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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Boltenstern immer erzählt hatte. Ob es die Wahrheit war … wer wußte es. Auch Harry Muck wußte es nicht, als er diesen Brief schrieb, aber er wußte, wie groß die Wirkung bei einem Mann sein mußte, der nur aus Angst den Mund hielt, für den Mörder gehalten zu werden.
    »O Gott!« stammelte Schreibert, als er diesen Brief gelesen hatte. »O mein Gott! Wenn das wahr ist! Wenn es so gewesen ist … und so muß es gewesen sein, denn – o Gott, du weißt es – ich hätte nie, nie Richard umgebracht. Er war mein bester Freund!«
    Dann saß er wieder vor dem Brief Corinnas, und als sein Blick von der zierlichen Mädchenschrift hinunter zu der nüchternen Maschinenschrift wanderte, immer hin und her, wußte er, daß das Leben von ihm eine Entscheidung verlangte.
    Am Abend klagte er über Magenschmerzen, verlangte Schlaftabletten, erhielt sie von der Nachtschwester und spielte dann einen Schläfrigen, um den man sich in dieser Nacht nicht mehr zu kümmern brauchte.
    Morgens um eins, es war eine helle Nacht, verließ Hermann Schreibert durch das Fenster die Klinik. Er ließ allen Ballast zurück … nur seinen Anzug trug er, einen Hut, einen Wettermantel. In der Tasche hatte er seinen Paß, genügend Geld und die beiden wertvollen Briefe.
    Um ein Uhr neununddreißig Minuten hielt an der Straße Turin-Mailand ein Lastwagen und nahm den winkenden Mann mit.
    »O Madonna!« sagte der Fahrer. »Was haben sie mit deinem Gesicht gemacht?«
    Schreibert schwieg, drückte sich in die Ecke der Fahrerkabine, zog den Hut über die Augen und starrte hinaus in die Nacht. In Mailand gab er dem Fahrer hundert Mark, das sind fast sechzigtausend Lire.
    »Signore«, schrie der Fahrer. Er hatte Melonen geladen für den Großmarkt in Mailand. »Das muß ein Irrtum sein!«
    Schreibert winkte ab, schlug den Mantelkragen hoch und ging hinüber zur Markthalle. Im Gewühl der Menschen verschwand er, und man sah ihn auch nicht wieder.
    Am Morgen, als die Flucht des Patienten aus Zimmer 78 bemerkt wurde, wußte man sich keinen anderen Rat, als Boltenstern in Düsseldorf anzurufen.
    »Ich danke Ihnen, meine Herren«, sagte Boltenstern ruhig, als er erst mit dem Oberarzt, dann mit Professor Sarnizzi selbst gesprochen hatte. »Machen Sie sich gar keine Sorgen. Zwei Briefe hat er bekommen? Das überzeugt mich, daß Herr Schreibert auf dem Weg zu mir ist.« Dann zögerte er einen Augenblick, ehe er hinzufügte: »Ich bitte Sie, mir die Rechnung zu schicken. Sie können über das Zimmer 78 wieder verfügen … Herr Schreibert braucht es nicht mehr!«
    Nachdenklich legte Boltenstern den Hörer auf.
    Der 27. August.
    Das Schicksal war in Bewegung gekommen.

16
    Am 29. August rückten aus allen Teilen Deutschlands sternförmig die alten Soldaten an. Sonderzüge kamen aus Großstädten, Omnibusse rollten über die Autobahnen und Landstraßen, aus Düsseldorf, Essen, Köln, Duisburg und Frankfurt landeten eine Anzahl Privatflugzeuge. Mit ihnen erschienen die Prominenten. Direktoren, Dr. Breuninghaus, Boltenstern mit Petra Erlanger, Toni Huilsmann, abgemagert und mit tiefliegenden, flackernden Augen, General v. Rendshoff und sein Adjutant, Major Zecke, einige Manager der Industrie und der Ehrengast, der 91jährige General aus dem Ersten Weltkrieg, Waldemar v. Kloph, den man in einem Rollstuhl herumfuhr und wie ein Museumsstück zeigte.
    Von Hermann Schreibert hatte man nichts mehr gehört. An der Markthalle von Mailand verlor sich seine Spur, aber Boltenstern gab sich keinerlei Illusionen hin. Irgendwo war er diese drei Tage untergekrochen. Er hatte Geld genug bei sich, um sich von dem Entsetzen der anderen vor seinem Gesicht freizukaufen.
    Major a.D. Konrad Ritter war schon seit vier Tagen in Nürnberg, leitete den Aufbau der genehmigten Buden, kontrollierte den Bau der großen Festtribüne mit dem Baldachin, unter dem die Ehrengäste sitzen sollten, und dann begann er einen Rundlauf von Schießbude zu Schießbude und überprüfte die Treffsicherheit der Büchsen.
    »Miserabel!« schrie er immer wieder. »Wie sind die Dinger denn eingeschossen? Damit kann man ja um die Ecke schießen! Da geht einem alten Soldaten ja das Frieren über den Rücken. Hier«, er zeigte auf das Gewehr, das er gerade in der Hand hielt, »ich ziele auf diese Rose da. Und wohin geht der Schuß? Einen Daumensprung nach links auf den Teddybären! Ein Skandal! Ich war der beste Schütze im Bataillon. Zweimal die Schießschnur! Ihre Gewehre sind Scheiße!«
    Am letzten Tag vor dem

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