Zuckermond
schwer es ist, einen vernünftigen Liebhaber zu finden? Sehr schwer – und ich spreche wahrlich aus Erfahrung. Also nimm dir ein Herz und greif zu, was sich dir da bietet. Ruf ihn an oder aber fahr zu ihm. Aber lass dir diese Zeit – die mit Sicherheit ungeheuer heiß werden wird – auf gar keinen Fall durch die Lappen gehen, hörst du? Und noch was – vergiss mich bitte nicht, falls es einmal eine Möglichkeit geben sollte, einen dieser angesagten Clubs zu besuchen, die in der Szene so ‚in’ sind und die uns ‚Normalsterblichen’ ohne Vitamin B verschlossen bleiben.“
Kapitel 11
Helena hatte an diesem Tag noch lange über die Worte von Kathrin nachgedacht und sich schließlich dazu durchgerungen, Leonards Angebot anzunehmen. So griff sie abends zum Telefonhörer, überlegte es sich dann aber doch anders, stand auf, schnappte sich ihre Handtasche und beschloss, zu ihm zu fahren. Es war schon spät und sehr schwül.
Das Gewitter am frühen Abend hatte nicht die gewünschte Erlösung gebracht und Helena konnte noch immer das entfernte Grollen hören. Kümmerliche Regentropfen perlten von den Fenstervorsprüngen, tropften auf das Blech der Fensterbänke und begleiteten sie auf dem Weg zu ihrem Wagen.
Entschlossen stieg sie ein, startete den Motor und fuhr los – den kurzen Weg von Bockenheim in Richtung Westend. Den Weg zu Leonard kannte sie mittlerweile gut, denn mehr als einmal war sie – einfach so – zu seinem Haus gefahren, nur um in seiner Nähe zu sein – auch wenn sie davon rein gar nichts hatte.
Angekommen, stellte sie ihren Wagen in einiger Entfernung ab, denn sie wurde mit einem Mal doch unsicher und wollte sicher gehen, nicht entdeckt zu werden. Es konnte ja schließlich sein, dass sie es sich plötzlich doch anders überlegte. Wie eine Diebin schlich sie sich zum Haus und sah, dass ein flotter roter Sportwagen vor dem schmiedeeisernen Gartentor parkte.
Vielleicht hat er ja Besuch. Und ich komme unpassend. Verflixt, was soll ich nur tun? Umkehren? Oder die Gelegenheit beim Schopfe packen, und ihm lediglich kurz mitteilen, dass ich bereit bin auf sein Angebot einzugehen?
Sie zitterte, bekam Herzrasen und hatte Mühe, ihren unkontrollierten Atem in gewohnte Bahnen zu lenken. Als es ihr schließlich gelang, straffte sie die Schultern und sprach sich Mut zu. Los, mach schon. Wer weiß ob du dich ein weiteres Mal trauen wirst, diesen Schritt zu gehen. Kathrin hat vollkommen recht mit dem, was sie gesagt hat, also sei kein Hasenfuß und sieh zu, dass du es hinter dich bringst.
Mit bebenden Händen öffnete sie das Gartentor, schlich auf Zehenspitzen den Weg zum Haus entlang. Ganz so, als würde sie gerade den Coup ihres Lebens planen und dürfte unter gar keinen Umständen entdeckt werden.
Die Fenster, die nach vorne zeigten, waren allesamt dunkel. Aber es musste jemand da sein, denn Leonards Auto stand vor der Tür und schließlich war da ja noch dieser rote Sportwagen.
Sie huschte verschämt um das Haus herum, neugierig, ob die seitlichen oder nach hinten liegenden Fenster einen Hinweis darauf geben konnten, ob jemand im Haus war.
Die Situation war ihr unangenehm, sah sie sich doch erstens als reuigen Bittsteller und zweitens tauchte sie ja unangemeldet auf. Was, wenn er sie lediglich belächeln und wieder fortschicken würde? Allein bei diesem Gedanken bekam sie eine unangenehme Gänsehaut. Kribbelnde kalt-heiße Schauer strichen ihr die Wirbelsäule entlang. Das Blut stieg ihr in den Kopf, sie bekam rote Wangen und fing an zu schwitzen.
Und dann sah sie, dass seitlich vom Haus ein Fenster der ausgebauten Kellerräume beleuchtet war. Ob Leonard in der Sauna ist? Sie erinnerte sich daran, dass die Sauna im Keller lag, ging entschlossen näher und blickte den kleinen Hang zum Fenster hinab. Der Raum, in den sie Einblick hatte, hatte allerdings keinerlei Ähnlichkeit mit einem Wellness- oder Saunaraum. Er wurde durch Kerzenschein in goldenes Licht getaucht, welches unruhige Schatten an die Wände warf. Unruhig und ruhelos wie sie selbst. Sie veränderte den Blickwinkel, konnte auf dem Fußboden den Rand einer Matratze sehen, die mit einer roten Plüschdecke bedeckt war und dann entdeckte sie auch Leonard. Er stand da, stolz wie ein Krieger und war lediglich mit einer engen Lederhose bekleidet. Am liebsten wäre sie hineingestürmt, hätte sich in seine Arme geworfen und gerufen: Halt mich fest, mach mit mir was du willst und lass mich nie wieder los. Sie verzehrte sich nach diesem Mann
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