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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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niemandem, weil ich sie darum gebeten habe, und das ist gut so.
    Als der afrikanische Zeitungsverkäufer ins Lokal kommt, lenke ich rasch die Rede auf Hanser, seine Kolumne und die Morde, die mit seinem Namen verbunden sind, weil ich wissen will, was die anderen mitbekommen haben und wie sie darüber denken. „Ich kenne ihn, das ist ein Zniachtl“, sagt der Träufl. „Der Hanser ist ein versoffener Wichtigmacher, der stinkreich ist und es mit kleinen Buben treibt.“ Der Herr Scheiner nickt und ergänzt, dass er das von den Buben auch schon gehört hätte und dass er wisse, dass es gerade die Pädophilen seien, die zwar nach außen hin sanft wirkten, in Wirklichkeit über ein ungemein stark ausgeprägtes Gewaltpotenzial verfügten.
    Für Träufl und Scheiner ist der Hanser der logische Täter. Es sei seine perverse Neigung, die sein Leben zum Kippen gebracht habe. Beide sind sich einig, dass das Schwein Hanser zwar schlau sei, dass es der Leimböck und seine Kripo-Leute aber bald schaffen würden, es dorthin zu bringen, wo Schweine wie er hingehörten. Nämlich in den Knast. Ich höre geduldig zu und steuere dann und wann ein zustimmendes Nicken bei. Das Urteil des Nachtwächters ist der Tischgesellschaft nicht so wichtig. Dass der Hanser schwul sein soll, ist mir neu. Ich werde ihn fragen.
    In der Küche, Montagnacht
    Die Geierkolumne ist nicht im Blatt. Zuerst habe ich gedacht, ich hätte sie überblättert, deshalb habe ich die Zeitung noch einmal von der ersten bis zur letzten Seite untersucht. Nichts. Keine Kolumne. Warum verzichten die auf einen solchen Schatz, den ultimativen Auflagenbringer? Irgendetwas stinkt da. Was wissen die? Zum Teufel. Wahrscheinlich steckt der Schleimböck dahinter. Nein, kann nicht sein. Oder doch? Was bezweckt er damit? Bezweckt er überhaupt etwas? Hat der Schleimböck überhaupt etwas damit zu tun? Oder waren es die Zeitungsfritzen, aus scheinheiligen, ethischen Gründen? Kaum. Schleimböck, ich weiß es jetzt genau. Du bist doch listiger, als ich vermutet habe. Oder du hast viel dazugelernt seit damals. Du hast es eingefädelt, weil du mich damit von der Rolle bringen willst. Du hoffst, dass mich die nicht erschienene Kolumne so verunsichern wird, dass ich, auf der Suche nach den Gründen, unvorsichtig werden und meine Nase etwas zu weit aus dem Fenster strecken könnte.
    Halt, Pause. Was war das soeben? Nicht ich bin es, den du jagst, Schleimi, es ist der Hanser! Er ist der Killer, er hat alles eingefädelt, er hält sich versteckt, er hat die Kolumnen geschrieben, er ist der Verrückte, den du suchst! Klar? Nicht ich. Und doch habe ich im Zusammenhang mit dir und deiner Tätersuche soeben an mich gedacht und nicht an den Schreiberling. Irgendetwas ist da am Kochen, von dem ich noch keine Ahnung habe. Noch ist es keine Unsicherheit, nur ein Hauch von Unruhe. Ich weiß ja, dass ich alles richtig gemacht habe. Aber da ist ein Gefühl, das ich nur mit einem Vergleich beschreiben kann. Irgendwo, dort oben auf dem Berg, muss ich, ohne es selbst bemerkt zu haben, irgendwann einen Schneeball verloren haben. Noch liegt er dort und ist nichts anderes als ein Schneeball. Völlig harmlos. Aber es bedarf nur eines winzigen Stoßes, dann gerät er ins Rollen und wird zur Lawine. Ich habe meine Gefühle immer schon ernst genommen, jeder ist ein Narr, der das nicht tut. Ich muss reagieren. Der große Plan ist nach wie vor gut, aber da gibt es ein paar Details, an denen ich doch noch feilen sollte.
    Der Schreiberling hockt auf seinem Bett und starrt vor sich hin. Seit ich wieder im Haus bin, hat er sich kaum bewegt. Muss wohl der Alkoholentzug sein. Ich habe immer geglaubt, dass Giftmangel einen Süffel rastlos machen würde. Demnach müsste Hanser auf und ab gehen. Nervös, Gehetzt. Tut er nicht. Ich bin da wohl einem Irrglauben aufgesessen. Oder mein Alkoholiker ist ein anderer. Ein Sucht-Außenseiter. Einer, der die Norm sprengt. Blödsinn. Wahrscheinlich hat ihm der Alkmangel die Sinne geraubt und er hat das Bewusstsein verloren. Zum Glück habe ich Nachschub mit. Zwei Flaschen Wodka für ein Ohr. . .
    Im Keller, Montagnacht
    Aufwachen, Zeit fürs Abendessen. Was ist denn? Kein Hunger? Kein Durst? Schau her, ich hab dir was mitgebracht. Etwas, das dir absolut Freude bereiten wird. Die doppelte Dosis, weil du ja einiges aufzuholen hast.
    Was ist denn. . . spielen wir heute Abend das lustige Spielchen Ich-stell-mich-tot? Wurde ich dir nicht raten. Denn abgesehen von einem exzellenten Mahl

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