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Zum ersten Mal verliebt

Titel: Zum ersten Mal verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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jeden neuen Tag gefreut, dachte Rilla.
    Doch der Alltag ging weiter, und von den Jungen aus Gien, die eben noch die Schulbank gedrückt hatten, kam jede Woche ein neuer in Uniform daher.
    »Es ist bitter kalt draußen heute Abend«, sagte Susan, die gerade aus der winterlichen, sternenklaren Abenddämmerung hereinkam. »Hoffentlich müssen die Jungen in den Schützengräben nicht frieren.«
    »Immer und immer wieder kommen wir auf den Krieg zurück«, sagte Gertrude Oliver. »Wir kommen gar nicht mehr davon los. Nicht mal, wenn wir vom Wetter reden. Immer, wenn ich an diesen dunklen, kalten Abenden hinausgehe, muss ich auch an die Männer in den Schützengräben denken. Nicht nur an unsere Männer, sondern an alle. Es würde mir genauso gehen, wenn an der Front niemand wäre, den ich kenne. Wenn ich mich dann in mein bequemes Bett kuschele, dann schäme ich mich, dass ich es so gut habe. Als ob ich es nicht gut haben dürfte, solange es anderen schlecht geht.« »Ich habe Mrs Meredith unten im Lebensmittelladen getroffen«, sagte Susan. »Sie hat mir erzählt, dass sie sich ernsthafte Sorgen machen um Bruce. Er nimmt sich die Dinge so sehr zu Herzen. Er hat eine Woche lang abends im Bett geweint wegen der hungernden Belgier. Ach Mutten, hat er immer wieder gesagt und sie flehend angesehen, »die Babys müssen doch wohl nicht hungern, nicht die Babys, Mutter! Bitte sag doch, dass die Babys nicht hungern müssen!< Aber sie kann es nicht sagen, weil es gelogen wäre, und sie weiß gar nicht mehr, was sie tun soll. Sie versuchen solche Dinge von ihm fern zu halten, aber er kommt immer irgendwann dahinter, und dann können sie ihn nicht mehr beruhigen. Es bricht mir ja selbst das Herz, wenn ich darüber lese, liebe Frau Doktor, und ich kann mich nicht mit dem Gedanken trösten, die Geschichten wären einfach nicht wahr. Wenn ich dagegen einen Roman lese, bei dem ich beinahe weinen muss, dann sage ich mir ganz fest: >Nun komm schon, Susan Baker, du weißt doch, dass das alles erfunden ist.< Aber wir müssen alle weitermachen. Jack Crawford hat gesagt, er zieht in den Krieg, weil er die Landwirtschaft satt hat. Ich hoffe, es wird eine willkommene Abwechslung für ihn. Und Mrs Richard Elliott aus Overharbour macht sich die größten Vorwürfe, weil sie immer mit ihrem Mann geschimpft hat, wenn er die Wohnzimmervorhänge voll geraucht hat. Jetzt, wo er sich als Soldat gemeldet hat, tut es ihr Leid, dass sie je ein Wort gesagt hat. Sie kennen doch Josiah Cooper und William Daley, liebe Frau Doktor. Früher waren sie gute Freunde, doch seit sie sich vor zwanzig Jahren gestritten haben, haben sie nie mehr miteinander gesprochen. Na, und neulich ging Josiah auf William zu und sagte plötzlich: >Lass uns wieder Freunde sein. Es ist nicht die richtige Zeit, einander böse zu sein.< William war richtig froh darüber und streckte ihm die Hand hin und dann setzten sie sich hin und sprachen sich aus. Und in weniger als einer halben Stunde stritten sie schon wieder über den Krieg. Josiah behauptete, die Dardanellen-Expedition wäre der reine Wahnsinn gewesen, und William bestand darauf, dass dies das einzig Vernünftige gewesen sei, was die Alliierten hätten tun können. Und jetzt sind sich die zwei erst recht spinnefeind, und William sagt,Josiah wäre genauso ein schlimmer Deutschlandfreund wie Mondgesicht-mit-Schnauzbart. Mondgesicht streitet das allerdings ab und nennt sich selbst einen Pazifisten, was auch immer das ist, liebe Frau Doktor. Was Anständiges kann das jedenfalls nicht sein. Er sagt, der große britische Sieg in New Chapelle hätte mehr gekostet, als er wert gewesen wäre, und er hat Joe Milgrave verboten sich seinem Haus zu nähern, weil Joe die Fahne seines Vaters gehisst hat, als die Nachricht kam. Joe Vickers hat mir im Laden erzählt, er hätte heute Abend ein ganz komisches Ding über Lowbridge schweben sehen. Meinen Sie, das könnte ein Zeppelin gewesen sein, liebe Frau Doktor?«
    »Das ist ziemlich unwahrscheinlich, Susan.«
    »Auf jeden Fall wäre mir wohler, wenn Mondgesicht-mit-Schnauzbart nicht in Gien wohnen würde. Ich habe gehört, er ist neulich abends auf seinem Hinterhof mit einer Laterne auf und ab marschiert und hat damit Signale gegeben.«
    »Aber an wen denn? Oder an was?«
    »Eben, das ist das Mysteriöse daran, liebe Frau Doktor. Ich finde, die Regierung würde gut daran tun, ein Auge auf diesen Mann zu werfen, wenn sie Wert darauf legt, dass wir nicht eines Nachts allesamt in unseren Betten

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