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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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Wien aufkreuzen. Also, wie schauts aus mit dem Hanser? Wo steckt er? Was war bei seinem Haus?“
    „Er war nicht da. Aber das war ja fast zu erwarten.“ In seiner Stimme glaubte ich eine Mischung aus Spott und Genugtuung zu erkennen. „Wir haben ein paar DNS-Vergleichs-Proben genommen. Derzeit stellen die Kollegen alles auf den Kopf und suchen nach Hinweisen. Und auf seinem Computer.“
    „Dann sollen sie gleich darauf achten, ob sie Fachliteratur über Knotentechnik finden. Oder wer weiß, vielleicht war der Hanser bei den Pfadfindern oder hat den Segelschein gemacht. Und sie sollen seine Links im Internet ansehen, womöglich hat er sich von dort irgendwelche Informationen besorgt.“
    Kurz machte sich ein paar Notizen und legte die Stirn demonstrativ in Falten. „Was du noch nicht wissen kannst, Kurt“, fuhr ich fort, „ist, dass in der morgigen Ausgabe der Guten wieder eine Kolumne vom Hanser erscheint. Und nun rate, auf wen er sich darin eingeschossen hat?“
    „Doch nicht . . .?“ Kurz stockte und seine riesigen Augen wanderten rastlos zwischen dem baumelnden Landesrat und mir hin und her.
    „Gut kombiniert, Herr Kollege. Glaubst du immer noch an Zufälle, so wie der Kurze?“
    Kurz senkte den Kopf und schien mit einem Mal wie versteinert. Nach einer endlosen Pause begann er hölzern in seinem Notizblock zu blättern, verweilte geraume Zeit in den Aufzeichnungen einer Seite, warf einen Blick auf den toten Landesrat, der vielmehr ein Blick ins Leere zu sein schien, blätterte mechanisch weiter und verweilte neuerlich. „Wenn es wirklich der Hanser war“, hob er endlich und sehr zögerlich an, gerade so, als hätte das Räderwerk einer alten Turmuhr nach jahrelangem Stillstand sich mit sanftem Ruck in Gang gesetzt, „dann muss er einen Komplizen haben.“
    Kurz’ Schlussfolgerung überraschte mich. Von der Sache mit dem Briefkasten konnte er ja noch nicht wissen. „Wie kommst du darauf, Kurt?“
    „Sein Wagen steht vor der Haustür. Aber das allein ist es nicht, er könnte auch ein Auto gestohlen haben, um damit zu den Tatorten zu gelangen und uns so die Fahndung zu erschweren. Ein Auto, das man immer wieder braucht, ist schwer zu verstecken. Vor allem, wenn es das eigene ist und man davon ausgehen muss, dass danach gesucht wird. Und mit dem Taxi wird er sich wohl kaum chauffieren lassen, wenn er auf Tour geht.“
    „Ein Bürohengst, der plötzlich beginnt, Sushimesser und Autos zu stehlen, Experte in Sachen Knotentechnik ist und frühmorgens oder nachts Politikern auflauert, um sie abzustechen und aufzuknüpfen? Und das ganz allein und ohne fremde Hilfe? Ist das nicht absurd?“ Stillhofer hatte sich unbemerkt zu uns gesellt. Die nasse Luft verlieh seinem roten Backenflaum einen mattseidigen Schimmer.
    „Eben“, nahm Kurz den Faden wieder auf. „Und dazu kommt, was mir seine Nachbarin erzählt hat. Eine behinderte Frau. Gehbehindert wohlgemerkt. Denn im Geist ist die so was von rege, kaum zu glauben.“
    Jetzt kommen wieder deine schwadronierenden Anfälle, dachte ich, dein endloses Geschwafel weit abseits allen Wesentlichen, und doch hast du mich in Erstaunen versetzt mit deiner Kombinationsgabe, mein lieber Kurt, wie du so rasch auf die Sache mit dem Komplizen gekommen bist, das tät ich dir am liebsten sagen, wärest du nicht der Kurz, dachte ich weiter, der ebendies in einen bodenlosen Triumph über mich umzumünzen versuchte. „Dann gibt es also schon vier Intelligente in dieser Stadt“, wandte ich Stattdessen ein.
    Kurz ignorierte den Einwurf großmännisch. „Ihr Haus und jenes vom Hanser sind angrenzende Doppelhaushälften. Das Wohnzimmer geht zur Straße hinaus. Dort sitzt sie jeden Abend im Rollstuhl und sieht fern. So auch am Freitag.“
    „Dem Tag, an dem Martin Hanser verschwunden ist“, wandte ich ein.
    „Sie sagt, dass zwischen Wetterbericht und Seitenblicke binnen weniger Minuten zwei Autos vorgefahren sind, und nur eines wieder weg. Das muss also kurz vor acht gewesen sein.“ „Also bitte, Kurt, wer merkt sich schon, wann vor zwei Tagen wo wie viele Autos dahergekommen sind?“
    „Sie.“ Kurz sprach mit aufsässiger Beharrlichkeit. „Sie sitzt den halben Tag vorm Fernseher. Da beginnst du automatisch auf alles zu achten, was sich außerhalb des Gewohnten abspielt, glaubst du nicht?“
    „Mag sein.“ Ich zog die Wangen hoch zu einer immer noch zweifelnden Miene.
    „Jedenfalls“, setzte Kurz fort, „kam der erste Wagen zu Beginn des Werbeblocks. Aus Fahrtrichtung

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