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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosie Wilde
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hinten auf einem der senfgelben Kissen, die sich um einen Resopaltisch mit Brandflecken, Zeitungsstapeln und einem leeren Pappeimer von Kentucky Fried Chicken gruppieren.
    Mit einem genervten Blick Richtung Wohnwagendecke erhebe ich mich und rüste mich zur Verteidigung, doch Wyatt bedeutet mir, wieder Platz zu nehmen.
    »Sie arbeiten für eine Plattenfirma, Alice«, sagt Madison. »Das heißt, Kreativität ist ein Hasswort für Sie.«
    Also das ist nun wirklich das Letzte. Das Gör hat mich die vergangenen fünf Monate unablässig wegen Simon Cowells Telefonnummer genervt und mir bei meinen Anekdoten aus dem Büro förmlich an den Lippen gehangen.
    »Sie lässt mich nichts Eigenes singen«, winselt Madison. »Sie nimmt mir die Luft zum Atmen, Wyatt.«
    »Also bitte«, sage ich.
    Wyatt fällt mir ins Wort. »Lass hören, Madison.«
    Ich bleibe kochend vor Wut in der Ecke sitzen. Madison räuspert sich.
    Dann jault sie sich durch die erste Strophe. Bittebitte, lass es bald ein Ende haben. Ich gehe davon aus, dass Wyatt ihr Einhalt gebieten wird, aber sie leiert sich auch noch durch die zweite Strophe.
    The future’s dark
Love has gone
Only one way now
Down, down, down

Vale of tears
Vale of tears
Vaaaaale of Teeeears.
    Dann holt sie tief Luft für die dritte Strophe.
    Despair -
    Wyatt hebt die Hand.
    »Aber es sind insgesamt sechs Strophen«, protestiert Madison.
    »Ich glaube, wir haben schon eine ganz gute Vorstellung davon«, sagt er.
    Madison hält ihr Textblatt eisern im Griff. »Ich kann mich nicht verbiegen. Und das werde ich auch nicht!«
    Wyatt nickt.
    »Ich bin für die Bühne bestimmt. Das begreift hier natürlich kein Mensch.«
    Wyatt nickt.
    »Manchmal glaube ich, das da ist alles bloß ein grässlicher Irrtum«, sagt sie und zeigt durchs Fenster auf die benachbarten Wohnwagen, die hüfthohes Unkraut und eine aus der Seitenwand ragende, gigantische Fernsehantenne von dem unseren trennen. »Ich gehöre nicht hierher.«
    Wyatt nickt.
    Madison streicht sich durch ihre blonde Mähne. »Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sich ein Künstlergeist in diesem Kuhkaff fühlt.« Sie seufzt. »Das Problem ist, dass ich wegen meinem Talent so total isoliert bin.«
    »Ich verstehe«, sagt Wyatt.
    Ich könnte aus der Haut fahren. Wyatt sollte Madison
lieber mal ein paar Binsenweisheiten eintrichtern: über die Grenzen ihres Talents, die harten Tatsachen der Musikbranche, und warum sie gut daran täte, mir blind zu gehorchen. Mit verschränkten Armen blicke ich schmollend durchs Fenster auf die Unkrautlandschaft.
    »Wenn ich das, was du sagst, richtig verstehe«, fährt Wyatt fort, »willst du dein Bestes geben und den Auftritt deines Lebens hinlegen, um bei Barnsley sucht den Superstar zu gewinnen. Einen Auftritt, der Aufsehen erregt, dich öffentlich bekannt macht und dir den Weg zu einer kommerziell erfolgreichen Karriere bereitet.«
    Nein, das sagt sie ganz und gar nicht.
    Madison ist mit einem Satz auf den Beinen. »O Mann, Sie verstehen es also!«
    »Ganz recht«, sagt Wyatt. »An deiner Stelle würde ich zum Auftakt ›Hit Me Baby‹ singen.« Er hebt die Schultern. »Madison, das ist eine Zugnummer fürs Publikum, wir beide wissen das.«
    »M-hm.«
    »Wie du sagst, Barnsley ist nicht der richtige Ort für dein Talent. Dein Song wäre an die Leute hier glatt verschwendet. Heb ihn dir auf. Bring ihn zu Gehör, wenn du es ins Studio geschafft hast. Es ist immer gut, etwas in der Hinterhand zu haben.«
    »Ja, das denke ich auch«, sagt Madison.
    Ich schnaube verächtlich, aber die zwei da vorn beachten mich nicht weiter.
    Wyatt steht auf. »Dann überlasse ich es jetzt dir.«
    Ich folge ihm nach draußen und höre Madison »Hit Me Baby« singen.
    Trotz meines Grolls über Madison bin ich unendlich erleichtert. Dolores hätte es mir nie verziehen, wenn mit Madisons
Auftritt irgendwas schiefgegangen wäre. »Sie waren sehr überzeugend«, sage ich zu Wyatt.
    Er hebt erneut die Schultern. »Ich hätte ihr die Wahrheit über den Song sagen können. Und über die Musikbranche. Aber das hätte sie nicht hören wollen.« Er lässt mich sein schiefes Lächeln sehen, und mein Magen schlägt einen Purzelbaum. »Genauso wenig wie ich, als ich in ihrem Alter war. Sie wird nicht eher darauf hören, bis ihr nicht hundert Mal die Tür vor der Nase zugeschlagen worden ist. Sie hätten mal mein Zeug aus den Anfangszeiten hören sollen.«
    »›Moonshine‹?«, frage ich zweifelnd.
    »›Moonshine‹ war so ungefähr mein

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