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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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oft mit Herzklopfen erwartet hatte, trat er in ihr Zimmer.
    Es war dunkel. Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen. Sie wußte auch so, daß er wieder das kleine, grausame Lächeln in den Mundwinkeln hatte, das sie nun schon gut genug kannte. Das abwartende, lauernde Lächeln … Wie weit bringe ich sie? Beginnt sie etwa, sich zu wehren?
    Nein, sie wehrte sich nicht. Sie konnte sich einfach nicht wehren. Sie haßte ihn, weil er den Geruch der anderen noch auf der Haut trug, aber sie brachte kein einziges Wort über die Lippen.
    Warum ließ sie sich das alles bieten? Warum konnte er sie so demütigen … sie, seine Frau, die Mutter seines Sohnes …?
    Wer bin ich, dachte sie verzweifelt. Und was ist das, was mich an ihn fesselt? Liebe? Mein Gott, ist das immer noch Liebe?
    Oder bin ich nichts weiter als eine hörige, unterwürfige Frau? Eine, der der Mann die Telefonnummer seiner Geliebten auf den Tisch legen kann: »Ruf mich doch an, wenn du Lust hast …«
    Sie zitterte.
    Und auf einmal wußte sie, daß sie sich nicht vor dem Gewitter gefürchtet hatte. Sie hatte Angst vor ihrem Mann.
    »Haben Sie einen Tisch reservieren lassen?« fragte der Kellner.
    »Nein«, sagte Helga Anderssen.
    »Wieviele Plätze brauchen Sie?«
    »Einen.«
    »Kommen Sie bitte mit, ich bringe Sie schon unter.«
    Es kostete sie immer Überwindung, an einem Abend, noch dazu an einem Samstagabend, allein in ein Lokal zu gehen. Aber zu Hause, in ihren vier Wänden, hatte sie es auch nicht mehr ausgehalten.
    Daß es in der ›Kaskade‹ so voll sein würde, hatte sie nicht erwartet. Es gab hier viele hübsche kleine Holztische, mit bunten Tischdecken und Kerzen. Nur war leider kein Tisch mehr frei.
    »Sie gestatten …« Der Kellner lächelte dem Paar zu, schob ihr den Stuhl vor, und schon hatte er sie untergebracht.
    »Guten Abend«, murmelte sie. »Hoffentlich störe ich Sie nicht.«
    »Nein«, versicherten die Dame und der Herr höflich.
    Aber natürlich störte sie. Helga fühlte es ziemlich deutlich. Oder vielleicht bildete sie es sich auch nur ein.
    Sie war allergisch gegen die Blicke, die der Frauen vor allen Dingen, die in Begleitung waren. Und die einen musterten, als sei man ein Mensch zweiter Klasse.
    Helga warf nur einen kurzen Blick in die Speisekarte, bestellte.
    »Eine Vorspeise?«
    »Nein, danke.«
    Ich will nur wieder raus, dachte sie. So schnell wie möglich raus. Fremde Gesichter streiften sie, Wortfetzen drangen an ihr Ohr, Lachen an den anderen Tischen …
    Die Zigarette. Das Feuer muß man sich selbst aus der Handtasche holen. Dann die Zeitung, mit den vielen Annoncen. Wohin am Samstagabend?
    Sie sah auf die Uhr. Wenn ich schnell mache, komme ich wenigstens noch ins Kino. Da geht das Licht aus, und niemand kümmert sich mehr um einen. Jeder zweite Film versprach prickelnde Erotik. Ja, so einen wollte sie sich ansehen.
    »Guten Appetit«, wünschte der Kellner.
    »Ich möchte gleich bezahlen«, sagte sie.
    »So eilig?«
    »Ja, ich habe es sehr eilig.« Ganz laut sagte sie das. Damit die Leute ringsum nicht auf den Gedanken kommen sollten, sie habe am Samstagabend nichts vor.
    Tja, Helga, dachte sie, als sie draußen auf der Straße stand: die neue Frisur, der neue Lippenstift, die paar Zentimeter, die du den Rock kürzer gemacht hast – alles fürs Kino, fünfzehnte Reihe, schöner Mittelplatz.
    Heute bin ich wieder mal in Katastrophenstimmung, überlegte sie ganz nüchtern. Da geht man immer mit einer gewissen Hoffnung aus dem Haus. Man nimmt sich zusammen, man sagt: »Heute gehe ich mal bummeln.«
    Bloß, was heißt das: bummeln? Wenn man dreiunddreißig ist, keine Freunde hat, keinen Anschluß, wenn man überall doof angestarrt wird?
    Zum Kino waren es nur fünf Minuten. Sie kaufte sich die Eintrittskarte, ein Programm, eine Rolle Pfefferminz. Sie stolperte auch noch über die erste Stufe. Und jemand sagte lachend: »Nicht so stürmisch, Fräulein.«
    Das war alles sehr, sehr lustig. Dazu kam noch die Tatsache, daß morgen Sonntag war, ein langer, müder Sonntag.
    Man kann natürlich in den Tierpark gehen. Auch der Botanische Garten ist schön. Oder einfach ins Grüne fahren.
    Bequeme, rote Plüschsessel gab es in diesem Lichtspielhaus. Und sehr dezent erlosch das Licht. Ein Vorhang rollte zurück, Musik erklang, die ersten Bilder flimmerten …
    Helga dachte: Statistisch gesehen hat ein Mädchen wie ich kaum noch eine Chance, sich zu verheiraten. Im Durchschnitt bringt sie es nur noch zu einem Verhältnis.
    Heiraten, ja,

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