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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stieß sie auf Dr. Hellerau. Wie lange er schon davor gestanden hatte, wußte niemand. Ohne sich ihrer völligen Nacktheit zu schämen, hob Corinna die Schultern, schürzte die Lippen und ging stolz an dem Arzt vorbei, den Flur entlang, zu ihrem Zimmer.
    Ihre nackten Fußsohlen patschten leise und rhythmisch über den glatten Kunststoffbelag.
    Dr. Hellerau sah ihr nach, bis sie um eine Biegung des langen Flures verschwunden war. Dann betrat er das Zimmer Schreiberts.
    Hermann Schreibert lag noch auf dem Bett, mit ausgebreiteten Armen, als solle er gekreuzigt werden, und rang nach Luft. Er hatte Corinna nicht weggehen hören und schrak zusammen, als sich der Arzt über ihn beugte. Mit einem Schrei fuhr er hoch und suchte Corinna. Aber nur ihre Gummimaske lag neben dem Bett auf dem Boden, und er bückte sich, riß sie an sich, drückte sie gegen sein zerstörtes Gesicht und küßte sie.
    »Warum habe ich das getan?« sagte er. »Warum? Warum? Es ist wie ein Selbstmord …«
    »Es war nötig.« Dr. Hellerau setzte sich auf das Bett, drückte Schreibert zurück und deckte ihn zu, wie man einen kranken, unruhigen Jungen behandelt, der nicht weiß, daß er sich nicht losstrampeln darf. »Sie werden es schnell einsehen. Nicht diese Nacht … aber bestimmt morgen früh. Es war ein Schock … aber besser so etwas, als wenn Sie an Corinna zerbrochen wären. Sie hätte Sie nie geheiratet, sie hätte nie mit Ihnen die Klinik verlassen, sie hätte Sie mit jedem anderen Mann betrogen, den sie noch nicht kannte. Corinna Colman ist ein Wesen, das keine Seele besitzt. Ich sage bewußt Wesen, nicht Mensch … denn was die Kreatur erst zum Menschen macht, ist seine Seele! Corinna ist nur Kreatur, sonst nichts! Wollen Sie die Geschichte der Corinna Colman hören?«
    »Nein!« Schreibert deckte beide Hände über seine Augen. »Bitte, lassen Sie mich allein, Doktor.«
    »Das ist genau das, was ich nicht tun werde! Sie werden meine Gesellschaft bis zum Morgen ertragen müssen. Ich weiß, wie Ihnen zumute ist. Da läßt man keinen Menschen allein … eben wegen der angeknacksten Seele!«
    »Kümmern Sie sich um Corinna! Sie wird wieder eine Dummheit machen.«
    »Kaum. In ihrem Zimmer wartet Oberschwester Johanna auf sie und wird ihr eine Injektion geben. Sie wird 24 Stunden schlafen, und dann wird alles wie früher sein. Sie lebt eben kreatürlich.« Dr. Hellerau ging zu dem kleinen Wandschrank, der neben dem Kleiderschrank hing, holte eine Flasche Kognak heraus, goß ein halbes Glas voll und verdünnte ihn mit Wasser und gab es Schreibert zu trinken. Gehorsam, als sei es Medizin, schluckte Schreibert das Getränk.
    »Corinna Colman«, sagte Dr. Hellerau im Erzählton, »ist die Tochter eines reichen französischen Industriellen.«
    »Das weiß ich«, sagte Schreibert rauh. »Bis dahin hat sie also nicht gelogen.«
    »Sie wuchs in einer ausgesprochen glanzvollen Atmosphäre auf … ein Schloß an der Loire, großer Park, eigene Reitpferde, Tennisplatz, Segeln, Motorboot an der Côte d'Azur, Swimmingpool, Parties … vom ersten Augenblinzeln an war sie eine Prinzessin des Geldadels. Bis zu ihrem 17. Lebensjahr wurde sie teils zu Hause durch Hauslehrer, später in einem deutschen Internat erzogen – ihre Mutter ist Deutsche – und galt als gute Schülerin. Kurz vor dem Abitur schickte man sie nach Hause und bat Roger Colman, den Vater, um eine Unterredung. Er kam aus Deutschland völlig gebrochen zurück. Corinna hatte eine entsetzliche Verwandlung durchgemacht, die unerklärlich war. Irgendwie muß sie ihr erstes Erlebnis mit Männern unter Zwang gehabt haben … sie schweigt darüber, aber alle konsultierten Ärzte sind der Meinung, daß sie vergewaltigt worden ist. Von da ab verlor sie völlig ihre Seele, das Gefühl für Moral und Recht, das Gewissen, eben alles, was einen Menschen bildet. Sie wurde Körper. Und sie nahm für ihren Körper, was sie bekommen konnte. Im Internat vom alten Hausmeister bis zum Gärtner, vom Mathematiklehrer – der sich heroisch wehrte, aber schließlich doch diesem Körper erlag – bis zum Maurerlehrling, der die Gartenmauer ausflickte. Es war unerträglich. Wie die Hunde schlichen die Männer nachts um das Internat herum, und Corinna empfing sie in einer Gartenlaube, der Reihe nach, wie sie über die Mauer kletterten.«
    »Hören Sie auf, Doktor«, stöhnte Schreibert gequält. »Ich will es nicht hören!«
    »Sie kam also wieder zurück ins Schloß an der Loire und gab ihren Einstand, indem sie den

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