Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
Ich musste langsam aus der Dusche raus, so viel war klar, sonst riskierte ich eine Lungen-, vielleicht Blasen-, und mit Sicherheit eine Nierenentzündung. Ich nahm mir ein Herz (haha), stellte das Wasser ab und lief, natürlich unter Pauls stetiger Aufsicht, zurück zu meinem Handtuch. Hoch erhobenen Hauptes rollte ich mich endlich in mein Tuch und in meinem Hinterkopf kam Ilse-Dore zum Vorschein. Die hatte mir jetzt gerade noch gefehlt. Mit erhobenem Zeigefinger konstatierte sie: „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort, die Großen dann etwas später.“ Ich dachte an das Stepper-Möppelchen, verfluchte meine Mutter und mich auch ein bisschen. Als Nächstes stattete Mischa meinem Hinterkopf einen Besuch ab: „Eto letzter Schrei ist! Musst du abwarten, was passiert alles, mit so eine Frisur!“ Verärgert verbannte ich auch Mischa aus meinen Gedanken, allerdings war mir nun nach einem Schnaps. Paul saß immer noch gemütlich glotzend beim Fußbad. Er hatte lediglich ein schmales Handtuch lässig um seine Hüften geschlungen. Sein Oberkörper war nackt, so hatte ich freien Blick auf seine muskulösen Arme und seinen Sixpack, was mich noch mehr verunsicherte. Was dachte Paul jetzt nur von mir? Sicher, dass ich nebenberuflich der Prostitution frönte. Für einen Augenblick überlegte ich, ob ich mich Paul erklären sollte. Weißt du Paul, es gibt da so eine Institution... der Mischa..., verwarf aber auch diesen Gedanken. Paul saß mit verschränkten Armen in der Fußbadabteilung und genoss entspannt sein Wechselfußbad, derweil er mich genauso unablässig beobachtete, wie an jenem Tag, als er in meine Praxis kam. Musste ich jetzt zu ihm gehen und etwas sagen? Das geböte der Anstand, oder? Wenigstens musste ich nach Annika fragen. Während mein Herz bis zum Hals schlug, schlenderte ich nun schildkrötenlahm zu Paul und hoffte, dass er mir meine Nervosität nicht anmerkte.
„Und? War es heiß im darkroom?“, fragte Paul mich nun anzüglich grinsend. Na der hatte ja Humor. Der sagte das doch nur, weil der meine Intimfrisur gesehen hatte. „Geht so“, erwiderte ich nun knapp. Paul durchbohrte mich weiterhin mit Blicken und sagte dann etwas distanzierter: „Also, falls du heute an meinem Kurs teilnehmen wolltest, Paula, tut es mir leid.“ Er hob entschuldigend beide Hände. „Mir wurde auch erst gestern Abend mitgeteilt, dass mein Kurs vorverlegt wurde. Wie du dir denken kannst, war ich heute Alleinunterhalter. Es ist keiner zum Training gekommen, deshalb hab ich gedacht, ich mach’s mir mal in der Therme bequem“, erklärte Paul nun seinen Besuch in der Saunalandschaft. Stumm ölgötzte ich Paul an und hing wie eine Dreizehnjährige an seinen Lippen. Wie konnte er nur so lässig sprechen, während ich vor Anspannung kaum ein Zähneklappern unterdrücken konnte? Und warum hatte man es unterlassen, eine Notiz ans schwarze Brett zu heften, dass Paul heute ein Fußbad nahm? Fragen über Fragen. Konnte es sein, dass ich an der Reihe war, etwas zu entgegnen? Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien es fast so.
„Äh ja“, stotterte ich. „Ich meine, äh nein. Also ich meine, ich wollte nicht in deinen Kurs, habe aber natürlich gesehen, dass in deinem Kursraum viele 100-jährige den sonoren Tönen von Klangschalen entschliefen. Ob die je wieder aufwachen, ist noch unklar.“ Ich brachte ein Grinsen zustande. Und dann plapperte ich einfach weiter. „Ach und Möpschen hat es gar nicht gefallen, dass du schon weg warst, die war ganz schön - sagen wir - missgelaunt.“ Nun hielt ich lieber die Klappe und Paul sah mich verwundert an: „Möpschen? Wer ist denn Möpschen?“
Oh Gott, natürlich wusste er gar nicht, wen ich meinte... wobei, wenn er genau überlegte, müsste ihm eigentlich klar sein, wer gemeint war.
„Äh, ja, ich meine die junge Dame mit den...äh...“ „breiten Schultern?“, beendete Paul meinen Satz. „Ja genau die“, erwiderte ich und schmunzelte. „Na dann wird sich Möpschen ja freuen, zu erfahren, dass mein Kurs nächste Woche wieder um 10:00 Uhr stattfindet. Und du bist wiederum herzlich dazu eingeladen“, unterrichtete mich Paul nun gastfreundlich. Er sah mich an, als würde er ein „Ja“ als Antwort erwarten.
„Äh ja, danke, also ich meine nein danke. Aber Selbstverteidigung ist nicht so meins“, erklärte ich ein weiteres Mal, wobei ich schätzte, dass der „Pauel“ hartnäckig bleiben würde. Ich drehte mich schon halb zum Gehen, als mir einfiel, dass ich
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