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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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herein, und schau dazu, dass ihr so früh wie möglich zurück seid. Ich schreib inzwischen zusammen, wen wir für eine Sonderkommission brauchen können. Du leitest die Kommunikation nach außen und mit dem BKA? Tuuuuuut.
    Das abrupte und einseitige Ende des telefonischen Redens ist das Ende jeder Widerrede, auch das hat mich der Kurze gelehrt, dachte ich. Und wer weiß, man weiß ja nie, womöglich schwillt dem Kurz jetzt sogar die trainierte Brust unter seinem längs gerillten Pulli, und ich baue mir inzwischen den Stillhofer auf, der verwendet seine Talente nicht bloß zum Messerwetzen und Sesselsägen.
    Stillhofer brauchte keine halbe Stunde. „Tut mir Leid, Ferri. Hat ein bisserl gedauert, aber ich war gerade beim Sekretär vom Herrn Landesrat. Der hat ein paar interessante Dinge zu berichten.“
    „Später, Franz, wenn alle da sind“, erwiderte ich, „dann musst du es nicht zweimal erzählen.“ Ich drückte ihm eine Liste mit dreißig Namen in die Hand, die ich in der Zwischenzeit angefertigt hatte. „Gib das der Sekretärin, sie soll schauen, dass sie alle erreicht und hereinholt. Sofern sie nicht ohnehin Dienst haben.“ Dreißig Namen, die mich begleitet haben in all den Jahren bei der Kriminalpolizei, dreißig Namen, die sich wie ein Querschnitt kriminalistischer Tugendhaftigkeit lasen: gewissenhafte Rechercheure; kühne Theoretiker mit blühender Fantasie; Namen, die für Kenntnisse weit über den Alltagsgebrauch hinaus standen in Sachen Physik, Chemie, Biologie und Medizin; Kollegen mit psychologischem Wissen; Freunde statistischer wie experimenteller Wahrheiten; erfahrene Tatortprofis, die Michelin wertvolle Unterstützung leisten konnten; aufsässige Zielfahnder; perfekte Beschatter; gewiefte Verhörspezialisten; skrupellose Bluthunde.
    Kurz kam gegen dreiviertel vier. „Ich muss gleich wieder weg“, presste er schnellatmig und bedeutsam hervor. „Zur Pressekonferenz mit dem Herrn Direktor.“ Seine Umtriebigkeit, die er als Banner vor sich hertrug, fußte so sehr auf der Gewichtigkeit der neuen Aufgabe, dass er ohne kurzsche Umschweife zur Sache kam. „Nur so viel, Ferri. Ich war bei der Witwe Moser. Sie wirkte nicht geschockt. Und dass er die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen ist, hat sie auch nicht irritiert. Sie hat gedacht, dass er . . . wie hat sie gesagt . . .“. Kurz fingerte seinen gesäßtaschengroßen Notizblock aus dem Hosenboden hervor. „Ah ja, dass er wieder bei seiner türkischen Hure ist.“
    „Seiner türkischen Hure?“, wiederholte ich.
    „Ja, türkische Hure. Die Köchin in einem der Thermenhotels seines Schwagers. Das dürfte schon seit Jahren so gegangen sein. Wundert mich nicht, ehrlich gesagt. Bei der . . .“ Er presste die Lippen aufeinander und drehte die Augen auf zwölf Uhr. „Naja, ich muss.“
    „Die haben wohl alle ihre Weibergeschichten“, rief ich noch. Aber ich rief es gegen den Wind, der mir ins Gesicht schlug, als die Türe mit lautem Getöse ins Schloss fiel. Kurz war längst auf dem Weg zu seinem neuen Element.
    *
    Der Zeiger sprang in den Zenit meiner Armbanduhr und ich mit ihm in den Besprechungsraum. Punkt sechzehn Uhr. Achtzehn Augenpaare warfen mir Blicke entgegen, die einen erwartungsvoll, die andern auf Sonntagnachmittag getrimmt. Hinzu kam Stillhofer. „Michelin hat angerufen“, sagte er. „Er will noch ein paar Dinge auswerten und verspätet sich.“ Er zählte die Runde kopfwippend ab und fügte hinzu. „Die übrigen schaffen es erst morgen früh.“
    Ich nickte. „Danke fürs rasche Kommen, Kollegen. Die meisten von euch werden keine Einzelheiten wissen, daher die Faktenlage in geballter Form. Ihr bekommt alles schriftlich nachgereicht, dazu auch Fotos der Tatorte. Dafür war noch keine Zeit. Soviel einmal vorweg: Die Sache hat am Anfang ganz klar ausgesehen, wird aber mit jeder Minute verworrener. Begonnen hat es gestern früh, also Samstag. Eine halbblinde Frau mit Hund findet den Stadtrat Frank Klausberger an der Uferpromenade der Mur. Auf einer Steinbank beim alten Paddlerhaus. Das war gegen acht Uhr. Lage des Toten, Spuren und Obduktion sagen uns: Er wurde zwischen sieben und halb acht ermordet, durch einen gezielten Stich von hinten ins Herz. Tatwaffe ist ein Sushimesser, ein Präzisionsinstrument, das dem Chefkoch des Restaurants Tokio vor Wochen gestohlen worden ist. Von einem unbekannten Täter. Der Mörder hat Klausberger mit größter Wahrscheinlichkeit im Schutz der Hecke zwischen Paddlerhaus und Murpromenade

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