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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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und Sprachlosigkeit ohne den schmerzhaften Beigeschmack von heute. Die Bänke unter dem Paddlerhaus waren ein Geheimtreff, damals zur Mitte der Achtziger. Es waren jene Wochen und Monate, da Filteranlagen in den Zellstofffabriken Pöls und Gratkorn erstmals der Mur ihren widerwärtigen Mundgeruch genommen hatten, jenen bestialisch stinkenden Schleier, der bis dahin mit der Strömung durch die Stadt geschlichen war und nur die Verwegensten oder Sinnesärmsten am Flussufer hatte verweilen lassen. Zu jener Zeit war das alte Paddlerhaus noch ein Geheimtreff für Liebende, heute ein Tummelplatz mit Schichtbetrieb.
    Was um alles in der Welt also soll einer wie der Frank Klausberger zu dieser Stunde da unten verloren haben, außer seinem Leben? Ein Mord an einem alternden Stadtpolitiker an einem Treff für Jugendliche an einem Samstagmorgen, na na na, was nicht heißen soll, dass hier nicht gemordet wird, dachte ich, Graz ist bei dieser Art von Kultur Hauptstadt wie andere auch, aber wer, sage ich, soll Interesse daran haben, dem Finanzstadtrat ein Messer in den Rücken zu rammen? So bedeutend erscheint er mir nun auch wieder nicht. Eine Verwechslung, das muss es sein. Einer unserer Streifenbeamten hat voreilig den Namen Klausberger an die Zentrale weitergegeben, jawohl, weil sich doch so vieles und so viele ähneln. Warum, dachte ich, soll es nicht auch einen geben, der wie der Klausberger ist, rein äußerlich und bei allem Bedauern, damit gelebt haben zu müssen und damit nun auch gestorben zu sein. Jack, der Jahrhundertjahrgang und der Versuch, die Wirrnis meiner Gedanken zu bündeln, hämmerten im Dreivierteltakt. Warum, fragte ich mich, tun wir Dinge, die wir nicht vertragen, um andere Dinge besser zu ertragen?
    Gemäuer und Böschungsbewuchs des gegenüberliegenden Murufers tauchten in frühes, weiches Licht. Die Straßen waren ruhig und die Stadt schien von allen Geistern verlassen. Also auch den guten . Einzig in der Mitte der Radetzkybrücke hob sich die Silhouette eines kauernden Körpers durch die Gitterstäbe des Geländers ab. Einer der Murbettler, wie wir sie nennen. Jede Brücke der Stadt ist von ihnen besetzt, vom ersten Ergrauen bis in die Abenddämmerung. Auf jeder Brücke einer, nach ungeschriebenen, uns verborgenen Gesetzen straff organisiert und verteilt. Vielleicht hat er oder ein anderer etwas gesehen? Zeit und Gelegenheit, sie zu befragen, blieben allemal. Sie würden den ganzen Tag da sein.
    Der Morgen hatte begonnen, den Körpern ihre Schatten wiederzugeben. Ich war zur Uferpromenade hinabgestiegen und im Gleichklang mit dem sich kräuselnden Wasser bis zum Bootshaus dahingeplätschert. Unrhythmisches Aufzucken von Blitzlichtern holte mich zurück. Die Kollegen waren schon an der Arbeit, und neben ihnen die Totenvögel.
    „Wer hat. . .?“ Den Rest der Frage verbiss ich mir. Gelassenheit und Untätigkeit, in der sie umherstanden, verrieten mir: Sie hatten, was sie brauchten. Die Bilder, die in wenigen Stunden durchs Land gehen würden. Sie liefern, was alle sehen wollen. Auch jene, die sich demonstrativ abwenden und die Hände vors Gesicht schlagen, um hernach mit verrenkten Hälsen durch gespreizte Handflächen hinzublinzeln. Die Totenvögel sind ersetzbar wie vieles andere auch. Scheuchte ich sie weg, stünden morgen zwei neue da, die das System und dessen schaurige Bedürfnisse befriedigten. Sie leben vom Tod und ich lebe mit ihm. Letztlich sind sie zwei von uns. Oder ich einer von ihnen. „Servus, Kollegen. Ist es wirklich der Klausberger?“ Stummes Nicken mit geschürzt bejahenden Lippen. Der erste Blick verriet mir auch, was er hier zu suchen gehabt hatte: Kondition. Er war joggen und dabei seinem Mörder ins Messer gelaufen. Oder besser gesagt war das Messer des Mörders in ihn gelaufen. Sein Oberkörper lag vornübergebeugt, flussaufwärts besehen auf der ersten in einer Reihe von vier Betonbänken unter dem Bootshaus. Er schien zu knien, in gespreizter, leicht seitwärts geneigter Stellung, die Fingerspitzen der linken Hand tippten an den Schotterboden, jene der rechten baumelten ins Leere. Zwischen den Schulterblättern steckte ein schmaler Holzgriff mit Metallschaft. Ein wuchtiger Stich auf Anschlag. „Wie schaut‘s aus, Michelin?“, wandte ich mich an Fauler. „Wie ein lupenreiner Herzstich schaut s aus. Die Arbeit eines Profis? Willi Fauler stand dicht über die Leiche gebückt und atmete schwer. Die Zahnreihen des Reißverschlusses seines weißen Overalls drohten jeden Moment

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