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Zuckerleben: Roman (German Edition)

Zuckerleben: Roman (German Edition)

Titel: Zuckerleben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pyotr Magnus Nedov
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  000-Dollar- respektive 10   000- D -Mark-Bündeln zusammen, umschließt sie mit einer Papierbinde der sowjetischen Gosbank, auf die die Denomination »10   000 Rubel« auf Kyrillisch gestempelt ist, streicht mit einem Cartier-Kugelschreiber das Wort »Rubel« weg und ersetzt es mit dem Symbol »$« respektive » DM « und legt die Banknotenbündel jeweils in zwei dafür vorgesehene Chiquita-Bananen-Kartons hinein. Ab und zu bekommt er Nachschub von der Roma-Babuschka mit den Lenin-Silberrubeln um den Hals, die Nichifor dem Reinen frisch gebügelte Valuta zum Sortieren nachlegt.
    Die Roma-Babuschka entnimmt ihrem Plastik-Waschtrog einen großen, feuchten Schein, parkt ihn auf ihrem Bügelbrett, deckt ihn fürsorglich mit einem Stofftaschentuch zu und fährt ein paarmal mit ihrem Bügeleisen darüber. Dann nimmt sie die bunte Banknote zur Hand, betrachtet sie genau, zischt unzufrieden, zerknüllt sie und wirft die Banknote weg. Nichifor der Reine bemerkt das, bückt sich und hebt den Schein wieder vom Boden auf: Es sind 500 französische Francs. Die beiden Otacier Roma wechseln hierauf einige Sätze auf Romanes, wobei die Roma-Babuschka Nichifor den Reinen leicht anspuckt. Mihailytsch dreht sich von seinem Platz auf dem Sofa um und erkundigt sich, was denn vorgefallen sei. Nichifor der Reine hält dem Major den 500-Francs-Geldschein mit Chateaubriands Konterfei unter die Nase.
    »Oma dachte, das wär Spielgeld. Oder schlechte Blüten«, erklärt Nichifor, schüttelt kaum merklich seinen Kopf und flüstert: »Die Demenz.«
    Mihailytsch schmunzelt.
    »Die Demenz …«, wiederholt der Reine.
    Die Roma-Babuschka hört den beiden Männern nicht zu; sie ist wieder ganz konzentriert auf Kaspirowskij im Fernseher; ihre schmuckbeladenen, gichtigen Hände bügeln die Geldscheine halbautomatisch nebenbei, und das Gesicht der Roma-Babuschka, das ganz und gar auf Anatolij Kaspirowskij im sowjetischen Staatsfernsehen konzentriert ist, schimmert wie eine Festtagsikone.
    »Ich kann sie verstehen. Die sehen total unseriös aus – grelle, verwaschene Farben, hauchdünnes Papier, unhandliches Format … ein bisschen wie Fantasiegeld, diese französischen Rubel«, antwortet Mihailytsch Nichifor auf Moldawisch und dreht sich wieder zum Fernseher, in dem der sowjetische Star-Psychotherapeut aus der Winnitzer Psychiatrischen Klinik Anatolij Kaspirowskij das Sowjetvolk mittels unionsweiter Fernsehübertragung gesundhypnotisiert.
    Kaspirowskij starrt aus dem Sony-Fernseher, ohne auch nur einen einzigen Gesichtsmuskel zu bewegen. Kurz geschnittene schwarzblaue Haare, die wie ein falsch gefärbtes Toupet aussehen, schmücken das Haupt des sowjetischen Gurus der Massenhypnose.
    Die Pupillen des Fünfzigjährigen sind auf den unteren Bildrand gerichtet. Sie starren auf einen fixen Punkt, wie aus dem Jenseits, und es sieht aus, als hätte der Psychotherapeut wimpernlose Augen.
    Nach einigen Minuten blinzelt er zum ersten Mal, und Guru Kaspirowskij spricht im Befehlston:
    »Stellt eine Tasse Wasser vor den Fernsehapparat! Ich werde sie mit Energie aufladen. Dann trinkt ihr sie aus und seid gesund. Hypertonie, Magengeschwüre, chronische Zahnschmerzen, egal was für körperliche Leiden ihr habt, trinkt die Tasse nach meiner Séance, aus und ihr seid gesund.«
    Die Roma-Babuschka kommt Kaspirowskijs Aufforderung nach und stellt einen 5-Liter-Eimer Wasser vor den Sony-Fernseher.
    Einstellungswechsel: Totale.
    Zu sehen ist ein zum Bersten voller Konzertsaal mit vielleicht zweitausend Besuchern. Guru Kaspirowskij steht in dunklem Rollkragenpulli und schwarzer, körperbetonter Lederjacke auf der Bühne, mit einigen älteren Frauen.
    Einstellungswechsel: Halbtotale.
    Kaspirowskij befiehlt eine der Bürgerinnen näher zu sich. Die Frau mit dem schlecht gefärbten roten Haar gehorcht dem Guru aus der Winnitzer Psychiatrie ohne Wenn und Aber.
    »Du blickst jetzt aufmerksam auf meinen Finger!«
    Kaspirowskij hält der Frau seinen Zeigefinger über den Kopf. Seine Lederjacke knirscht. Die Frau exekutiert Kaspirowskijs Befehl, sie schaut nach oben.
    »Was ist dein Leiden?«
    »Anatolij Michailowitsch, ich leide an Bronchitis.«
    »Schau aufmerksam auf meinen Zeigefinger, hab ich g’sagt!«, fährt der Guru sie an. Und fährt in gleicher Manier fort:
    »Noch aufmerksamer! Deine Augen fangen an, zu ermüden. Die Augen ermüden. Die Lider werden schwerer! Jetzt schlafen!
    Im Stehen schlafen, hab ich g’sagt!«
    Kaspirowskij stützt den Nacken seiner

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