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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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klarmachen, daß ich nicht kommen kann.«
    »Einen Teufel werde ich tun!« Konrad Ritter warf den Rundbrief auf den Tisch. »Wieso kannst du nicht? Du liebst doch Jutta!«
    »Ich brauche Zeit bis zum Winter … höchstens.«
    »Warum? Von mir aus könnt ihr ja im Winter heiraten, aber was hat das zu tun mit einem Heiratsantrag?«
    Werner Ritter blieb stehen. Man sah, wie groß seine innere Qual war und wie er mit sich selbst rang. »Ich kann nicht einen Mann um die Hand seiner Tochter bitten, gegen den ich wieder ermittle …«
    Hier fiel der sagenhafte Tropfen, der einen Krug zum Überfließen bringt. Konrad Ritter sprang auf, als trompete jemand: ›Auf-auf-aufs Pferd!‹
    »Du ermittelst schon wieder?« schrie er. »Gegen Boltenstern? Bist du denn verrückt?«
    »Die Staatsanwaltschaft hat mir freie Hand gegeben.«
    »Wegen dieses dämlichen LSD oder wie das Zeug heißt?«
    »Ja.«
    »Du glaubst doch nicht etwa, daß Boltenstern und die anderen Kameraden sich mit diesem Rauschgiftdingsda beschäftigen!«
    »Ich weiß es, Vater!«
    Konrad Ritter zerknüllte nervös das Rundschreiben des BdD unter seinen Händen. So etwas darf nicht sein, dachte er. Die Auswirkungen wären ungeheuer, wenn die Öffentlichkeit das erführe. Männer der neuen Aristokratie der Erfolges, Offiziere und Fähnriche, geachtete Bürger … alle Ehre würde weggeblasen sein wie Staub.
    »Du weißt es?« wiederholte Konrad Ritter.
    »Mir fehlen nur noch die Beweise. Aber ich bin auf der Jagd!«
    »Du wirst sie nie bekommen!« Major a.D. Ritter wedelte mit der Hand durch die Luft. »Du wirst immer ins Leere schießen! Beweise! Ahnst du überhaupt die Katastrophe, die du damit auslöst?«
    »Es hat einen Toten gegeben!«
    »Er ist mit allen Ehren begraben worden! Und seine Witwe tröstet sich bereits … wenn das kein Beweis vom pulsierenden Leben ist! Laß die Entwicklung so, wie sie ist.«
    »Ich diene der Gerechtigkeit, Vater.«
    »O Gott, jetzt wird er auch noch pathetisch!« Konrad Ritter schlug die Hände über dem grauen Schädel zusammen. »Gerechtigkeit ist ein Gummiwort! Sag mir ein präzises Beispiel von Gerechtigkeit! In Hamburg wird ein Autofahrer mit 1,0 Promille zu sechs Wochen Gefängnis und Führerscheinentzug mit einem Jahr bestraft … in Passau vielleicht kostet es nur 150 DM Geldstrafe. Gerechtigkeit, Junge? Wo man in den kleinsten Dingen schon so auseinandergeht? Wenn du 17 Jahre bist, kannst du zwanzig Menschen umbringen … was bekommst du? 10 Jahre Jugendstrafe! Gerechtigkeit? Ein Radfahrer, der ohne Rücklicht durch die Nacht fährt, wird vor den Richter geführt, ein kleiner Buchhalter, der aus Spielleidenschaft 1.000 DM unterschlug, kriegt zwei Jahre, und in allen Zeitungen steht es. Man macht ihn gesellschaftlich fertig … aber da entdeckt eine Polizeistreife in einer öffentlichen Herrentoilette zusammen mit Strichjungen einen gutgekleideten Mann, nimmt ihn mit und entdeckt entsetzt, daß man einen Regierungspräsidenten als Homosexuellen entlarvt hat. Was geschieht? Pressesperre, der Fall wird totgeschwiegen, der Präsident läßt sich schnell pensionieren, und jeder ist froh, daß niemand draußen etwas erfährt. Gerechtigkeit? Du willst mir sagen, was Gerechtigkeit ist? Wenn ich, der kleine Konrad Ritter, meinen Wagen falsch parke, wird mir ein Protokoll aufgebrummt … parkt aber der Kardinal von Paderborn seinen Wagen falsch und wird aufgeschrieben, erscheint der Polizeichef selbst und entschuldigt sich für seinen eifrigen Beamten. Gerechtigkeit? Mein Junge, wer in Deutschland dieses Wort noch aussprechen kann, sollte hinterher wenigstens kotzen!«
    So begann es, und bis um 1 Uhr in der Nacht schrien sich Vater und Sohn an, und die Kluft zwischen ihnen wurde so groß, daß Konrad Ritter sagte:
    »Ich werde dafür sorgen, daß du auf eine Mauer des Schweigens stößt!«
    Und Werner Ritter schrie zurück: »Und ich werde Sprengstoff genug sammeln, um eure Mauer in die Luft zu jagen … auch wenn du darauf stehst!«
    Nun saß er Jutta gegenüber in dem kleinen Düsseldorfer Altstadtlokal und stocherte in seinem Beefsteak. Er wußte, daß die nächsten Stunden eine unvorstellbare Belastung für Jutta sein würden, aber sie mußte durch diesen Sumpf von Grausen und Schrecken hindurch, um später zu sehen, wie rein und schön das Leben wirklich sein konnte.
    »Hast du heute nachmittag Zeit?« fragte er.
    »Eigentlich ja. Ich soll mich umsehen und eine Reportage über irgend etwas schreiben, was mir gefällt.« Jutta

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