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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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meiner Fantasie gerade dann am lebendigsten gewesen, wenn es im Park am stillsten war. So still wie gestern. Keine Römer mehr. Nur die alte Eiche, die dort steht, wo der Weg den Rechtsknick in Richtung Schloss macht. Der ideale Ort für eine Zeitreise. Für den Thermen-Leo war es die Reise in die Ewigkeit.
    „Ich will es nicht wissen. Geh, bitte geh . . .“
    Er war dort. Genau nach Plan. Krumme Hunde wie er kennen die Regeln. Alles ist käuflich, alles hat seinen Preis. Genügend Geld öffnet jede Türe und schließt jeden Mund. Du hast gewusst, dass er kommen wird, und du hast im Schatten des Nachbarbaumes gewartet. Du hast ihn nicht gleich gesehen, es war ja Nacht im Park. Das Risiko, dass es ein anderer sein könnte, der exakt zum vereinbarten Zeitpunkt zum vereinbarten Ort gekommen war, war äußerst gering. Du musstest ihn aber trotzdem sehen, genau identifizieren können, bevor du deine Tat ausführen konntest. Deshalb hast du dich unbemerkt zur Eiche geschlichen und diese beinahe zeitgleich mit ihm erreicht. Du warst in Schwarz gekleidet und dein Gesicht war ebenso vermummt, wie es meines jetzt ist. Wenn es nicht der Thermen-Leo gewesen wäre, dann hättest du dich einfach umgedreht und wärst davongegangen. Du hättest nur einen erstaunten und einigermaßen erleichterten Fremdling zurückgelassen. Aber es war der Thermen-Leo. Genau nach Plan. Es war der perfekte Abend. Und du warst zum zweiten Mal perfekt am Werk.
    Meine Hochachtung!
    „Warum . . . warum er und warum ich?“
    Weil ich entschieden habe, dass es so verläuft. Aber das haben wir ja schon besprochen. Deine Fragen werden immer fantasieloser und langweiliger. Es enttäuscht mich, dass du nicht wissen willst, wie du die vergangene Nacht beendet hast. Ich sage es dir – triumphal! Du hast eine komplizierte Angelegenheit mit professioneller Umsicht perfekt abgeschlossen. Du hast ihn am Treffpunkt gerade so lange warten lassen, bis er sich nicht mehr sicher war, dass du auch kommen würdest, bist exakt zu jenem Zeitpunkt, an dem er sich entschlossen hatte, zurückzugehen, aus der Dunkelheit aufgetaucht, hast ihm die Pistole an die Schläfe gedrückt und ihm den Mund verklebt, bevor er auch nur ein einziges Wort sagen konnte. Die Augen, du hättest seine Augen sehen sollen. Blanke Angst. Ein Vermummter, eine Pistole und keine Chance, sich aus der Situation mit dem üblichen politischen Geschick herausreden zu können. Das war‘s wohl, was ihn am meisten geschockt hat. Nicht mehr reden zu können. Ein zehn Zentimeter langes Stück eines Klebebandes hat ihn seiner einzigen Waffe beraubt. Irre. Es war eine irre Erfahrung. Er war so verblüfft, dass er kaum Widerstand geleistet hat, als du ihm die Arme auf dem Rücken und die Beine zusammengeklebt hast. Der große Thermen-Leo war ein Bündel der Hilflosigkeit. Große fragende Augen. Dieselben Augen, die kurz zuvor noch mit überheblicher Präpotenz aus dem Gesicht des allmächtigen Polit-Zampanos geblickt hatten. Eines davon hast du ausgelöscht, nachdem du ihm die Schlinge um den Hals gelegt hast.
    „Du hast ihn erhängt. . .“
    Nicht ich, du warst es. Wahrscheinlich hängt er immer noch dort. Es ist ein regnerischer Tag und ich glaube kaum, dass sich um diese Zeit schon Menschen in den Schlosspark verirrt haben. Der Dicke baumelt im Regen von einem Eichenast. Man wird ihn aber bald finden. Und diesmal wird es keinen Zweifel mehr geben, dass der verschwundene Starkolumnist Martin Hanser auch in diesem Fall seine Hände im Spiel hatte. Einfache Mörder gibt es viele, du bist bereits in die nächste Liga aufgestiegen – Doppelmörder kommen in der Kriminalgeschichte schon viel seltener vor. Mit zwei Morden gelangt man aber höchstens zu regionaler Berühmtheit. Ich habe dir versprochen, dass ich dich unsterblich mache. Und dieses Versprechen halte ich auch. . .
    *

„Können Sie reden?“
    „Besser als schreiben.“ Ein abgehaktes Gurren und Gurgeln strömte mir in nicht enden wollenden Kaskaden aus dem Handy entgegen.
    Jetzt denkst du wohl, mein lieber Hochauer, dachte ich, ich denke, der Hochauer ist so was von einem bescheidenen Journalisten, wie es keinen zweiten gibt, der sein Lichtlein unter den Scheffel stellt wie kein anderer, und ich gar nicht anders kann, als brüsk zu widersprechen, um dir dein wohlgenährtes Redakteursbäuchlein zu pinseln, und geschwätzig bin anstatt aufrichtig zu sein und sage, aber Herr Hochauer, ich bitt Sie, gerade Sie schreiben doch . . ., und da soll noch einer

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