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Zuflucht im Teehaus

Zuflucht im Teehaus

Titel: Zuflucht im Teehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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Tatsächlich. Mr. Mihori musterte mich mit klugem Blick. Ich fragte mich, wieviel Angus ihm von unserer Wohnsituation erzählt hatte – und ob er vielleicht doch nichts dagegen hatte, wenn ich mit seiner Tochter joggte.

10
    Auf der Heimfahrt lehnte ich mich gegen eine Tür, während Angus sich zwischen zwei hübsche Studentinnen der Sophia University quetschte, die zusammen Englisch übten. Schon nach wenigen Minuten erklärten die beiden Angus, wie toll sie ihn fanden, den Weitgereisten, der ein bißchen wie eine Mischung aus Harrison Ford und dem Leadsänger von Simply Red aussah. Kannte er die Band? Wußte er etwas über das Tokioer Nachtleben?
    »Simply Red ist öde«, brummte Angus, rutschte aber noch ein wenig näher an die beiden heran, damit er ihnen besser in den Ausschnitt schauen konnte. Es überraschte mich nicht, daß er mir, als wir in Roppongi ankamen, seinen Rucksack in die Hand drückte und sich mit seinen neuen Freundinnen ins Nachtleben stürzte. Ich ging schwitzend und grübelnd nach Hause. Als ich an einem Kiosk an der Roppongi-dori vorbeikam, fiel mein Blick auf eine Zeitung mit Jun Kurois Foto auf der ersten Seite. Oder besser gesagt mit Juns Fotos. Das Blatt hatte eine Collage aus mehreren Bildern zusammengestellt: Jun als Schulabgänger, als lächelnder Toyota-Autoverkäufer und schließlich mit einem T-Shirt und einer schwarzen Lederjacke, seiner Elvis-Ausrüstung. Ich kaufte die Zeitung und überflog den Artikel auf der Suche nach meinem Namen – er gehörte zu den wenigen Dingen, die ich auf japanisch lesen konnte.
    Zum Glück fand ich ihn nicht. Aber trotzdem machte ich mir Sorgen um Jun. Was stand über ihn in der Zeitung? Stellte sie ihn als Opfer der Umstände dar, wie ich es Hugh gegenüber getan hatte? Oder bestand auch noch eine andere Verbindung zwischen Jun und Nao Sakai? Schließlich waren beide aus Hita und konnten sich schon vorher gekannt haben.
    Auch in der Wohnung wurde ich meine trüben Gedanken nicht los. Ich begann, das Essen zuzubereiten, und der Reis kochte bereits, als Hugh so gegen sieben nach Hause kam. »Wo ist mein Bruder?« fragte er, als er mich allein in der Küche sah.
    »Ich hab ihn nach Kamakura mitgenommen, und auf dem Rückweg hat er zwei Studentinnen kennengelernt. Ich war überrascht, daß er sich so schnell mit Japanern angefreundet hat.« Ich schwieg eine Weile. »Vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen. Übrigens ist er inzwischen auch der Liebling von Mr. Mihori – du wirst nicht glauben, was im Tempel passiert ist!«
    »Was meinst du, wann er nach Hause kommt?« Hugh schien sich nicht sonderlich für Horin-ji zu interessieren.
    »Keine Ahnung. Jetzt ist grade Happy Hour in den Kneipen, und was er danach vorhat, weiß der Himmel. Vielleicht will er noch tanzen gehen. Hoffentlich findet er wieder heim.«
    »Dann ist er also ein paar Stunden beschäftigt?« Hugh küßte meinen Nacken, und ich wußte sofort, woran er dachte. Das letzte Mal war schon ganz schön lange her. Vielleicht hatten wir uns deswegen so häufig gestritten. Seit Angus’ Ankunft waren wir so befangen gewesen, daß wir im Schlafzimmer höchstens mal geflüstert hatten.
    Jetzt gingen wir hinein, verschlossen die Tür und schalteten die Klimaanlage ein. Dann begann ich, Hughs Hemd aufzuknöpfen. Ich war nicht sonderlich erregt, aber unsere Körper paßten so gut zueinander, daß wir trotzdem unseren Spaß hatten.
    Hinterher lehnte ich mich gegen Hughs warmen, breiten Rücken und dachte: Jetzt ist der Reis sicher fertig. Wenn ich doch nur die Energie gehabt hätte aufzustehen und uns etwas zu essen zu richten, vielleicht mit dem restlichen Gemüse vom Vorabend.
    Da klingelte plötzlich das Telefon auf Hughs Nachtkästchen.
    »Hör einfach nicht hin«, murmelte Hugh halb schlafend.
    »Es könnte ein Kunde sein«, sagte ich, nahm den Hörer von der Gabel und meldete mich mit meinem Namen. Es war keine meiner Kundinnen, sondern ein japanischer Mann, der so schnell und umgangssprachlich Englisch sprach, daß ich ihn zweimal nach seinem Namen fragen mußte, bevor ich begriff, daß es Kozo, Hughs Lieblingsbarkeeper von früher, war. Kozo erzählte mir, er arbeite seit der Schließung des English Pub im Club Isn’t It. Er rufe an, weil ein Gast, der sich weigere, die Zeche zu zahlen, mit Hugh Glendinning sprechen wolle.
    »Hugh kann keine Kriminalfälle übernehmen, schon gar nicht in Japan. Er beschäftigt sich ausschließlich mit Unternehmensbelangen«, sagte ich mit fester

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