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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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durch seine verbliebenen Strähnen fährt, aus der Schreibtischlade zu holen. Da haben Sie zwei Fliegen auf einen Streich. DNS-Material und Fingerabdrücke. Ich packe die Bürste in ein Kuvert und schicke sie Ihnen am frühen Vormittag mit dem Taxi.“
    Ihr Schweinehunde, wer hat dem Hochauer die Sache mit den Fingerabdrücken gesteckt? Ich weiß es ja selber noch keine zwei Stunden. Ich werd euch alle, alle, die ihr davon gewusst habt, ins Gebet nehmen. Alle. Ruhig bleiben, Ferri, ruhig bleiben. Nicht überkochen. Nicht jetzt. Nicht hier. Nicht vor ihm. Gib dir nicht nochmals die Blöße. „Aber morgen ist Sonntag.“ In meinem Einwand schwang ein übermäßiges Zittern der Stimmbänder nach.
    „Wir produzieren jeden Tag jede Menge Mist. Sieben Tage die Woche. Von in der Früh weg.“ Hochauer zog beide Wangen hoch zu einer doppeldeutigen Grimasse.
    „Und im Gegenzug wollen Sie ein paar Exklusivinformationen, richtig?“
    „Sie sagen mir, ob er es war oder irgendein anderer und gehen damit erst raus, wenn wir mit der Abendausgabe schon auf der Straße sind. In den Abendnachrichten werden sie uns zitieren müssen, ob sie wollen oder nicht, die werten Kollegen von Funk und Fernsehen. Ich werde die Story so schreiben, dass kein Verdacht auf Sie fällt. Bei uns ist Informantenschutz oberstes Gebot. Äh . . . natürlich nicht nur bei uns.“
    „Natürlich nicht. Haben Sie gar keine Angst aufzufliegen?“ „Sie werden mich kaum verraten. Oder wollen Sie ein Disziplinarverfahren am Hals haben und suspendiert werden? Und ein kleines Pokerspiel ist mir die Sache mit dem lieben Martin Hanser allemal wert.“ Dabei zog er die Silben des lieben Martin Hanser um ein Mehrfaches in die Länge.
    „Ist der Stocker morgen in der Redaktion?“
    „Ab zehn, spätestens.“
    Ich zögerte nur einen kurzen Moment und schlug dann in die fleischige Hand ein, die sich mir entgegenstreckte. „Sie bezahlen“, sagte ich barsch. „Sie haben ein Spesenkonto.“
    „Aber . . . wir haben noch gar nichts bestellt“, entgegnete Hochauer verwundert.
    „Eben, deshalb.“ Ich sprang von meinem Sessel auf, machte kehrt und eilte hastig aus dem Promenade ins Zwielicht der Straßenlaternen. Du hast mir den Auftakt zu meinem Überraschungsangriff mit einer Blitzparade gestohlen, dachte ich, aber die Schlussfinte lass ich mir nicht nehmen.
    Kurz vor zehn Uhr war ich zuhause. Sturm Graz hatte tatsächlich verloren. Gegen diese Salzburger Mozartstadtnudeltruppe. Wo sind die Zeiten, sagte ich mir, da wir im Europacup kräftig mitgemischt haben? Da war zumindest noch ein Hauch von Echtheit zu spüren, damals, am Anfang des Höhenfluges. Bis der letzte Rest Ehrlichkeit unter Bergen von Geld zu Grabe getragen wurde und Faulheit und Trägheit um die besten Plätze am offenen Mannschaftssarg balgten. Wie bei uns im Paulustor, dachte ich, da spielt das wohlgemerkt wenige Geld anfangs auch keine und die Arbeit jede Rolle. Bis sich die Vorzeichen, bei immer noch recht wenig Geld, eines Tages verkehren.
    *

Im Keller, Samstagabend, 20 Uhr
    Das Abendmahl, Herr Redakteur.
    „Abendmahl? Das Letzte?“
    Du Jesus, ich Apostel? Nein, es ist nicht das Letzte. Wir haben ja noch einiges vor, nicht wahr? Iss nur und trink. Genieße den Abend, während ich draußen deine Arbeit verrichte.
    „Keine Unsterblichkeit mehr, ich flehe dich an. Diese Menschen haben dir doch nichts getan. Mach mit mir, was du willst, aber lass die anderen leben.“
    Ein Tauschhandel? Du für den anderen? Nobel von dir, du vergisst dabei nur eines: Das Objekt, das du anbietest, gehört schon mir.
    „Dann bring mich doch endlich um, verdammt nochmal. Erschieß mich, schneide mir die Kehle durch. Tu‘s doch, aber tu es rasch.“
    Keine Sorge, du wirst sterben. Da du aber mein Eigentum bist, entscheide ich über das Wann, Wo, Wie. Vielleicht entscheide ich mich sogar dafür, dich hundert Jahre alt werden zu lassen. Wer weiß? Betrachte es von der positiven Seite: Du brauchst dir über dein Ende keine Gedanken mehr zu machen. Diese Denkarbeit nehme ich dir ab.
    „Ich bin das Tier, das du im Käfig hältst. Ist es das, was du sagen willst? Der Affe, der zu deinem Gaudium da ist. Er gehört dir. Du kannst ihn füttern oder verhungern lassen. Du kannst ihn streicheln oder anpinkeln. Es ist ja nur ein Affe. Habe ich Recht? Ich bin dein Affe! Richtig? Soll ich einen Handstand machen? Ich tu‘s, aber dann will ich verdammt nochmal auch meine Erdnüsse haben und ein Büschel Bananen?
    Dann spielen

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