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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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versteckte Liebeserklärung.
    »Willst du über Richard Gericht halten, Alf?« fragte sie. »Toten steht ein gewisser Glorienschein zu … lassen wir ihn ihm. Er war ein kluger, guter Mensch – so wollen wir an ihn denken.«
    Boltenstern griff nach Petras Arm. Sie zog die Zügel an, das Pferd stand, und auch Boltensterns Vulkano stemmte sich in den weichen Boden des Waldweges.
    »Ich liebe dich, Petra«, sagte Boltenstern ernst. »Ich bin kein junger Phantast mehr. Ich weiß, was ich sage und tue.«
    »Richard ist gerade vier Wochen begraben, Alf.«
    »Es soll auch kein Antrag sein, Petra. Du sollst nur wissen, wie ich empfinde.«
    »Ein Trauerjahr kann lang werden, Alf!«
    »Ich habe elf Jahre auf dich gewartet … auch das zwölfte wird vergehen.« Boltenstern griff nach ihrer Schulter. Sie wehrte sich nicht, als er sie zu sich herumdrehte. Aber ihre Augen hinter dem flatternden Schleier ihrer goldenen Haare hatten wieder den sanften Blick angenommen. Fast körperlich, wie ein Eiswind, wehte ihre Kühle zu ihm. Das erschreckte ihn, aber er preßte die Lippen zusammen. Nicht aufgeben vor dem Ziel! »Könntest du mich auch lieben, Petra?« fragte er, und seine Stimme war plötzlich rauh.
    »Frag mich in einem Jahr wieder, Alf. Würde ich dir jetzt antworten, wäre es eine Beleidigung Richards.«
    Sie ließ es zu, daß sich Boltenstern hinüberbeugte, die Haare aus ihrem schmalen Gesicht strich und sie küßte. Aber es war ein einseitiger Kuß. Ihre Lippen waren zusammengepreßt und kalt. Auch ihre großen blauen Augen bewegten sich nicht … sie sahen an Boltenstern vorbei oder hindurch, als sei er aus Glas.
    Kurz darauf drehten sie um und ritten zum Reitstall zurück. Während Petra noch eine Einladung Hauptmann Müllenbergs zum Kaffee annahm, blieb Boltenstern auf seinem schwarzen Vulkano sitzen und ritt wieder zurück in den Wald. Der zweite erfolgreiche Teil des Tages mußte vollendet werden.
    In dem kleinen Birkenwald trafen sich Werner Ritter und Jutta Boltenstern.
    Ritter war mit seinem alten klapprigen Auto gekommen und wartete schon in dem Hohlweg, als er das malmende Trappeln der vom sandigen Boden gedämpften Pferdehufe hörte. Er lief Jutta entgegen, und mit ausgebreiteten Armen fing er sie auf, als sie vom Pferd sprang.
    Junge, moderne Leute haben eine besondere Art der Unterhaltung. Die Küsse sind altmodisch, gewiß aber nach dem ersten Sturm der Begrüßung breitet sich keine romantische Stimmung aus, sondern die klare Betrachtung der gegenwärtigen Lage.
    Und so sagte Jutta auch, als sie sich bei Werner Ritter einhakte: »Mein Alter ist im Gelände! Stell dir vor … ich sehe mir in der Reithalle die jungen Pferde an, und wer steht plötzlich da mit Tante Petra … mein Paps!«
    »Mit Petra Erlanger?« fragte Ritter. Er holte eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche, bot Jutta eine an, und rauchend gingen sie zu dem Birkenwald. Der Schimmel trottete hinterher … er war diese Situation schon gewöhnt.
    »Ich glaube, da bahnt sich etwas an.« Jutta blieb stehen und schüttelte den Kopf. »Wenn ich mir vorstelle, daß Petra meine Stiefmutter wird? Ein merkwürdiges Gefühl ist es doch.«
    Werner Ritter schwieg. Er dachte an seinen Bericht über das LSD und über die Reaktion, den er bei Dr. Breuninghaus hinterlassen hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm überraschenderweise ›grünes Licht‹ gegeben. Dr. Lummer hatte ihm die Hand geschüttelt. Sein Vater hatte ihn angeknurrt, aber keine Vorträge über Korpsgeist mehr gehalten. Es schien, als habe das LSD selbst in dieser nüchternen Berichtsform gewirkt. »Seien Sie bei allem vorsichtig!« hatte Dr. Lummer ihm noch gesagt. »Sie stoßen vielleicht in ein Wespennest, und Sie wissen, wie Wespen stechen können! Auch die Gerechtigkeit ist nur bis zu einem gewissen Grade gerecht!«
    Zwischen den Birken hatte das Forstamt eine kleine Waldhüterhütte gebaut. Nur ein einziger Raum war es, mit einem Kanonenöfchen in der Mitte, und sie diente weniger einem Aufenthalt, als vielmehr der Ablage von Geräten, Werkzeugen, einer Kreissäge, Säckchen mit Viehsalz (zum Streuen der Straßen bei Glatteis) und einigen eisernen Schubkarren. Werner Ritter hatte, als sie diese Hütte entdeckten, seine berufliche Ehre abgedeckt und das Schloß mit einem Dietrich geöffnet. So wurde im Laufe der Wochen diese Hütte zu einem heimlichen Liebesschloß, und oft hatten Jutta und Werner hier gesessen, während draußen der Regen rauschte oder der Wind tobte, hatten sich

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