Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin
sonst um die Kleine kümmerte, und ich fügte ängstlich hinzu: »Und was macht das Baby?«
»Dem Baby geht es gut, es schläft. Aber Mrs. Beauchurch jammert unaufhörlich, und es ist schwer zu sagen, ob sie krank ist oder nicht. Mein Herr hat jetzt eine Beule in der Leiste bekommen und stöhnt laut -ich fürchte, sein Zustand verschlechtert sich -, und die andere Magd, Becky, liegt im Bett und schwitzt so sehr, dass wir es nicht schaffen, sie trocken zu halten, egal, wie oft wir ihre Laken wechseln.«
Ich rang nach Atem. »Heißt das, es ist die Pest?«
Abby sagte eine Weile nichts, und ich musste meine Frage wiederholen.
»Wir befürchten es, ja«, antwortete sie darauf mit leiser Stimme. »Sie hat ja auch viel Zeit mit Cook verbracht.«
»Musst du sie denn versorgen?«
Sie zuckte mit den Schultern: »Wir haben eine Pflegerin, die jeden Morgen von der Gemeinde vorbeigeschickt wird, aber es ist ein unfähiges, ausgezehrtes altes Weib und Becky fürchtet sich sehr vor ihr.« Abby klammerte sich mit beiden Händen am Fensterrahmen fest und sagte: »Hannah, wenn ich sterben sollte, musst du mir versprechen, dass du meiner Mutter in Chertsey eine Nachricht zukommen lässt.«
»Natürlich!«, antwortete ich, noch bevor ich es mir verkneifen konnte, und ich fügte schnell hinzu: »Aber du wirst nicht sterben! Wir sind doch so zählebig wie Schaben, erinnerst du dich?«
Doch ihr Blick war glasig geworden, und es gingen ihr wer weiß was für schreckliche Gedanken durch den Kopf. Ich versuchte, mir etwas einfallen zu lassen, was ich erzählen könnte, um sie aufzumuntern. Das war schwer, denn das Einzige, was mir durch den Kopf ging - was allen in London durch den Kopf ging -, war die Pest: die Gruben, die Leichen auf der Straße und die furchtbaren Geschichten über die, die von der Pest befallen waren. So ließ ich sie allein und versprach, so bald wie möglich wiederzukommen, und ich schwor mir, das auch dann zu tun, wenn ich wieder einen Anfall von Schlafsucht bekäme, denn das schien mir so unbedeutend im Vergleich zu dem, was sie mitmachte.
Zu Hause erwartete mich eine sehr angenehme Über-raschung, denn Tom war zu Besuch und trank gerade ein Glas Dünnbier mit Sarah. Als ich weg war, hatte sie Doktor da Silva eine Nachricht geschickt und ihn um etwas gebeten, wovon ich gut schlafen würde und das gegen Albträume half, und Tom hatte ein Fläsch-chen Lavendelöl vorbeigebracht.
Er sagte mir, ich solle beim Zubettgehen einen Tropfen auf die Zunge und einen auf mein Kopfkissen geben.
»Nicht mehr als das«, sagte er, »denn es ist ein sehr starkes Mittel.«
»Und das wird ihr beim Schlafen helfen?«, fragte Sarah besorgt nach.
Er nickte. »Es hilft bei allen möglichen nächtlichen Angstanfällen - und bei Herzeleid.« Und bei diesen Worten zog er die Augenbrauen hoch und lächelte mich so verschmitzt an, dass mir nichts anderes übrig blieb, als zurückzulächeln.
Er konnte nicht länger bleiben, weil sie bei Doktor da Silva Tag und Nacht mit der Herstellung von Schutzmitteln beschäftigt waren, denn obwohl es den Anschein hatte, als ob die Leute nicht mehr daran glaubten, wollten sie sie immer noch nehmen.
»Der Doktor sagt, dass sie ihre Hoffnung in etwas setzen müssen, denn wenn sie das nicht tun, ist alles verloren«, erklärte Tom und trank sein Glas aus.
Wir gingen zusammen zur Ladentür, ich erzählte ihm von Abby und fragte, ob er mir irgendeinen Rat geben könne. Doch das konnte er nicht, außer dass Abby nicht im selben Raum wie Becky schlafen und sich so viel wie möglich in ihrem eigenen Zimmer aufhalten solle.
Ich zögerte, ehe ich die nächste Frage stellte. »Glaubst du... Glaubst du, dass es gefährlich für mich ist, wenn ich aus einem gewissen Abstand mit Abby spreche?«
Langsam schüttelte er den Kopf. »Das glaube ich nicht«, antwortete er, »aber niemand kann das mit Gewissheit sagen.«
Er nahm meine Hand in die seine und bat mich eindringlich, vorsichtig zu sein. Verlegen nickte ich.
»Ich denke oft an dich, und wenn ich dich in einen Schutzmantel hüllen könnte, wie es Geisterbeschwörer angeblich können, würde ich das tun.«
Wir sahen uns in die Augen, und ich konnte nicht antworten, weil mein Herz überquoll vor Freude und meine Kehle wie zugeschnürt war.
»Und wenn das alles vorbei ist...«, sagte er zärtlich.
Unsere Hände berührten sich, ich sah zu ihm auf und schloss dann die Augen, bereit...
In diesem Moment hörte ich wohlwollendes Gelächter neben uns und
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