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Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin

Titel: Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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»Wer ist denn gestorben?«
    »Cook«, antwortete sie.
    Ich schluckte. »So schnell?«, entfuhr es mir.
    Sie nickte. »Ich mochte die alte Schachtel nicht...«, sagte sie und stockte. Es fiel ihr schwer, sich wieder in die Gewalt zu bekommen, doch dann fuhr sie fort: »... aber diesen Tod hätte ich ihr nicht gewünscht.«
    »Wie ist sie denn... Hatte sie Beulen?«
    Abby nickte. »In der Leiste. Heute Nacht hat sie vier Stunden am Stück geschrien.«
    »Konnte man denn nichts für sie tun?«
    »Gar nichts. Sie schrie, dass sie die Schmerzen nicht aushalten würde und sich aus dem Fenster stürzen wolle, und die Pflegerin musste sie in ihrem Bett festbinden.«
    »Und wie ging es weiter?«, fragte ich schaudernd.
    »Dann hat sie bis kurz vor Morgengrauen tief und fest geschlafen. Als sie aufwachte, fing sie sofort wieder an zu schreien. Dann hat sie von irgendwoher die Kraft genommen, sich zu befreien, ist durch das Haus gerast und hat sich die Hintertreppe hinuntergestürzt«, sagte Abby, schnappte nach Luft und machte dabei ein Geräusch, das ebenso gut ein Schluchzer wie ein Lachen hätte sein können. »Und auch in diesem Moment wusste sie noch, wo sie hingehört. Es war die Dienstbotentreppe.«
    Sie ließ den Kopf sinken und wischte sich mit dem Wickel des Babys über die Augen. »Und jetzt hat sie sich das Genick gebrochen und ist nicht mehr.«
    »Und du? Wie ... Wie geht es dir?«, fragte ich zögerlich.
    Sie gab sich große Mühe, sich zusammenzureißen. »Es geht. Es wird schon gehen. Denn sind wir nicht vom Lande, kerngesund und so zählebig wie Schaben?«, fragte sie und lächelte schwach.
    »Und was ist mit den anderen im Haus?«
    »Der Herr klagt, dass er vor lauter Schmerzen in den Armen nicht schlafen kann, also werden sie einen Arzt rufen«, sagte Abby, »und eine der Mägde sagt, dass sie wahnsinnige Kopfschmerzen hat. Aber für uns sind die kleinsten Wehwehchen jetzt gleich die Pest!«
    »Kann ich irgendetwas für dich tun? Gibt es etwas, was ich dir besorgen soll?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Der Milchesel kommt zwei Mal täglich vorbei, ein Apotheker bringt uns frische Tinkturen, und der arme Schlucker vor der Tür geht für uns einkaufen. Wir haben alles, was wir brauchen«, sagte sie und warf mir einen unglücklichen Blick zu. »Wir müssen nur abwarten.«
    »Vierzig Tage?«
    »Vierzig Tage nach dem letzten Todesfall«, sagte Abby matt. »Wenn noch einer von uns in einer Woche stirbt, oder in zwei Wochen, fangen die vierzig Tage wieder von vorne an.«
    Ich schluckte, und meine Kehle fühlte sich ganz trocken an vor Beklemmung, weil ich wusste, dass ich es in diesem Haus, zwischen den Toten und den Sterbenden, nicht so lange aushalten würde. »Ich habe dir ein paar Leckereien mitgebracht«, sagte ich schnell, »kandierte Engelwurz und ein bisschen Rosmarinkonfekt.«
    Konfekt für Leichen, fiel es mir auf einmal ein. Ich verscheuchte den unliebsamen Gedanken.
    Abby sah ein wenig aufgemuntert aus. »Ich lasse dir einen Korb herunter«, sagte sie, klemmte sich das Baby fest in die Ellenbeuge, hob einen kleinen Weidenkorb an einer Schnur heraus und ließ ihn auf den Boden hinab. Vorsichtig - ich wollte den Korb nicht berühren - legte ich die Tüten mit dem Zuckerwerk hinein und trat einen Schritt zurück, damit sie ihn wieder hochziehen konnte.
    »Wirst du wiederkommen, Hannah?«, fragte sie.
    Ich nickte. »Ich werde versuchen, jeden Tag zu kommen. Und wenn du irgendetwas brauchst, musst du es mir sagen, und ich will versuchen, es für dich zu besorgen.«
    Wir warfen uns Kusshände zu, verabschiedeten uns voneinander, und ich wandte mich ab.
    Abby rief mich zurück. »Hannah!«, sagte sie in einem Ton, der mich an die alte Abby erinnerte. »Sorge auf jeden Fall dafür, dass du deinen Liebsten küsst!«

  
      

Die vierte Augustwoche
      
    »Jeden Tag kommen traurigere Nachrichten
    über die Verbreitung der Seuche... Man fürchtet, dass die wahre Zahl der Toten bei Zehntausend liegt.«

Während der folgenden Tage hörte das Trauergeläut in den Kirchen gar nicht mehr auf und verkündete einen Todesfall nach dem anderen, bis der Lord Mayor anordnete, dass dies zu unterlassen sei, weil alle so niedergeschlagen davon wurden. Die bedrückte Stimmung, die mir aufgefallen war, als ich Abby besucht hatte, hatte sich noch weiter verbreitet, und es schien, als wäre es manchen Leuten inzwischen völlig gleichgültig, was aus ihnen wurde. Entweder sie verfielen in tiefe Trübsinnigkeit oder sie gingen

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