Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
zuadraht

zuadraht

Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
Vom Netzwerk:
Verhältnis zu Frauen hat, dürfen Sie und Ihresgleichen noch lange nicht in dasselbe Horn stoßen und die Frau Minister auf eine Stufe mit einem Zeichentricknasenbären stellen. IST DAS KLAR, LEIMBÖCK?!“ Selbst das gepolsterte Mobiliar vermochte das Echo nicht restlos zu schlucken. „Wir müssen jetzt für jeden der Damen und Herren der steirischen Politik Sonderbewachung abstellen. Wissen Sie, was das bedeutet, Leimböck?“ Weißengärber blies sich auf, als wollte er von seinem Schreibtisch aus zu einer Ballonfahrt abheben. „Und jetzt ruft mich auch noch der Chefredakteur Stocker an und beschwert sich maßlos über Sie, Leimböck! Dass Sie ihn überfahren haben in seinem eigenen Büro, und dass Sie GESCHRIEEN HABEN MIT IHM! SO WIE ICH JETZT MIT IHNEN UND VIELLEICHT NOCH MEHR! Und dass Sie die Türe vom Hanser verpickt haben! Und dass Sie gedroht haben, ihn einzusperren, Leimböck! Wissen Sie eigentlich, wer in diesem Land das wirkliche Sagen hat, Leimböck? Wissen Sie das? Glauben Sie, dass solche Aktionen unser Verhältnis zur Presse fördern, Leimböck? Glauben Sie das?“
    Wäre der Schaum, den du vorm Mund hast, sichtbar, mein lieber Kurzer, dachte ich, gingest du glatt als Melange durch. Oder als Macchiato, als kleiner Brauner mit Häubchen. „Ich kann mir denken, was Sie meinen, Herr Direktor. Aber. . .“
    Der Kurze riss den rechten Arm hoch und wischte durch die Luft, als wollte er einen Schwarm herbsttoller Wespen daran hindern, sich am Zuckerwasser seiner Erregung zu laben. „Ein großer Kopf allein genügt nicht, Leimböck. Also überlassen Sie das Denken mir. Je länger Sie dahintümpeln, desto kürzer die Zeit, die Ihnen auf Ihrem Posten verbleibt. Die Sache ist ein Riesenpolitikum, Leimböck, und da gibt es Bauernopfer.“
    Ich kenne das diabolische Grinsen deiner Standpauken, dachte ich, aber die hier wächst sich schon zum gestandenen Platzkonzert aus, und da fehlt nur noch: Wir brauchen Ergebnisse, Leimböck.
    „Wir brauchen Resultate, Leimböck. Resultate. Sehen Sie das?“ Weißengärber grunzte verächtlich gegen die von jeglicher Arbeit leer delegierte Glasplatte seines Drohnentisches hin, auf der einzig zwei kleine Streifen bedruckten dünnen Kartons lagen. „Das sind Konzertkarten für heute Abend. Schubert. Ein Geburtstagsgeschenk für die Frau Direktor Weißengärber, die Gattin des Herrn Direktor Weißengärber, zu dem Sie und Ihresgleichen so gerne der Kurze sagen. Dachten Sie, ich wüsste das nicht?“
    Was soll ich da schon sagen, dachte ich.
    „Sagen Sie nichts“, fuhr er fort. „Die Karten kann ich mir sonst wo hinschieben bei dem Terror, der jetzt abläuft. Sehen Sie zu, dass Sie den Mörder mit einem lückenlosen Geständnis herbeischaffen. Ohne Prügel. Um vier ist Pressekonferenz. Eine halbe Stunde zuvor erhalte ich Ihre Vorschläge für die Zusammenstellung einer Sonderkommission. Sie kriegen dreißig Leute, jeweils die besten aus allen Abteilungen. Überstunden spielen keine Rolle. Arbeiten Sie vierundzwanzig Stunden, jeden Tag, und wenn das nicht reicht, nehmen Sie die Nacht auch dazu, Leimböck, verstanden? Und gnade Ihnen Gott und meine Frau, wenn es nicht der Hanser ist.“
    Tuuuuuut hätte es gemacht, hätte ich den Kurzen am Rohr gehabt. So aber war es nur ein irrer Blick aus zwei braunen Glasmurmeln, der mir das jähe und einseitige Ende des Gespräches vermittelte.

In der Küche, Sonntagnachmittag
    Er schläft jetzt wieder. Schluss mit dem Fernsehvergnügen. Zeit, an der nächsten Kolumne zu arbeiten. Bevor ich mich jedoch an den Laptop setze, muss ich den nächsten Plan und alles, was damit verbunden ist, nochmals in allen Details vor mir ausbreiten. Kleinigkeiten könnten später zu großen Hürden wachsen, und Kleinigkeiten erkennt man nur, wenn man sie sichtbar macht. Ich denke daran, immer wieder. Alles steht in meinem Büchlein, aber jedes Mal, wenn ich es studiere, fallen mir Ergänzungen ein, und ich füge neue Kleinigkeiten hinzu.
    Schleimböck, du wirst Augen machen, wenn du vor dem dritten Opfer stehst. Nicht, weil es ein solches gibt. Du bist natürlich schlau genug, um zu wissen, dass einer, der zweimal perfekt gemordet hat, weiter morden wird. Du weißt, dass es ein drittes und, wenn du den Täter nicht bald fassen kannst, wohl auch ein viertes und weitere Opfer geben wird. Serienmörder nennt man so einen.
    Schleimböck denkt: Dieser Serienmörder hat sich ganz offensichtlich auf Politiker eingeschossen. Ein gutes Wort, eingeschossen,

Weitere Kostenlose Bücher