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Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Titel: Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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den Shambles und einer in einem erst kürzlich versiegelten Haus in der Stinking Lane. In der Kirche von St. Dominic soll es in den letzten zwei Wochen täglich Beerdigungen gegeben haben.«
    »Davon hatte ich keine Ahnung«, sagte Sarah erschrocken, während ich versuchte, die Bedeutung dieser Zahlen zu erfassen. Wie zur Bestätigung ihrer Worte konnte ich überall in der Stadt das dumpfe Geläut der Glocken hören.
    Die Frau senkte die Stimme. »Man sagt, dass der Kirchhof von St. Dominic und die anderen kleineren
    Friedhöfe fast schon zum Bersten voll sind und man bald keine Leichen mehr dort bestatten kann. Und was soll dann geschehen? Mein Mann sagt, dass man sie einfach in den Häusern verwesen lassen wird.«
    Sarah und ich rangen nach Atem.
    »Die Leichen werden schon mit einem Karren statt mit Bahren abgeholt«, fuhr sie fort. »Letzte Nacht sind sie wegen der Familie Williams gekommen und haben sie alle auf einem Haufen mitgenommen.«
    Sarah und ich warfen uns einen Blick zu. »Dann ist es viel, viel schlimmer, als wir dachten«, sagte meine Schwester mit einer Stimme, die nur wenig lauter war als ein Flüstern.
    Mrs. Groat nickte. »Jawohl«, sagte sie. »Ich fürchte, wir haben uns alle etwas vorgemacht. Mein Mann und ich würden aufs Land gehen, wenn wir könnten - aber wohin sollten wir denn gehen? Wer würde denn jemanden aufnehmen, der aus dieser Stadt kommt und Gott weiß was für Ausdünstungen und Körpersäfte an sich hat? Abgesehen davon können wir uns die Bescheinigung nicht leisten.«
    Sarah fragte, was für eine Tabakmarke Mrs. Groat rauchte, und sie sagte es uns. Allerdings konnte ich mir weder Sarah noch mich mit einer stinkenden Pfeife vorstellen, und ohnehin war es mir ein Rätsel, wie man es schaffte, gleichzeitig zu rauchen und zu atmen, ohne zu ersticken.
    Wir wünschten der Frau alles Gute (fragten uns jedoch insgeheim, ob die Arme sich nicht schon angesteckt hatte, so nah, wie sie der Seuche war) und machten uns auf den Rückweg zum Geschäft. Arbeit wartete auf uns, unser Vorrat an Rosenwasser war beinahe aufgebraucht, und wir müssten schnell neues herstellen, denn es wurde in fast jedem unserer Rezepte verwendet.
    Wir kamen an einer Sänfte vorbei, die jemanden ins Pesthaus brachte. Vorneweg ging ein Mann mit einem weißen Stab in der Hand, der eine Glocke läutete, um zu warnen, dass man Abstand halten solle.
    Als wir zurücktraten, um die Sänfte vorbeizulassen, nahm Sarah mich beim Arm und zog mich an sich. »Ich fühle mich so schuldig, dass ich dich hierher geholt habe und du das alles mitmachen musst, Hannah«, sagte sie. »Wenn du doch bloß meinen zweiten Brief bekommen hättest, bevor du von Chertsey aufbrachst.«
    »Aber wenn ich nicht da wäre, wärst du jetzt ganz allein!«, protestierte ich. »Es wäre nicht richtig, wenn du niemanden hättest, der dir zur Seite steht. Außerdem ...«, sagte ich und zögerte einen Moment, ehe ich hinzufügte: »... wer würde sich um dich kümmern, wenn du krank wirst?«
    Was ich nicht sagte - denn ich schämte mich, das auch nur zu denken -, war, dass ich hier sein wollte, dass ich es gefährlich und aufregend fand, zu solch einer Zeit in London zu sein. Das hatte zum Teil damit zu tun, dass ich Tom kennen gelernt hatte, und zum Teil mit der spannungsgeladenen Atmosphäre, die ich um uns herum zu spüren meinte. Zu Hause in Chertsey war das Leben in friedlichen Bahnen verlaufen. Die Milch, die sauer wurde, oder die Bohnen, die von der schwarzen Blattlaus befallen wurden, waren das Einzige gewesen, was unsere ruhige Existenz störte. Doch hier, jetzt, lauerte Tag für Tag eine unerbittliche, beklemmende Gefahr. Wir wandelten buchstäblich am Rande des Abgrunds.
    An diesem Morgen waren wir zum Markt gegangen, aber nicht so früh wie sonst, weil wir diesmal nicht auf der Suche nach den frischesten Blüten waren. Sarah hatte gesagt, dass es für die Zubereitung von Rosenwasser nicht darauf ankam, in welchem Zustand die Blüten waren, also waren wir eher auf ein günstiges Angebot aus gewesen als auf Vollkommenheit. Die Blüten, die wir erstanden hatten, lagerten draußen vor der Hintertür in Emaillekrügen, und als ich hinausging, um sie zu holen (nachdem ich mich vergewissert hatte, dass Miau unter dem Bett in Sicherheit war), schlug Sarah vor, dass wir einige unserer Blumen zum Kirchhof von St. Dominic bringen sollten.
    »Auch wenn die Familie keine ordentliche Beerdigung bekommt«, sagte sie, »können wir dann zumindest ein Gebet

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