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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zimmer, zog sie aus dem Haus und bis zu dem Wagen mit den wartenden Mädchen. Sie lagen in den Autositzen und schliefen fest.
    »Los, fahr …«, sagte er.
    »Ich kann nicht, Alf –«, stammelte das Mädchen.
    »Du kannst! Ich habe dir kaum LSD ins Glas gegeben.«
    »Es ist zu furchtbar –«
    »Gib Gas und hau ab, Kleines. Und vergiß diese Nacht.« Boltenstern beugte sich vor und küßte noch einmal die bleichen, eiskalten Lippen Karins. »Vergiß alles!«
    Sie nickte, zog die Tür zu, ließ den Motor an und raste aus dem Park zur Straße, als verfolge sie der Satan.
    Boltenstern wartete, bis er kein Motorengeräusch mehr hörte, das in der stillen Nacht noch weithin zu hören war. Dann ging er zurück in die Villa, schloß die Tür, stieg wie ein Seiltänzer vorsichtig über das Chaos auf dem Boden, und nahm wieder den Hörer des Telefons ab.
    »Bitte die Kriminalpolizei«, sagte er deutlich und akzentuiert, als sich die Vermittlung des Präsidiums meldete. Es knackte ein paarmal in der Leitung, und dann war die Stimme eines Beamten der Bereitschaft da. »Bitte, kommen Sie zu Huilsmann. Stadtwaldstraße 19.« Boltenstern strich mit gespreizten Fingern über das Goldgehäuse der Kaminuhr. »Wenn ich mich nicht irre, hat Kriminalassistent Werner Ritter heute Nachtdienst.«
    »Allerdings.« Die Stimme des Beamten wurde klar, die Schläfrigkeit verflog. Eine durchwachte, ruhige Nacht macht müde. Man kann nicht bis zum Morgen Doppelkopf spielen. »Aber was wollen Sie von Herrn Ritter? Das ist doch die Mordkommission.«
    »Ich weiß. Sagen Sie Herrn Ritter, bei Huilsmann liegt ein Toter …«
    Boltenstern legte auf, ging zu den Lichtschaltern und drehte alle Lampen an. Dann setzte er sich in eine Ecke auf einen Sessel, zündete sich eine Zigarette an und wartete.
    Es war genau 5 Uhr.
    Auf der Chaussee nach Benrath hielt der Krankenwagen neben dem blechernen Trümmerhaufen, und zogen drei Sanitäter den bewußtlosen Schreibert aus der verbogenen und verklemmten Tür.
    Es begann wieder zu regnen.

3
    Der erste, der in der Huilsmann-Villa eintraf, war nicht die Kriminalpolizei, sondern der Major a.D. Konrad Ritter. Er kam in einem alten, klapprigen Wagen, denn ein pensionierter Offizier kann keine großen Sprünge machen; sein Ruhegeld reicht gerade aus, nicht den Anschluß an das Sattsein zu verlieren. Jeder ungelernte Akkordarbeiter verdiente mehr, und das war einer der Kernpunkte von Ritters soziologischen Reden, die er auf der Versammlung des BUNDES DEUTSCHER DIVISIONEN, kurz BdD genannt, mit ergreifendem Pathos und anklägerischem Zeigefinger hielt. »Der Dank des Vaterlandes –«, rief er dann. »Wie bitter ist dieses Wort, Kameraden! Wir haben die Knochen hingehalten und bekommen dafür ein Trinkgeld! Und diffamiert werden wir auch noch! Jawohl, diffamiert! Wie sähe Deutschland heute aus, wenn es uns nicht gegeben hätte.«
    Zwar lachten einige nach diesem Satz und applaudierten heftig, aber der BdD hatte für solche Elemente seine Saalordner, die kurz entschlossen Zugriffen und die Störenfriede an die Luft setzten. Meistens waren es junge Burschen, die Ritter verächtlich vaterlandslos, entwurzelt, pazifistisch infiziert und kommunistisch nannte, und einmal hatte er sogar erlebt, daß sein eigener Sohn, der Kriminalassistent Werner Ritter, zu ihm sagte: »Paps, deine Einstellung zur Vergangenheit in allen Ehren – aber daß du behauptest, wir hätten den Krieg nur durch inneren Verrat verloren, scheint mir völlig widersinnig zu sein.«
    Wenn die Unterhaltung zwischen Vater und Sohn so weit gekommen war, war es der Major a.D. der das Feld räumte, in sein Schlafzimmer ging, die Tür hinter sich zuknallte und sich aufs Bett setzte. Einmal schlage ich ihm eine runter, dachte er dann. Auch wenn er 25 Jahre alt ist. Er bleibt mein Sohn! Und er beleidigt seinen alten Vater bis ins tiefste Herz!
    Konrad Ritter also traf als erster ein und schellte an der verschlossenen, gläsernen Haustür Sturm. Boltenstern öffnete ihm, ein wenig bleich und stark nach Alkohol riechend.
    »Man kann euch nicht allein lassen!« sagte Konrad Ritter streng und zog seinen nassen Regenmantel aus. »Was ist denn los? Um 5 Uhr früh!« Er blickte an Boltenstern vorbei in das große Zimmer und sah einen Teil des chaotischen Durcheinanders auf dem Boden. »Ihr habt ja wieder herrlich gezaubert, was? Und nun seid ihr alle so besoffen, daß ich euch nach Hause bringen soll? Sind die Weiber auch noch da?«
    »Nein«, antwortete Boltenstern

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