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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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„Mein Stellvertreter, Oberleutnant Kurz, ist über alles im Bilde. Er wird ihre Fragen beantworten. Ich selbst stehe Ihnen in Kürze zur Verfügung.“ Kurt war über nichts im Bilde. Er wusste das und ich wusste das. Aber zu protestieren wagte er dann doch nicht. Als wir ein gutes Stück entfernt waren, grinste ich Bela an. „Sonst reden sie immer, auch wenn sie von nichts eine Ahnung haben. Aber wenn sie etwas von dir wollen . . . auf einmal wird es mucksmäuschenstill. Das Schweigen der Belämmerten (ich weiß, liebe Leute, auch das ist banal, aber wenn es doch so ist). Du musst ihnen das Gefühl geben, dass sie zu fressen bekommen. Das reicht. Fürs Erste?
    „Was sollte der ganze Aufmarsch eigentlich?“
    „Welcher Aufmarsch, Bela?“
    „Die Landeshauptfrau und das ganze Brimborium. Ist heute ein besonderer Tag?“
    „Wenn es bisher noch keiner war, dann spätestens seit einer Stunde“, gab ich zurück.
    Bela Schmaus warf mir von der Seite einen verworrenen Blick zu und schüttelte den Kopf. „Du bist respektlos, Ferri?
    „Hat dich Michelin aufgehetzt? Der sagt mir das unentwegt.“
    Sie überging die Frage mit unveränderter Miene und reckte das Kinn. In ihren Augen lag ein erwartungsvoller, fordernder Blick, als wollte sie das lose Band, das sich, wie ich meinte, zwischen uns zu flechten begonnen hatte, bei einer falschen, jedenfalls aber nicht zufrieden stellenden Antwort kappen.
    „Also? Was hat es mit dem Aufmarsch auf sich?“
    „Heute ist Ruinenfest. Wie jedes Jahr. Bloß dass wir heuer zwei Jubiläen begehen. Achtzig Jahre Burgverein und vierzig Jahre Burgsanierung. Ist seit Tagen groß in den Medien. Am Vormittag der offizielle Teil mit Prominenz und am Nachmittag der gemütliche Teil mit jeder Menge . . . nun ja, Showprogramm, wenn man so will. Vor allem für die Kinder. Stelzenzauber, Greifvogelschau, Bogenschießen, Hexenwerkstatt, Burggrabensackhüpfen, Ritterschlag, Ritterfräuleinschminken, was weiß ich. Und zur musikalischen Untermalung die Joculatores und Hofjodler. Und Turmbläser?
    Bela blickte erstaunt. „Du weißt gut Bescheid?
    „Ferri, mein Ältester, ist ein Ritterfreak. Schleppt mich jedes Jahr hier herauf. Der weiß mehr über die Ruine als die meisten anderen. Erst vor ein paar Tagen habe ich ihm einen Wälzer über Heraldik gekauft? Ich stockte und hielt inne. Das Ruinenfest. Ferri würde maßlos enttäuscht sein, dass er nicht da sein konnte. Das Fest war seit Jahren der Höhepunkt rund um seinen Ge . . . burtstag. Ferris elfter Geburtstag. Der war gestern, dachte ich, und du hast ihn nicht angerufen. Nicht einmal angerufen. Auch auf die Gefahr hin, von Rosas Familie am Telefon beschimpft zu werden. Selbst wenn, dachte ich, du hättest ihnen diesen Triumph gönnen müssen. Es war nicht der Tag wütender Onkel und keifender Tanten. Auch nicht der Tag beleidigter Väter ohne Mumm. Es war Ferris Tag und ich hatte ihn versaut.
    Bela blieb mein plötzlicher Stimmungswandel nicht verborgen. „Wo drückt der Schuh, Ferri?“
    „Lieber nicht“, murmelte ich. „Lieber nicht reden. Vielleicht später?
    Wir erreichten die Weggabelung mit dem Pfad, der zum Jungfernsprung führt. Ein Uniformierter stand an der Absperrung. „Sieht echt aus“, sagte ich.
    „Gehen Sie näher ran“, antwortete der Beamte. „Mit dieser Tafel stimmt etwas nicht. Die Farbe ist unregelmäßig aufgebracht, und die Schrift auch. Wenn Sie genau hinsehen . . .“
    Er hatte Recht. „Gut beobachtet, Herr Kollege. Sehen Sie zu, dass das niemand anfasst.“
    Bela und ich wanden uns soeben unter dem Absperrband durch, als wir den Ruf vernahmen. „Herr Leimböck!“
    Das wohlvertraute Gurren und Gurgeln. „Herr Hochauer. Ich hab Sie vermisst da oben im Kollegenrudel. Ohne Sie ist die Reportertruppe doch führerlos?
    „Ich hasse Rudel“, gurgelte er. „Ich bin ein Alphawolf. Ein Alphawolf auf Abwegen. Ich beschreite eigene, einsame Pfade, Sie verstehen?“ Hochauer lachte einmal mehr sein kehligstes Lachen. „Apropos Pfad.“ Er machte eine Geste in Verlaufsrichtung des Jungfernsprungpfades. „Darf ich?“
    Bela zuckte zusammen, als ich nicht blitzartig verneinte. „Ich hab vergessen, euch bekannt zu machen. Bela Schmaus, Kriminalpsychologin aus Wien mit genialen Ansätzen. Helmut Hochauer, einziger Grazer Journalist, dem du nicht ständig misstrauen musst.“ Bela lächelte unsicher, als Hochauer ihr seine fleischige Rechte mit einem unterwürfigen „Küss die Hände“ hinstreckte, schlug aber

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