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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Peitschen- oder Pistolenknallen.
    »Gab es äußere Anzeichen für diesen Tod?« fragte Ritter plötzlich. Huilsmann zuckte zusammen. Er war mit seinen Gedanken in Paris gewesen. Der Maler, das Atelier, 1.000 Francs für 10 präparierte Stückchen Würfelzucker … 100 Mikrogramm LSD pro Würfel. Es mußte mehr sein. Diese schreckliche Wirkung war nur zurückzuführen auf eine zu hohe Dosierung. Aber wer konnte das ahnen?
    »Wie bitte?« fragte Huilsmann verwirrt.
    »Hatte Else irgendwie Depressionen?«
    »Ich habe nie welche bemerkt.«
    »War sie in letzter Zeit bedrückt, trübsinnig, verschlossen, anders als sonst?«
    »Nein. Im Gegenteil, sie war munter und fröhlich. Gestern sang sie noch beim Staubsaugen.«
    »Wenn das kein Beweis ist!« Dr. Lummer lehnte sich zurück. »Und trotzdem geht sie ins Wasser!« Er putzte sich die Nase, griff in die Rocktasche und holte ein Etui mit Zigarren heraus. Die berüchtigten Lumm-Zigarren! Mit der Ruhe und fast zärtlichen Fingerfeinheit, mit der ein Zigarrenraucher seine Zigarren behandelt, schnitt Lummer die Spitze ab, beleckte vorsichtig den Schnitt, strich ein Zündholz an und machte ein paar kurze, aber kräftige Züge, bis die Zigarre rundherum aufglühte. Dann – wie bei einem Biertrinker ist der erste tiefe Zug die ganze Wonne eines Zigarrenfreundes – setzte sich Dr. Lummer bequem zurück und schob die Fotos zur Seite. »Wie war Ihr Verhältnis zu Fräulein Lechenmaier?« fragte er.
    Toni Huilsmann kniff zwischen Zeige- und Mittelfinger seine Zigarette zusammen. »Wie meinen Sie das?« fragte er rauh.
    »War es normal?«
    »Selbstverständlich!« Huilsmann bemühte sich, diskret beleidigt zu sein. »Was denken Sie sich denn, Herr Rat?«
    »Es gibt da merkwürdige Hausherrn-Auffassungen zwischen Junggesellen und Hausmädchen.« Dr. Lummer betrachtete die Spitze seiner Zigarre.
    »Fällt weg!« sagte Huilsmann steif. »Fräulein Lechenmaier war in meinem Haus nichts als ein dienstbarer Geist. Trauen Sie mir Geschmacklosigkeiten zu, Herr Rat? Ich bin im Reiterverein, im Golfklub, im Tennisklub, im Jachtklub … ich hätte Gelegenheiten genug, junge Damen der ersten Gesellschaft kennenzulernen.«
    »Was Hausmannskost nicht ausschließt!« Dr. Lummer winkte väterlich ab. »Nach Poularde und Trüffeln einmal eine deftige Erbsensuppe … das schmeckt immer!«
    »Ich betrachte die Liebe nicht als kulinarischen Genuß!« antwortete Huilsmann steif. »Ich bin kein Kannibale.«
    »Manchmal glaubt man es, wenn man sieht, was alles so hinter dichten Gardinen passiert. Aber reden wir nicht davon. Fräulein Else war also immer fidel?«
    »Ja. Ich sagte schon, gestern abend holte sie mir Wein aus dem Keller … ich bot ihr noch ein Glas an …« Huilsmann hob abwehrend die Hand, als Dr. Lummer infam lächelte. »Bitte, Herr Rat, ich tue das manchmal! Ein Angestellter soll bei mir nicht das Gefühl haben, ein Mensch minderer Klasse zu sein, nur weil ich seine Dienstleistungen bezahle. Eine kleine, unverbindliche, menschliche Geste ist immer gut für die Arbeitsatmosphäre.«
    »Das ist eine weise Lebensauffassung.«
    Huilsmann überlegte noch, ob dies spöttisch oder wirklich zustimmend aufzufassen war, als es klopfte und eine Sekretärin einen Zettel hereinreichte. Werner Ritter überflog ihn. Enttäuschung zeigte sich auf seinem Gesicht.
    »Der erste Obduktionsbefund«, sagte er. Durch Huilsmann kroch es kalt und ekelig schwammig wie Gallert. So ist es also, wenn das eintritt, was man ›das Blut erstarrt‹ nennt, dachte er. Die Adern werden zu eng und füllen sich wie mit Pudding.
    »Lesen Sie vor«, sagte Dr. Lummer gemütlich. »Das interessiert uns ja alle.«
    »Ich hatte gebeten, zuallererst eine chemische Untersuchung vorzunehmen.« Werner Ritter blickte gar nicht auf den Zettel. Der Befund war gleich Null. »Sowohl im Urin wie in der Leber und Galle fanden sich keine Spuren von Lysergsäurediäthylamid. Der Tod ist durch Ersticken – also Ertrinken – eingetreten. In der Lunge fand sich Wasser, also ist Fräulein Lechenmaier tatsächlich lebend in den Rhein gekommen. Auffällig ist nur, daß ihr zwei Schneidezähne fehlen – sie sind abgebrochen …«
    »Das ist neu!« sagte Huilsmann sofort, ehe man ihn fragte. »Das hatte sie vorher nicht. Mir wäre das sicherlich aufgefallen.«
    Else vor seiner Schlafzimmertür, schreiend und mit den Fäusten trommelnd. Und dann biß sie in die Zierleisten und in die Türklinke und war wie ein wildes Tier, das gegen die Kiste

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