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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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obwohl bis jetzt ja noch kein Schuss gefallen ist. Und auch beim nächsten Mal nicht fallen wird. Graz war zwar bis jetzt mit Serienmördern nicht sehr gesegnet – auch ein gutes Wort, gesegnet – meines Wissens nach hat es zu meinen Lebzeiten hier keinen gegeben, aber du liest ja viel, Schleimi, bildest dich weiter, studierst und sezierst auch internationale Fälle. Weil du immer schon ein Streber warst. Dein Wissen und die Vergleiche mit ähnlichen Tätern werden dir sagen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass es sich bei einem möglichen dritten Opfer ebenfalls um einen Politiker oder eine Politikerin handeln müsste.
    Siehst du, deshalb hat sich dein Mordkolumnist einen Lehrer ausgesucht.
    Verdammt blöd, nicht wahr Schleimi? Vielleicht beginnst du morgen schon zu ahnen, dass dieser Serienmörder nichts mit deinem Schulbuchwissen zu tun hat und dass dein größter Fall zu deinem größten Fiasko wird. Ein braver Blumenfreund, wie du, wird aber weiter gießen und umgraben, auch wenn die Pflanze immer dürrer und jämmerlicher wird. Es wird keine Erntezeit geben, Herr Eipeldauer, das verspreche ich Ihnen.
    Später wirst du erkennen, dass es neben jener der Politiker mehrere andere Berufsgruppen gibt, auf die der Starkolumnist Martin Hanser seine Giftpfeile abgeschossen hat. Eine davon waren die Lehrer. Angesichts des dritten Opfers und beim Wühlen in der Vergangenheit des Hauptverdächtigen wirst du auch bald, aber natürlich viel zu spät, den Zusammenhang verstehen. Professor Doktor Lorenz Geier ist dafür verantwortlich, dass der große Journalist als Mittelschüler zwei Klassen wiederholen musste, weil ihn Geier sowohl in der Sechsten, als auch in der Siebten bei Lateinnachprüfungen durchsausen hatte lassen. Der Hass auf den sturen Sadisten hinter dem Lehrerpult ist nie eingeschlafen, davon bin ich überzeugt. Ich weiß auch, dass mir mein Gefangener das später, bei unserem nächsten Gespräch, bestätigen wird.
    Die Vorarbeiten für Hansers dritten großen Auftritt waren bereits abgeschlossen, bevor er in meinen Keller übersiedelt ist. Der alte Lateiner ist seit zehn Jahren Pensionist und lebt mit seiner Frau, einer ebenfalls pensionierten Geographie – und Geschichtsprofessorin, im selben alten Häuschen in der Neubaugasse, das die zwei auch während ihrer aktiven Zeit bewohnt haben. Zum Keplergymnasium, in dem beide unterrichteten, sind es nur ein paar Gehminuten. Da der Alte nachmittags noch immer im Schulgebäude Nachhilfeunterricht geben darf, besitzt er auch noch einen Schlüssel für das Haus. Das ist wichtig. Denn sein letzter Auftritt wird ein besonders spektakulärer werden!
    *

Bist du machtlos und wehrlos einem Schicksal gegenüber, das dich im nächsten Augenblick zu erschlagen droht, hast du ein Problem. Stelle dich dem Problem und stelle dich tot. Alte Binsenweisheit, dachte ich auf dem Weg in mein Büro, und heißt das Schicksal verzwickter Fall, erst recht. Alte Polizeibinsenweisheit. Zwei getötete – nein, was heißt denn getötet? –, zwei nach allen Regeln, also auch nach jenen der Kunst exekutierte Politiker in nicht einmal vierundzwanzig Stunden. Was sie vereint, ist der Tod, aber was verbindet sie? Die schlechte Arbeit allein kann es nicht sein, da hätte doch schon viel früher einer. . .
    Sonderkommission mit dreißig Mann und vielleicht auch Frau, man weiß ja nie, dachte ich weiter. Der Kurze muss mächtig unter Druck stehen, dass er die Leute ausspuckt wie einen Batzen Kautabak, aber so haben wir wenigstens etwas Luft, und ich könnte den Kurz zum Pressebetreuer der Soko machen, überlegte ich, das spart mir womöglich die Pressekonferenz, lässt ihn für ihn selbst bedeutend wirken und hält uns die Meute der Schreiberlinge und Sprecherlinge und Knipserlinge und Filmerlinge vom Hals, dazu eigene Räume für die Kollegen und eigene Telefonleitungen mit Klappen, die keiner von außerhalb kennt. Jawohl, so lässt es sich arbeiten, meine Herren. Und mit den Herrschaften vom Bundeskriminalamt sollen sich der Kurze und der Kurz herumschlagen, ein zwei Zwischenberichterl jeden Tag, das beruhigt die Gemüter der hoch dekorierten Kollegen aus Wien mit ihren Stoppelfrisuren und verspiegelten Scheuklappen, die sie auch tragen, wenn es nichts zu scheuen gibt, und im Finstern erst recht, die lieben Kollegen, die vom Wienergemüt so viel haben wie der Kurze von einem feinsinnigen Menschen.
    In meinen Büro angelangt, tippte ich Kurz’ Handynummer. „Kurt? Schick mir den Stillhofer

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