Zuckersueßes Chaos
musste zugeben, dass ich nicht erwartet hätte, dass mir Jason zur Seite steht. Wäre ich an seiner Stelle gewesen, hätte ich mich dem Typen einfach überlassen. Immerhin hatte ich mich ja in das Spiel eingemischt und keine andere Reaktion hätte ich von Jason erwartet. Doch statt mich den Haien vorzuwerfen, hatte er mich verteidigt und sich beinahe für mich geprügelt. Warum? Weil ich Vickys Cousine war und er keinen Ärger mit seiner besten Freundin wollte und wessen Schuld war es überhaupt, dass wir in diese Situation geraten sind? Wenn ich nicht darauf bestanden hätte, mitzuspielen, hätte Jason nicht verloren und ich niemanden küssen müssen. Hätte er mir allerdings nicht das Buch gestohlen, wäre ich ihm auch nicht in die Bar gefolgt.
Das war aber nur geschehen, weil ich Vicky nicht die Wahrheit gesagt hatte und das hatte ich wiederum nicht getan, weil Jason mich einen
Niemand
genannt hatte.
Wie man es also auch dreht und wendet, wir passten einfach nicht zusammen. Wenn man nach der Ursache für unser ständiges Aufeinandertreffen suchen wollte, musste man wohl damit beginnen, dass wir uns nie hätten kennenlernen dürfen. Wir waren wie zwei gleiche Pole, die sich gegenseitig abstießen, nur dass wir eben nicht gleich waren, sondern von Grund auf verschieden. Und wir passten in so vielerlei Hinsicht nicht zusammen, dass es schon lächerlich offensichtlich war. Nachdem ich mich etwa eine Stunde im Wasser aufgeweicht hatte, ging ich ins Bett. Doch ich brauchte noch ewig, um einzuschlafen.
Kapitel 16
Am nächsten Morgen wurde ich von lautem Gerumpel wach und öffnete lustlos die Augen. Ich war gestern erst so spät eingeschlafen, dass ich alles andere als ausgeruht war.
»Bist du das, Vic?«, stöhnte ich und das so leise, dass sie mich unmöglich hören konnte. Dafür hörte ich sie umso besser.
»Mist. Mist. Mist«, drang ihre Stimme durch die Zimmertür, woraufhin ich mich mürrisch aus dem Bett schwang. Es war bereits hell draußen und wohltuende Sonnenstrahlen drangen durch die Fenster. Ich riss die Zimmertür auf und rieb mir verwundert die Augen, als ich einen großen Wäscheberg auf dem Gang liegen sah.
»Was ist denn hier los?«, fragte ich. Da lugte Vickys Kopf aus ihrem Zimmer und antwortete:
»Ich habe in dreißig Minuten eine Lesung, das ist los.« Ihr Kopf verschwand wieder und ich hörte eine Schublade nach der anderen knallen. Daraufhin flogen weitere Kleidungsstücke in den Flur hinaus und vergrößerten den Wäschehaufen.
»Aha«, sagte ich laut und folgte ihr ins Zimmer.
»Und deshalb brauchst du ein besonderes Outfit?«, fragte ich skeptisch. Es passte nämlich nicht zu meiner Cousine, so rücksichtslos mit ihren teuren Kleidern umzugehen – es sei denn …
»Da ist dieser süße Kerl, mit dem ich immer montags zusammensitze«, erklärte sie, doch bei
süßer Kerl
stieg ich bereits aus. Ich verdrehte die Augen und lief aus dem Zimmer, ohne ihren Worten weiter Beachtung zu schenken. Bei Vicky gab es immer diesen einen Kerl – und das etwa alle drei Monate! Ich stieg die Treppe hinab, lief diesmal aber nicht in die Küche, um Wasser aufzusetzen, sondern steuerte die Wohnzimmercouch an. Ich war noch viel zu müde, um wach zu werden und wollte lieber noch etwas vor mich hinschlummern. Da ich dazu aber weit weg von Vicky sein musste, war ich gezwungen, mit dem Sofa vorlieb zu nehmen. Ich hatte mich gerade hingelegt, als es an der Haustür klingelte.
»Uff«, stöhnte ich und rappelte mich wieder auf.
»Erwartest du jemanden?«, rief ich und schlürfte zur Tür, doch Vicky antwortete nicht. Ich war wohl noch zu schlaftrunken, denn eigentlich hätte ich wissen müssen, wer mich da besuchen kam. Jason stand noch in denselben Klamotten vor mir, als wäre er noch nicht schlafen gewesen. Andererseits trug er immer schwarz, es konnte also gut möglich sein, dass er einfach andere Klamotten trug oder mehrere Ausführungen desselben Outfits hatte – auffallen würde es jedenfalls nicht.
»Ach ja, das Buch«, sagte ich und blickte verschlafen zu ihm auf. Vicky hatte ja erzählt, dass er es mir heute vorbeibringen wollte. Ich rieb mir erneut die Augen, als ich sein verschmitztes Lächeln bemerkte, wurde ich allerdings schlagartig wach. Wenn Jason so dreinblickte, hatte er meist irgendwelche schmutzigen Gedanken. Und als sein Blick demonstrativ zu meiner unteren Körperhälfte wanderte, wurde es mir schlagartig bewusst. Ich trug nur mein Spitzenhöschen und ein alles andere als
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