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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ausatmungsluft nur 7-8 % der Gesamtaktivität gefunden. Hingegen läßt sich ein größerer Teil radioaktiven Materials im Darminhalt nachweisen, da der Hauptausscheidungsweg wahrscheinlich über Leber und Galle, nicht dagegen über die Niere geht. Auch im Darminhalt dürfte das intakte Molekül kaum mehr enthalten sein …«
    Mit anderen Worten: LSD ist nur nachweisbar, wenn es – zu wissenschaftlichen Zwecken – radioaktiv angereichert wird. Reines LSD, wie es Erlanger genommen hatte, kann nicht im Körper entdeckt werden … es baut sich zu schnell ab. Es verschwindet im Nichts …
    Beruhigt klappte Alf Boltenstern das Buch wieder zu.
    Es gibt tatsächlich eine Pforte der Hölle, die nie aufgestoßen werden wird …
    Am nächsten Morgen um 6 Uhr in der Frühe betrat eine kleine Gruppe sommerlich gekleideter Männer den Friedhof und ging langsam über den breiten, langen Hauptweg zu dem parkähnlichen Teil des Totenfeldes, wo sich die Eigengräber und die pompösen Grüften der Reichen hinter Büschen und Blütenstauden verbargen.
    Der städtische Totengräber Erich Saritzki wartete schon am geöffneten Grabe Richard Erlangers. Er war schlechter Laune. Da er ein Monatsgehalt bezog, wurden Sonderleistungen wie das öffnen eines Grabes im Morgengrauen nicht gesondert bezahlt, ebensowenig wie der Verlust von vier Stunden Schlaf. Da hatte es ein Fabrikarbeiter besser. Der tat keinen Schlag Sonderleistung ohne einen Aufschlag des Stundenlohnes. Aber so ist es nun eben: Immer sind die behördlich Beschäftigten die Stiefkinder des Wirtschaftswunders.
    Solche sozialistischen Gedanken um 6 Uhr früh sind keine Plattform für Fröhlichkeit. Deshalb sah Erich Saritzki auch mißmutig den Herren entgegen, die um die hohe Hecke bogen und sich gemessen, als handle es sich um ein wirkliches Begräbnis, der offenen Gruft Erlangers näherten. Zwei Polizisten, ebenfalls Gehaltsopfer des Staates, standen auf dem Weg herum, um etwaige Neugierige abzuwehren. Man rechnete um diese frühe Zeit zwar nicht damit, aber es gehört zur Ordnung, abzusperren.
    Professor Dr. Landeros, Medizinalrat Dr. Boller, Dr. Lummer, Staatsanwalt Dr. Fleigel und der Anatomiediener Waldemar Sepplich blieben vor dem Grab stehen und sahen hinab auf den noch unversehrten, von der Schaufel Saritzkis angekratzten Deckel des dicken Eichensarges. Ein paar Seile waren bereits darunter hergezogen … neben dem Grab hatte Saritzki vier Bohlen hingelegt, auf denen ein Tisch stand.
    Die Herren nickten dem Totengräber stumm zu und warteten dann. Nicht aus Pietät, sondern notgedrungen, bis Anatomiediener Sepplich seine Utensilien ausgepackt hatte. Säuberlich baute er auf dem Tisch auf: ein paar verzinkte Dosen, ein paar dicke Plastiksäcke, Gummihandschuhe, Skalpelle, scharfe Löffel, Zangen und Scheren und ein Gerät, das aussah wie ein Schaumlöffel oder ein großer Omelette-Wender.
    »Fertig, Herr Professor«, sagte Sepplich nach dem Aufbau und trat auch an das Grab. Die beiden Polizisten wurden herangewinkt, und zusammen mit Saritzki und Sepplich griffen sie nach den Seilenden.
    »Auf Hauruck ziehen wir alle gleichzeitig!« sagte Saritzki, der Fachmann. »Und dann langsam hoch. Nicht schräg oder kanten, dann haut uns der Kasten ab und knallt auf die Ecke! Das gibt dann immer eine dämliche Schieberei! Also – packen wir's?«
    Die Polizisten und der Anatomiediener Sepplich nickten. Die anderen traten vom Grab zurück. Professor Landeros und Medizinalrat Dr. Boller holten aus ihren Taschen Gummischürzen, legten die Röcke ab, hängten sie über die Grabsteine der Nachbargräber und zogen die dicken Sezierhandschuhe an. Dr. Lummer holte aus einem Etui eine seiner gefürchteten Zigarren und brannte sie an. Er kannte das, was jetzt folgte, er hatte es oft genug erlebt. Nur starker Zigarrenrauch war in der Lage, den Geruch ertragen zu lassen, der nach dem Öffnen des Sargdeckels sie alle umgeben würde.
    »Hauruck!« kommandierte Saritzki. »Und noch einmal! Verdammt, die Erde ist feucht und klebt. Hauruck! Langsam! Mit Gefühl! Er bewegt sich … und jetzt hoch … Hand nach Hand … gut so … er kommt … Herr Wachtmeister auf dem linken Flügel … ein bißchen schneller … der Kasten wird schief …«
    Langsam, ruckartig stieg der Sarg Erlangers an die Oberfläche. Er zeigte keinerlei Veränderungen bis auf ein paar dunklere Nässeflecken. Zwei Monate Grab waren spurlos an ihm vorbeigegangen.
    »Man sieht, ein guter Sarg lohnt sich«, sagte Dr. Lummer in die

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