so innig, brutal und rücksichtslos angestrebten Wunsch erfüllen und ihn befördern – und zwar in hohem Bogen raus aus dem Polizeidienst!
    Wo bleibt der Applaus vom Publikum, die versprochenen Bravorufe? Was ist, Hanser, habe ich beim Lesen genuschelt, die Worte nicht deutlich genug ausgesprochen? Erster Akt, Ende!
    „Mein Gott. . . Hofer, du bist der Hofer.“
    Richtig vermutet, verehrtes Publikum. Das Ensemble nimmt an dieser Stelle die Maske ab, wir zeigen unser wahres Gesicht. Hier ist es. . . erinnerst du dich noch daran? Oder war die Sache damals für dich so bedeutungslos, dass ich nicht einmal einen deiner Blicke wert war? Ich war für dich nur eine Kolumne, nicht mehr. Richtig? Und der Hofer war keine Gestalt, kein Mensch, kein Gesicht, lediglich Kolumnenstoff. Hier ist es, das Gesicht. Hässlich, abstoßend, ekelig? Vielleicht. Schau es dir ganz genau an, es ist das letzte Gesicht, das du sehen wirst. Hier. . . die Augen, die Nase . . . und der Mund mit den Zähnen. Zwei Ohren sind dran, wie bei dir. Noch. Es ist mein Gesicht. Und ich werde es noch sehr lange haben. Es ist ein unbedeutendes Gesicht, das Gesicht eines Nachtwächters. Du hast es dazu gemacht. Schau genau her, zum Teufel, so sieht ein verdammtes Nachtwächtergesicht aus.
    „Nein, nein, ich erinnere mich an dich. Dein Vater. . . ich war, es ist schon lange her, dreißig Jahre, mindestens, ich war ja auch Gerichtsreporter. Ja, in jungen Jahren, da habe ich ihn erlebt. Unglaubliche Erscheinung. Richter Gnadenlos haben wir ihn genannt, aber das weißt du ja. Dann du, der Polizist. Alle haben nur darauf gewartet, dass du so wirst wie er. Kommissar Gnadenlos. Das Recht bin ich! So war es doch?“
    Nein, nein, nein, Irrtum . . . ich war nie wie er. Das Gegenteil, ich wollte immer nur das Gegenteil von ihm sein. Er war das Recht, ich wollte die Gerechtigkeit sein. Aber das ist bedeutungslos. Wir befinden uns im Theater und kommen jetzt zu Akt Nummer zwei. Titel: Die Wahrheit
    Das Kind hat gewimmert, bitte, Opa, bitte, Opa, hör auf, es tut weh, es tut so weh. Das Schwein hat den Finger drinnen gehabt und gestöhnt.,Schatzi, Schatzi, dein Opi liebt dich ja so, kriegst auch ein schönes Geschenk! Ich bin im Dunklen gestanden und hab‘s gehört. Jedes Wort. Sieben Jahre war sie alt, sieben Jahre. Die Kleine hat in diesen Minuten das Kindsein verloren. Ich habe gewusst, dass es der liebe Opi wieder tun würde und immer wieder. Selbst wenn das Kind reden würde, keiner würde ihm glauben. Nur ein Geständnis des Opa-Schweines konnte dem Mädchen helfen. In dieser Nacht habe ich nichts in meinem Polizistenleben mehr gewollt als dieses Geständnis. Die Kleine war geschockt, ich habe für ärztliche Betreuung gesorgt und die Eltern verständigt.
    Den Alten habe ich in einem Zimmer auf dem Posten eingesperrt. Zuerst war nur ein Beamter da, später sollen es drei oder mehr gewesen sein. Der Diensthabende hat wohl gewusst, um wen es sich bei meinem Gefangenen gehandelt hat, er hat auch meine Wut gesehen und deshalb sofort Verstärkung angefordert. Ja, ich habe ihn geprügelt. Das überhebliche ,Sie wissen wohl nicht, wer ich bin?‘ und dazu das dreckige, präpotente Grinsen. ,Ein Arschloch bist du, habe ich gebrüllt. Er hat nicht einmal aus der Nase geblutet, als sein Anwalt gekommen ist. Keine ernsthaften Verletzungen. Es war ein Meisterwerk. Ich habe ihm körperliche Schmerzen zugefügt, ohne auf dem Körper Spuren zu hinterlassen. Er war überzeugt davon, die Wirkung meiner Schläge medizinisch bestätigt zu bekommen und hat am nächsten Morgen die Welt informiert, dass er zu Unrecht festgenommen und von mir beim darauf folgenden Verhör massiv misshandelt und unflätig beschimpft worden sei.
    Es gab nie ein ärztliches Attest. Aussage stand gegen Aussage. Das Kind hat, von Psychologinnen befragt, natürlich sagen müssen, dass absolut nichts geschehen sei. Das Mädchen hat angegeben, es habe den Großvater gebeten, es hochzuheben und zu tragen, weil es so müde gewesen sei. Der Opa habe das Kind dann hochgehoben, dabei aber etwas zu fest zugegriffen. Was ich gehört habe, seien nur die Bitten der Kleinen gewesen, diesen Griff zu lockern. Vielleicht hätten sie mich trotz allem befördert, wahrscheinlich aber nicht. Ich werde es nie wissen.
    Man hat jedenfalls in der Chefetage zunächst keinen

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