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zuadraht

zuadraht

Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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wird?“
    Mein Gott, ja, dachte ich, damit schließt sich der Kreis tatsächlich. Auch wenn das friedvolle Hanser-Gesicht, wie mir nun einfiel, davon rührte, dass Gesichtsmuskel nach Eintritt des Todes erschlaffen. Todesängste hin, schlafen her. „Die vier Varianten, was das Verhältnis von Hanser und dem zweiten Mann angeht. . .“, hob ich an.
    „Ja?“ In Belas Stimme lag etwas Erwartungsvolles.
    „Willst du damit sagen, dass aus den vier Möglichkeiten eine geworden ist?“
    Bela wollte etwas erwidern, wandte Stattdessen den Kopf blitzartig zur Seite und setzte ihr gewinnendes Psychohexenlächeln auf. „Vielen Dank für Ihre Hilfe, Herr Hochauer. Seien Sie bitte nicht ungehalten, wenn wir Sie nicht zurück begleiten, aber wir werden hier noch gebraucht.“
    Hochauer stand nach wie vor mit dem Rücken zu uns, jedoch deutlich näher als zuvor. Er hatte sich unbemerkt herangepirscht, den Blick unablässig auf den toten Hanser im Bergesack gerichtet, die Ohren aber auf unsere angeregte Unterhaltung gespitzt. Er drehte sich abrupt um und in seinen Augen lag eine Entrücktheit, als hätte Bela ihn aus einer Totenandacht gerissen. Nun aber stand er im entlarvenden Widerschein ihres unwiderstehlich bestimmenden Lächelns. „Natürlich, natürlich“, gurrte er, „ich war nur gerade . . . ja.“
    „Einem Journalisten vertrauen?“ Bela sah mich fragend an, während Hochauer um die erste Biegung des Jungfernsprungpfades entschwand.
    „Einer, dem du nicht ständig misstrauen musst, habe ich gesagt“, sagte ich. „Ich an seiner Stelle hätte es ebenso versucht.“ „Auch wieder wahr. Du warst bei den vier Varianten.“ „Richtig, die vier Varianten. Variante eins: Hanser ist der Chef, lässt in seinem Auftrag und mit seiner DNS erstechen, aufhängen und ersticken, schreitet bei Anschlag vier selbst zur Tat, greift zur Waffe, obwohl nichts darauf hinweist, dass er jemals auch nur ein Gewehr in der Hand gehabt hat, dafür aber jede Menge Wodkaflaschen, und feuert der Landeshauptfrau im Stil eines Meisterschützen aus großer Distanz in den Kopf. Er wartet, bis genügend Zeugen von den Zinnen zu ihm herüber starren, ruft etwas wie ,Es ist vollbracht‘ und richtet sich selbst, während sein mordender Vasall ungeschoren davonkommt. Was hältst du davon?“
    „Es ist vollbracht? Die letzten Worte Jesu?“
    „Die letzten Worte Jesu?“, wiederholte ich ungläubig.
    „Wo warst du im Religionsunterricht, Herr Kollege?“ Bela schlug mir vor die Brust. „Der ans Kreuz genagelte Gottessohn klagt über Durst. Die Soldaten tauchen einen Schwamm in einen Krug mit Essigwasser, stecken ihn auf einen Stab und beträufeln das blutende Haupt und die Lippen des Sterbenden. Sie erweisen ihm zum Schein einen letzten Dienst und wollen ihn doch nur quälen. Dann ruft Jesus: ,Es ist vollbracht‘, lässt den Kopf sinken und stirbt. Martin Hanser auf den Spuren Jesu als mutierter Heiland, der vier Menschen im Namen welcher Gerechtigkeit auch immer tötet und nach vollendetem Werk sein Heil im Freitod sucht? Ich bitte dich, das ist doch Schwachsinn. Menschen, die solche Taten begehen, wollen ihren Triumph auskosten und nicht als zerschmettertes Bündel Fleisch auf einem Felsvorsprung landen.“
    „Gut. Kommen wir also zu Variante zwei: Hanser und der zweite Mann sind Partner. Partnerschaft impliziert Gleichberechtigung. Zumindest dort, wo Menschen nicht zusammen wohnen müssen, richtig?“
    „Richtig“, sagte Bela. „Gehen wir also davon aus, dass zwei Menschen sich die Ermordung von vier Menschen teilen. Frei nach dem Timesharing-Prinzip. Der Erste darf dreimal, der Zweite nur einmal. Wo bleibt da die Gleichberechtigung in der Partnerschaft? Oder muss jeder das tun, was er eigentlich gar nicht kann? Was für Martin Hanser bedeutet, aus hundertfünfzig Meter auf den Kopf der Landeshauptfrau zu feuern? Eine Art Kick, ob er es mit einem einzigen Versuch schafft? Schwachsinn, Ferri. Schwachsinn!“
    „Es ist eine Gleichberechtigung, die sich nach einem bestimmten, vorgegebenen Kräfteverhältnis ausrichtet“, konterte ich. „Nach einer Werteskala. Das ist wie beim Zweierschnapsen. Kannst du zweierschnapsen, Bela?“
    „Zweierschnapsen? Das Spiel mit zwanzig Karten, oder?“ Ich setzte zu einem ermunternden Kopfnicken an, doch sie bremste meine Erwartungen jäh: „Damit erschöpft sich mein Wissen.“ „Also gut, pass auf. Die Grundzüge sind einfach: Es gibt vier Farben – Herz, Karo, Pik und Treff. Jede Farbe hat in

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