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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Beamte sah auf seine Hände. Sie begannen jetzt zu zittern. »Er ist blind. Kopfschuß. Bei der letzten Rundstedt-Offensive in den Ardennen. Sie können ihn sehen, Herr Ritter … er ist unten in der Pförtnerloge an der Fernsprechanlage und Hausvermittlung.«
    Major Ritter wischte sich über das schwitzende Gesicht. »Und … und was sagt Ihr Vater über unser Divisionstreffen?«
    »›Man sollte den Platz abriegeln und mit Feuerwehrschläuchen dazwischenhauen …‹, sagte er …«
    Ritter erhob sich steif. Der Geist stirbt, dachte er fast traurig. Es war eine heroische Traurigkeit, die ihn überflutete. Der gute alte preußische Geist ist tot. Sie denken an die Beatles, und ihr Ideal ist der quellende Busen einer Filmschönheit. Welche Welt! Haben wir dafür sieben Jahre lang im Dreck gelegen, daß eine solche Jugend heranwächst?! O Vaterland, wo bist du …?
    »Also kein Maifeld, gut!« sagte er steif. »Wo dürfen wir also unsere Kameraden begrüßen? Was gibt man uns gütigst frei?«
    »Einen schönen Platz außerhalb der Stadt, an der Pegnitz. Er wird auch für große Kirmesveranstaltungen benutzt …«
    »Kirmes!« sagte Ritter bitter. »Kirmes! So weit sind wir also schon –«
    »Und noch eins.« Der junge Beamte schob Ritter ein mit Siegel und mehreren Unterschriften versehenes Schreiben über den Tisch. »Wir wollten es Ihnen schon zuschicken.«
    »Was ist das?« fragte Ritter ahnungsvoll.
    »Die Regelung der Veranstaltung. Keine politischen Reden, keine Embleme des Dritten Reiches und keinen Parademarsch.«
    »Wie bitte?« Ritter zog die Schultern hoch. »Keinen Parademarsch?«
    »Nein!«
    »General v. Rendshoff erwartet aber einen Vorbeimarsch.«
    »Das können Sie machen, aber ohne Stechschritt.«
    »Und warum nicht?« fragte Ritter. Sein Atem pfiff aus den Lungen, als habe er ein Loch in der Brust.
    »Der Stechschritt ist Überbleibsel aus einer Zeit, die in der Erinnerung gestrichen werden soll.«
    »Den Parademarsch hat schon mein Großvater gekloppt!« schrie Ritter. »Und wir werden ihn marschieren!«
    »Nein!« sagte der junge Beamte ruhig.
    »Doch! Und doch! Und doch!«
    »Wir müßten die Veranstaltung bei Zuwiderhandeln der Richtlinien auflösen.«
    »Uns auflösen! Uns, die wir in Rußland für euch gelitten und geblutet haben! Wir haben in Sibirien Gras gefressen, als ihr vor den vollen Tellern saßet!« Konrad Ritter holte tief Luft. »Doch keine Erinnerungen, Sie haben recht! Aber wie ist das mit den Aufmärschen der Sudetendeutschen Landsmannschaften?! Mit Fanfarenchor und Landsknechtstrommeln, mit Wimpeln und Fahnen, mit Lederhosen, weißen Hemden, Nackentüchern und Tuchknoten?! Und die Reden des Herrn Seebohm? Die Verteidigung der hitlerischen Verträge?! ›Wir werden unsere Heimat wiederbekommen, notfalls mit Waffengewalt!‹ Wer hat das gesagt?! Und das alles ist demokratisch, nur weil es von Bonn kommt? Mein junger Freund –«, Ritter beugte sich vor: »Was dem Seebohm seine Fanfarenbläser und Trommler sind, ist unser Parademarsch! Leben wir in einer Demokratie, in der jeder die gleichen Rechte vor dem Gesetz hat? Also: Ich verlange für einen in Ehren pensionierten General die gleichen Rechte, wie sie sich ein heimatvertriebener Minister nimmt! Wir werden an General v. Rendshoff, Eichenlaub mit Schwertern, vorbeimarschieren, und ich möchte den sehen, der uns daran hindern wird!«
    Die Aussprache endete unentschieden. Der junge Beamte meldete den Vorfall an den Oberbürgermeister und überließ ihm die Entscheidung. Zwei Tage blieb Major Ritter in Nürnberg, besichtigte den zugewiesenen Festplatz, machte eine Lagezeichnung und beschäftigte sich abends im Hotelzimmer mit der Taktik des Aufmarsches. Bis auf den Meter wurde der Platz aufgeteilt. Hier die Festzelte, dort die Buden, vor allem Schießbuden, um den militärischen Charakter zu wahren. Auch eine Achterbahn sollte aufgebaut werden. Die Schausteller, die sich bei Ritter um einen Platz beworben hatten, waren genau unter die Lupe genommen worden. Nur alte Soldaten wurden zugelassen; es war eine aufreibende Arbeit gewesen, das alles nachzuprüfen.
    Andere Buden als Schießstände, die Achterbahn, zwei Losbuden und drei Bierzelte hatte Ritter abgelehnt. Geradezu als Beleidigung hatte er es aufgefaßt, daß sich zum Divisionstreffen Schausteller meldeten, die anzubieten hatten: einen Liliput-Zirkus; eine Geisterbahn; die dickste Frau der Welt, die mit einem Elefantenbaby ringt; Galva, der mit 10.000 Volt geladene elektrische

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