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Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Titel: Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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bestimmt keine Ahnung, wen sie da begraben. Und da kein Geistlicher in der Nähe zu sein scheint, den wir danach fragen könnten, können wir, denke ich, ebenso gut nach Hause gehen. Hier können wir nichts ausrichten, und mir dreht sich bei einem solchen Anblick wahrhaftig der Magen um.«
    »Dann lass uns unsere Blumen hineinwerfen, bevor wir gehen«, sagte ich.
    Sarah nickte. »Und lass uns ein Gebet sprechen.«
    Also lehnten wir uns über die Kirchhofsmauer und warfen unsere Rosen hinein. Die Totengräber verstummten, als sie uns sahen. Ich sagte ein Gebet für die Familie Williams auf, und wir gingen nach Hause.
    Als die Totenliste veröffentlicht wurde, stellte sich heraus, dass in der vergangenen Woche tausend Menschen an der Pest gestorben waren.
    »Eintausend!«, flüsterten sich alle entsetzt zu, obwohl es sich schnell herumgesprochen hatte, dass diese Zahl viel niedriger war, als sie in Wirklichkeit hätte sein sollen. Mr. Newbery erzählte uns, dass die Hinterbliebenen die Leichenbeschauer bestachen, damit sie Fleckfieber als Todesursache angaben anstelle der Pest, um dem Ruf der Familie nicht zu schaden und nicht für vierzig Tage eingesperrt zu werden. Ihm zufolge waren die meisten Leichenbeschauer rohe, gewöhnliche Menschen, die ihre eigene Mutter für eine Flasche Gin verkauft hätten.
    Dieser Tag war für uns ganz besonders traurig, weil Miau verschwunden war. Ich hatte mich am Vormittag nur sehr selten in unserem Hinterzimmer aufgehalten, weil ich im Laden damit beschäftigt war, Orangenblütenwasser herzustellen. Hierfür musste ich Wasser über dem Feuer zum Kochen bringen, die Orangenblüten darin ziehen lassen und dann die blassgelbe Flüssigkeit wieder und wieder durch Musselintücher seihen. Zur Essenszeit kaufte Sarah eine Taubenpastete vom Pastetenverkäufer, und als wir nach hinten gingen, um Miau zu rufen und ihr ein wenig davon abzugeben, befand sie sich nicht mehr am Ende ihrer Schnur. Sarah und ich warfen uns erschrockene Blicke zu.
    »War sie denn heute Morgen noch da?«, fragte Sarah.
    Ich nickte. »Ich habe ihr ein bisschen Milch und Brot gegeben. Ihr Band lag fest um ihren Hals - das habe ich noch geprüft«, versicherte ich ihr.
    Wir warfen einen Blick unters Bett und fingen beide an zu weinen, als wir sahen, dass sie ihren Hals aus der Schlinge befreit hatte.
    »Einer der Tierfänger hat sie mitgenommen - da bin ich mir sicher«, sagte ich. Und schon sah ich ihr trauriges Los vor mir, denn ich hatte am Tag zuvor einen quietschenden alten Bauernkarren gesehen, bis obenhin voll mit Hunde-und Katzenkadavern, die achtlos kreuz und quer auf einen Haufen geworfen worden waren.
    Wir durchsuchten das Zimmer sorgfältig, für den Fall, dass sie sich versteckte (obwohl es nur sehr wenig Stellen gab, wo sie sich hätte verstecken können). Dann sah Sarah zur Vordertür hinaus und ich ging nach hinten. Ich durchsuchte unseren Hof und Garten, rief mehrfach »Miau!« über die Dächer und klopfte dabei die ganze Zeit mit einem Löffel auf eine alte Schüssel, um sie anzulocken. Unser Hinterhof blieb jedoch leer, und mir kam der traurige Gedanke, dass, wenn wir dasselbe vor zwei Wochen getan hätten, ein ganzer Haufen kleiner und großer Katzen an unsere Tür gekommen wäre, um gefüttert zu werden.
    Wir setzten uns und aßen ein wenig von unserer Taubenpastete, obwohl wir gar keine Lust mehr darauf hatten.
    Sarah seufzte. »Wir müssen uns vorstellen, dass Miau, wie der kleine Dickon, ein besseres Zuhause gefunden hat«, sagte sie. »Vielleicht ist sie ja auf einen Karren aufgesprungen und aus der Stadt herausgefahren, oder sie hat ein behagliches Heim gefunden, wo jeden Tag Fleisch auf dem Speiseplan steht.«
    Ich nickte. Mein Herz war schwer. Was ich dachte und mich fürchtete auszusprechen, war, was passieren würde, wenn Miau in ein oder zwei Tagen zurückkäme. Wir würden nicht wissen, wo sie sich herumgetrieben hatte. Vielleicht war sie ja auf einem Friedhof, auf dem Pesttote lagen, auf Mäusejagd gegangen? Oder sie hatte sich eine Weile in einem Haus aufgehalten, in dem die Pest wütete. Vielleicht würde ebendie Krankheit, vor der wir uns so sehr fürchteten, in ihrem dichten grauen Fell nisten?
    Doch Miau kam nicht zurück, und es schien sicher, dass sie sich losgemacht hatte, um ein oder zwei Mäuse zu jagen, und dass einer der dickwanstigen Unmenschen, die der schändlichen Tätigkeit nachgingen, Tiere totzuschlagen, sie gefunden hatte. An diesem Abend weinten Sarah und ich uns in

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