Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin
ich, denn das war eine Frage, über die Sarah und ich uns den Kopf zerbrochen hatten.
»Es ist möglich, vorausgesetzt, man wird zur richtigen Zeit auf die richtige Weise behandelt. Allerdings müssen die Bubonen aufgehen«, antwortete der Doktor, wandte sich an Tom und sah ihn fragend an.
Auf dieses Stichwort hin sagte Tom: »Man mischt die Wurzel der Madonnenlilie mit Schweinefett und macht daraus Packungen, um die Pestgeschwüre zur Reife zu bringen.«
Der Doktor nickte. »Sie müssen aufgehen und ihr Gift absondern, denn wenn sie das nicht tun, kehrt sich der Eiter nach innen und infiziert alle Körperorgane.« Er machte eine Pause und fragte mich dann: »Welche Schutzmittel nehmt Ihr?«
Ich spürte, wie ich errötete. »Ich bin heute gekommen, weil Tom mir einen Trank bereiten wollte«, sagte ich, »und ich mich gefragt habe, ob er schon fertig ist.«
»Die Blüten mussten ziehen und die Flüssigkeit musste abwechselnd erhitzt und durchgeseiht werden. Es hat über eine Woche gedauert, ihn zuzubereiten«, sagte Tom entschuldigend. »Und dann hatten wir so viel mit unseren neuen Patienten und der Herstellung von Schutzmitteln zu tun, dass ich ihn dir noch nicht bringen konnte.«
»Also habt Ihr die ganze Zeit über nichts genommen?«, fragte mich der Doktor.
»Na ja, Sarah und ich kauen immer Rosmarinzweige, bevor wir aus dem Haus gehen. Und wir haben beide eine Hasenpfote. Und einen Zauberspruch«, sagte ich und zog das Stück Papier aus meinem Mieder, auf das ein fliegender Händler ABRAKADABRA als magisches Dreieck geschrieben hatte.
Der Doktor sah es sich an. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das hilft. Aber woraus besteht denn Hannahs Trank, Tom?«
»Es ist eine Mischung aus in Wein eingelegten Pfingstrosen und Kornblumenblättern«, antwortete Tom, »ein allgemeines Schutzmittel, weil ich mir dachte, dass sowohl sie als auch Miss Sarah es nehmen würden.«
»Dann geh jetzt die Flasche holen, und ich werde meinen Besuch bei unseren kranken Nachbarn so lange aufschieben, bis du sowohl Hannah als auch die Flasche sicher nach Hause gebracht hast. Beeil dich aber.«
Tom kam mit der Flasche zurück, und ich fand, dass der dickflüssige braune Trank nicht sehr vertrauenerweckend aussah, doch Doktor da Silva sagte, wir sollten ihn nehmen. Darauf gingen Tom und ich gemeinsam zum Geschäft zurück und sahen auf dem Weg in der Friars Alley zwei Männer, die gerade ein Haus versiegelten und Schlösser und Ketten an der Tür befestigten. Ich erzählte Tom von der Familie Williams und davon, wie Dickon aus dem Haus gestürzt und davongerannt war.
Tom sagte, dass er schon von Leuten gehört habe, die die Krankheit in den Wahnsinn getrieben hatte. »Ich habe gehört, dass manche sich aus dem Fenster gestürzt haben oder in den Fluss gesprungen sind, um sich zu ertränken«, sagte Tom kopfschüttelnd. »Es ist so schmerzhaft, wenn die Bubonen anschwellen, dass sie ganz verrückt davon werden.«
»Aber der Doktor hat doch gesagt, dass man die Pestilenz bekommen und trotzdem überleben kann.«
»Jawohl«, sagte er. »Wenn die Schwellungen aufgehen und abheilen, kann das sein. Und wenn die Zeichen noch nicht erschienen sind.«
»Was sind denn Zeichen?«, fragte ich ängstlich. »Ist das eine andere Bezeichnung für die Bubonen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, es sind kleine Flecken auf der Haut.«
»Wie Sommersprossen?«
Er lächelte mich an und legte mir den Finger auf die Nase. »Nein, nicht wie Sommersprossen«, sagte er, »es sind rosa Flecken. Sie erscheinen auf der Brust oder auf den Armen. Und wenn sie erschienen sind, gibt es überhaupt keine Hoffnung mehr, auch dann nicht, wenn die Bubonen bereits aufgegangen sind.«
Unsere Hände berührten sich, und ohne ein Wort hakten wir unsere kleinen Finger ineinander, so dass niemand es sehen konnte.
»Wie fühlst du dich denn, Hannah?«, fragte er mich. »Sag es mir ganz ehrlich.«
Ich seufzte und erzählte ihm von Miau, und er sagte, dass auch zwei Hunde von Doktor da Silva von den Tierfängern mitgenommen worden seien. »Das ist traurig«, sagte er, »aber wenn es gegen die Verbreitung der Krankheit hilft, dann muss es sein.«
Unterwegs fiel mir auf, dass mehrere Geschäfte geschlossen waren, unter anderem ein Kaufladen, wo wir manchmal Zucker kauften, und ich fragte mich laut, was passieren würde, wenn das so weiterginge, und wo wir dann einkaufen würden.
»Das wird schwierig«, sagte Tom, »es sind jetzt schon viel weniger Pastetenverkäufer
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