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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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Landesrat aufzuknüpfen, warte ich nicht bis zum letzten Abdruck, oder? Da gehe ich eben früher.“
    „Warum? Das wäre doch fast so etwas wie ein Alibi. Immerhin kennen wir den genauen Zeitpunkt des Treffens nicht. Wir wissen nur, wann der Landesrat den Empfang verlassen hat. Außerdem kann er den Zeitpunkt des Anrufes selbst bestimmen. Zumindest solange sein Opfer auf dem Empfang verweilt. Wie auch immer. Vielleicht arbeitet unser Mann abends. Vielleicht hat er eine Pause eingelegt. Den Weg vom Schlosstor bis zum Baum und das Aufknüpfen des Landesrates einberechnet, sind das mindestens dreißig bis vierzig Minuten?
    „Mag sein“, sagte ich. „Aber wir wissen nicht, um welche Art von Job es sich handelt. Wenn überhaupt. Und ob sein Zeitmanagement kontrolliert wird. Aber einen Versuch ist es allemal wert.“
    „Wie viele Menschen wohnen in der Gegend rund um die Kleinerwerke?“
    „Zehntausend sicher?
    „Dann sollten wir wohl besser im Kleinen anfangen“ meinte Bela.
    „Im Kleinen?“
    „Ja, bei den Jobs und den Menschen, die diese Jobs um diese Zeit in dieser Gegend ausüben.“
    „Stimmt“, erwiderte ich. „Auf die Bewohner ausweiten können wir allemal, wenn es nix bringt. Ich lasse das überprüfen . . . welche Jobs in Frage kommen könnten. Auch wenn die Suppe recht dünn ist. Dessert?“
    Bela winkte ab. „Was dagegen?“ Warum sollte ich, wollte ich schon sagen (wenn die Figur verweigert, was der Körper verlangt), als ich bemerkte, wie sie mit flinkem Griff ein Päckchen aus ihrer Tasche fingerte, es mit der Rechten ein paar Mal gegen die offene Linke schlug und aufbrach. „Zigarette?“, fragte sie und hielt mir das Päckchen entgegen. „Oder sollst du nicht wollen?“, fügte sie schnell hinzu, als sie die verräterische Mienenmelange aus Dürfen-Wollen und Nicht-wollen-Sollen in meinem Antlitz entschlüsselte.
    Ausgebuffte, rotgelockte Psychohexe, dachte ich, lächelte und griff zu. „Sie ist gerade ein paar Tage nicht da. Mit den Kindern.“
    „Urlaub?“, fragte Bela.
    Ich schwieg. Bela blickte mich forschend an, blies ein paar Rauchkringel unter die Tischlampe und schwieg ebenfalls.

In der Küche, Dienstagmittag
    Mein Plan, alles verläuft auch weiterhin nach meinem Plan. Sammeln, sammeln, sammeln. Informationen, immer wieder Informationen. Informationen. Darum geht es. Nur wer alle Informationen besitzt, kann die Schalthebel der Macht betätigen. Informieren und beobachten. Alles genau beobachten. Analysieren, das Geschehene immer wieder ablaufen lassen. In allen Details. Ich habe ein fotografisches Erinnerungsvermögen, alles ist in mir gespeichert und ich kann es auf Knopfdruck abrufen. Nein, ich habe keinen Fehler gemacht. Schleimböck hat nichts, gar nichts. Er hat nur Hanser. Den habe ich ihm auf dem Silbertablett serviert. Deutlich. Vielleicht zu deutlich? Doch ein Fehler? Nein. Schleimböck war nie der große Schlaumeier, nur ein harter Arbeiter. Gewissenhaft, auf seine Art auch ein Sammler wie ich. Bieder. Zu bieder für gewagte Spekulationen. Fakten. Einer wie Schleimböck braucht Fakten. Die hat er. Ihm fehlt nur noch der Täter, und den wird er kriegen. Von mir. Ich diktiere das Spiel, alle handelnden Personen sind Figuren, die von mir bewegt werden. Ich könnte zufrieden sein, wenn da nicht etwas wäre, das mir zunehmend zu schaffen macht. Ich weiß, dass es in dieser Phase unvernünftig ist und ein unnötiges Risiko darstellen würde. In meinem Plan kommt es nicht vor, ich muss dafür einen eigenen Plan erstellen.
    Es geht um eine Begegnung mit Schleimböck. Das Optische als Überzeugung. Ich muss sein Gesicht sehen und ich muss dabei seine Ahnungslosigkeit spüren können. Teils zu meiner Beruhigung, teils um meinen Triumph, sagen wir als eine erste Rate, jetzt schon auskosten zu können. Der Entschluss, es doch und im Grunde genommen wider jede Vernunft zu tun, steht fest, seit ich den Sportteil der heutigen Zeitung gelesen habe. Sturm Graz gegen Rapid Wien im Schwarzenegger-Stadion. Mittwoch, 19 Uhr. Schleimböck ist dort, das weiß ich. Weil Schleimböck seit Jahren kein Heimspiel der Schwarzweißen versäumt hat. Ich war früher auch Stammgast im Stadion, in letzter Zeit aber kaum noch. Trotzdem wird es nicht auffallen, wenn ich jetzt plötzlich wieder dort auftauche. Wenn es gegen Rapid geht, hat die schwarzweiße Fan-Armada immer schon alle Kräfte mobil gemacht, da kommen auch solche, die nicht immer kommen. Sturm ist das Einzige, das er und ich gemeinsam

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