Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
Hilferuf von meiner großen Schwester erhalten. „Bernd geht wettangeln, du musst heute Abend zu mir kommen, muss mich mal auskotzen, LG, Thea.“
Na, das verhieß nichts Gutes. Bewaffnet mit einer Flasche Rotwein, welche ausschließlich für Thea vorgesehen war, stand ich nun vor deren Tür und betätigte den Klingelknopf. Offensichtlich dankbar für mein Erscheinen öffnete sie mir die Tür und just in diesem Moment fiel mir zu meinem größten Bedauern ein, dass ich vergessen hatte, vorher etwas Ungesundes zu essen. Mist. Während Thea mir mütterlich fürsorglich eine Ingwer- Möhrensuppe aufwärmte und mir dazu ein Sesam-Vollkörnli reichte, saß Lucy wortlos schmollend am Abendbrottisch und ich kassierte einen bitterbösen Blick. Na klar, ich hatte den Mc Fluppy vergessen. Ich blöde Kuh! Wie konnte ich nur! Ich würgte schuldbewusst die Suppe herunter und war erleichtert, dass das Brot den bitteren Geschmack der Suppe einigermaßen übertünchte. Als Lucy später im Bett verschwunden war, kam Thea ohne Umschweife zur Sache.
„Ich weiß jetzt, wie ich unser Sexleben wieder aufpeppe“, sprudelte es aufgeregt aus meiner Schwester hervor. Sie zückte freudigen Blickes ein Buch aus ihrer Handtasche, nicht ohne sich vorher nochmals verstohlen umzusehen. So ein Quatsch. Bernd war angeln, wer sollte denn da hinter der Gardine stehen? Das grenzte doch wohl an Paranoia.
„Ich wusste nicht, dass unser Sexleben aufgepeppt werden muss“, spielte ich die Empörte.
„Nun guck doch mal“, sagte Thea gereizt und begann, mir voller Stolz nun ihre neueste Errungenschaft zu präsentieren. Auf dem Cover stand in güldenen Lettern: „Hundert neue prickelnde Kamasutra-Stellungen.“ Oje auch das noch, dachte ich verzweifelt und für einen kleinen Moment erschien vor meinem geistigen Auge das Fadenkreuz vom Tatort. Wieso, war mir unklar.
„Schau mal, wie tief ich gesunken bin“, jammerte Thea nun mitleidheischend und sah mich traurig, gleichzeitig auch erwartungsvoll an, während sie mir feierlich die Heilige Schrift überreichte.
Wohl wissend, dass ich diesen Abend unter keinen Umständen ohne Alkohol überstehen würde, bat ich Thea, den mitgebrachten Rotwein zu öffnen und mir ein Gläschen zu reichen. Sie tat, wie ihr befohlen.
Während sie ihren Pflichten als Gastgeberin nachkam und uns beiden ein volles Glas einschüttete, plauderte sie nun munter drauf los.
„Das Buch ist der Hammer. Der Wälzer ist heute neu bei uns erschienen und schon nach dem ersten Durchblättern bin ihr mir ziemlich sicher, das wird Bernd und mich aus unserer Sexkrise holen“, verlautbarte sie siegessicher und gönnte sich einen ordentlichen ersten Humpen. Thea arbeitete seit zwei Jahren halbtags in einer kleinen privaten Buchhandlung und peppte so ihre Haushaltskasse auf. Einerseits wollte sie schon lange wieder ganztags arbeiten, auch weil Lucy immer selbständiger wurde, andererseits gab der kleine Buchladen keine Kapazitäten für eine volle Stelle her.
„Ein Buch soll euch aus einer Sexkrise holen? Versteh ich das richtig?“, erkundigte ich mich nun ratlos und schüttelte ungläubig den Kopf. „Thea Schatz. Wenn Bernd und du Probleme habt, wieso redet ihr nicht einfach mal darüber?“, versuchte ich Theas Gedanken vom Buch auf das Offensichtliche zu lenken. Thea sah mich ungläubig an.
„Paula, wir haben keine Probleme!“, wobei sie das Wörtchen „wir“ überaus deutlich betonte. „Bernd hat ein Problem! Das ist ja wohl mehr als offensichtlich. Er ist derjenige, der seit mindestens einem halben Jahr keinen Bock mehr auf Sex hat. Ich weiß mir keinen Rat mehr. Irgendetwas muss passieren, sonst werde ich wahnsinnig. Ich bin noch nicht einmal vierzig. Das kann so nicht weitergehen“, verteidigte Thea klagend ihren Standpunkt. Bernd wollte also keinen Sex. So richtig konnte ich das auch nicht verstehen. Aber wollte ich mich jetzt so tief in die Materie einarbeiten? Eigentlich nicht! Die eine kriegt kein Baby, die andere kriegt keinen Sex und ich kriege nicht mal einen Mann! Gott! Was waren die Prügels dieser Erde nur gestraft?
Ich fing an, in dem Buch herumzublättern. Das war also Kamasutra. Aha. Vieles war mir neu. Ich blätterte von einer Seite zur nächsten und je höher die Seitenanzahl wurde, desto komplizierter schienen mir die Stellungen. Die zweite Hälfte des Buches erschien mir nicht nur sehr unbequem, nein sogar absolut unpraktikabel. Tja, aber was wusste ich schon? Ich war seit eineinhalb Jahren
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