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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosie Wilde
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Jennifer sieht aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. »Ach, da wollte ich immer so gerne mal hin.« Sie zwinkert Andy zu. »Eines Tages vielleicht …«
    »Und was machst du da?«, fragt Zara unter gleichmäßigem Klick, Klick, Klick.
    »Weiter für Carmichael Music arbeiten.« Ich nehme ein Schlückchen von meinem Kaffee. »Die Sache ist die, ich bin mir nicht sicher, ob ich da wirklich hin soll. Ich meine, dazu müsste ich fliegen.«
    Ich hatte etwas Mitgefühl erwartet - in der Welt der Angstgestörten kommt das Besteigen eines Flugzeugs gleich nach einer Vollnarkose - aber nichts da.
    »Na, du fährst doch Auto«, sagt Jennifer.
    »Du steigst in die U-Bahn«, sagt Zara.
    »Du wärst schön blöd, wenn du das ablehnst«, sagt Andy
und knallt seinen Chai-Latte auf den Tisch. (Dr. Vaizey hat uns allen Kaffee strikt verboten, aber ich bin rückfällig geworden.) »Komm schon, Alice, du warst doch immer die Klassenbeste.« Andy hat seit jeher ein Faible für mich und - vermute ich - gewisse Vorbehalte gegenüber Stephen. Er nennt ihn beispielsweise nie beim Namen. »Steckt da etwa dein Typ dahinter?«
    »Oooh«, haucht Jennifer. »Ist er dagegen?« Sie wechselt einen Blick mit Andy. »Raubt er dir deine Kraft, weil er selbst Kontrollprobleme hat?«, fragt sie verständnisinnig.
    »Schande«, sagt Zara verträumt.
    Ich fühle mich verpflichtet, Stephen zu verteidigen. »Nein. Ihm ist ernsthaft an mir gelegen.«
    Jennifer und Andy fixieren einander und nicken unisono. »Immer die gleiche Rechtfertigung, Liebes«, sagt Jennifer bissig.
    »Er kommt nicht mehr zur Gruppe, stimmt’s?«, sagt Andy. »Kaum ist er so weit, dass er über dein Leben verfügt, denkt er, er hätte uns nicht mehr nötig. Er ist vollauf damit beschäftigt, dich zu schikanieren.«
    »Genau«, wirft Jennifer ein. »Indem er sich auf dich konzentriert, muss Stephen sich nicht mehr mit den Leiden seines inneren Kindes auseinandersetzen.«
    »Um Himmels willen«, sage ich genervt, »können wir bitte aufhören, über Stephen zu reden? Ich bin diejenige, die hier moralische Unterstützung braucht.«
    »Jetzt hör mir mal gut zu. Mach’s einfach, Alice«, sagt Andy und wedelt nachdrücklich mit der Hand.
    »Aber der Flug«, jammere ich.
    »Ist die sicherste Art der Fortbewegung«, fertigt Andy mich ab.
    »Aber du …«, setze ich an.

    »Das ist etwas anderes. Ich musste zusehen, dass das Mistding nicht abstürzt. Du musst dich nur besaufen.«
    Ein Glück, dass Dr. Vaizey uns jetzt nicht hören kann. Er hat sich immer vehement gegen unsere kleinen Krücken ausgesprochen, seien es Drinks, Fluppen, KitKats oder unsere ganzen verrückten Rituale. Ich fände es furchtbar, ihn zu enttäuschen.
    »Ich bin mal mit dem Zug gefahren«, sagt Zara gedankenverloren. »Ging alles prima, bis mir die Wolle ausging.«
    Später nimmt Andy mich beiseite. »Alice, das Leben ist kurz. Genieß die Reise.«
    Zu Hause belüge ich Stephen, als er fragt, ob ich in der Arbeit verkündet habe, dass ich doch nicht nach New York gehe.
    »Phoebe war den ganzen Tag nicht im Büro.«
    Jegliche Schuldgefühle meinerseits verfliegen, als Stephen mit keinem Wort die Küche erwähnt. In der Nacht schlafen wir an den beiden äußersten Enden des Betts.
    Am folgenden Tag geht mir Andys Rat immer wieder durch den Kopf. Außerdem haben sich die Gerüchte über meine Versetzung nach New York mittlerweile verselbständigt. Ich bin so etwas wie eine kleine Berühmtheit bei Carmichael Music. Betty beglückwünscht mich im Flur mit einer dicken Umarmung, und Lisa schenkt mir einen schmachtenden Blick. »Oh, Alice, du bist ja soooo zu beneiden.« Ich habe Gewissensbisse, dass ich mein Glück so einfach in den Wind schreibe. Schließlich raffe ich allen Mut zusammen und rufe Dad an, der nicht etwa besorgt, sondern regelrecht freudig reagiert. »Dann lässt du Stephen also hinter dir, hm?« Zwischendurch passt Bob mich in der Schlange fürs Mittagessen ab. Sein Blick ist flackrig. »Es sind Veränderungen im Gange.« Er dämpft die Stimme.
»Frage nicht, wem die Stunde schlägt, Alice. Sie schlägt dir und mir.«
    Im Übrigen, wie schlimm kann ein achtstündiger Flug schon sein?
    Also wimmle ich Stephens Fragen weiter ab, und am Ende der Woche bin ich so gut wie überzeugt. Den letzten Rest gibt mir Teresas Anruf.
    »Ich konnte einfach nicht anders, Alice. Dad hat es mir gerade erzählt. New York!« Sie lacht glockenhell. »Willst du die ganze Zeit mit den Armen rudern, damit das Flugzeug

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