Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
schlug sie mit der flachen Hand in das wütende, gerötete Gesicht. Ihr Kopf flog zur Seite, und der Schlag war so hart, daß sie schwankte und sich an dem gespannten Seil, auf der vorhin die Reithose zum Trocknen hing, festhalten mußte.
    »Paps«, stammelte sie. »Paps … was tust du …«
    »Das war seit vierzehn oder fünfzehn Jahren wieder der erste Schlag«, sagte Boltenstern keuchend. »Er soll dir beweisen, daß du noch nicht alt genug bist, um nicht mehr erzogen zu werden! Und wenn du vierzig bist und ich ein Greis … du bleibst meine Tochter, und ich verlange Achtung von dir!«
    »Das hättest du nicht tun dürfen, Paps …«, sagte Jutta leise. Sie strich sich die Haare von den geröteten Augen und zog ihre Stiefel an. »Das war ein großer Fehler …«
    »Muß ich mir mit meinen sechsundvierzig Jahren von meiner Tochter sagen lassen, daß ich ein Schwein bin?« schrie Boltenstern plötzlich. Er sah ein, daß er unüberlegt gehandelt hatte. Zum erstenmal hatte er unlogisch gehandelt in einer Kette von genau überlegten Ereignissen. Das Fotoalbum Tonis. Es kann einen um den Verstand bringen, dachte er. Was hatte Huilsmann alles fotografiert? Wie lange ließ er seine versteckten Kameras schon arbeiten? Warum machte er diese Bilder? Die Katastrophe war nicht ausdenkbar, wenn das Album in fremde Hände geriet.
    Und dann die große Frage, die brennendste, die Boltenstern innerlich zerglühte: Hatte Huilsmann auch die letzte Party gefilmt? Den LSD-Rausch, den Mord an Erlanger, den völlig nüchternen Boltenstern, der unbeweglich im Sessel saß, inmitten einer entfesselten Hölle des Wahnsinns, und sich auch nicht rührte, als Schreibert mit einem trompetenden Lachen den weißen Seidenschal um den Hals Erlangers knotete …
    Gab es jetzt Bilder davon?
    Jutta hatte ihre Stiefel angezogen. Sie war fertig zum Gehen. Mit herabgezogenen Mundwinkeln betrachtete sie ihren Vater, dessen Gesicht plötzlich bleich und erschreckend alt geworden war. »Wir wollen über diese bösen Dinge nicht mehr reden, Paps, sie sind zu sumpfig«, sagte sie, und Mitleid kam in ihr hoch, wie sie ihren Vater so dasitzen sah, auf einer Tonne mit Viehsalz, ein wenig vorgebeugt, von den Anklagen seiner Tochter wie mit Säure überschüttet. »Ich wollte dir nur zu verstehen geben, daß ich kein kleines Gör mehr bin, wie du mich so gerne noch betrachtest. Ich habe offene, gute und schnell blickende Augen. Und ich habe viel gesehen … auch hinter deinem Rücken! Es mag dir eine Beruhigung sein, daß ich trotz allem, was ich weiß, noch dein Kind bin. Obgleich es mir oft schwergefallen ist … wie heute vielleicht … denn aus dem Mädchen mit den langen Zöpfen ist eine normale Frau geworden, Paps.«
    Boltenstern nickte. »Gehen wir, Spätzchen«, sagte er heiser.

7
    »Wo stecken die Kameras?« fragte er laut.
    Huilsmann zog die Schultern hoch, als wäre er eine Schildkröte, die sich in ihren Panzer verkriecht.
    »Welche Kameras?« fragte er zurück.
    »Mit denen du uns seit Monaten oder schon Jahren fotografierst.«
    »Ich? Euch? Alf, du hast wirklich einen zuviel getrunken.«
    Boltenstern schüttelte den Kopf. »Was für ein feiger Hund bist du doch!« sagte er verächtlich. »Wir hätten dich damals in Meseritz lieber vor die T 34 werfen sollen! Fotografiert uns mit den Mädchen und sammelt die Bildchen auch noch in einem ledernen Album. Du mieses Ferkel du!«
    Mit einem Ruck beugte sich Boltenstern vor, ergriff Huilsmann vorn an der Jacke und riß ihn aus dem Sessel hoch.
    »Wo sind die Bilder?« brüllte er. »Gib die Bilder raus, du Saustück, oder ich werfe dich gegen die Wand, daß dir alle erweichten Knochen brechen!«
    Einen Augenblick war Huilsmann überrumpelt, hing er wehrlos in den Fäusten Boltensterns und dachte nicht an Gegenwehr. Aber dann trat er um sich, traf Boltenstern am Schienbein, und mit einem Ächzen ließ Boltenstern ihn los und warf ihn zurück in den schwarzen Ledersessel. Aber wie ein weggeschleuderter Ball schnellte Huilsmann wieder hoch und lief zum Kamin, wo er eine vergoldete kleine Truhe aufriß und an sich drückte. Und plötzlich hatte er eine Pistole in der Hand, ein kleines Ding mit weißem Perlmuttgriff, ein Spielzeug fast, aber der Tod spielte mit, wenn er den Finger durchdrückte.
    »Aha!« sagte Boltenstern und massierte sich das brennende Schienbein. »Das Jüngelchen hat einen Knaller. Willst du in deinem Haus einen zweiten Mord haben?«
    »Du bist besoffen!« sagte Huilsmann tief atmend. »Du

Weitere Kostenlose Bücher