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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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reagieren hat? Vielleicht zeigte sie keinerlei Reaktion, kroch in eine Ecke und schlief? An einem Menschen mußte man es probieren. Nur an einem Menschen …
    Zum Abendessen verlangte Huilsmann eine ganz bestimmte Flasche Wein, die irgendwo in den Regalen des großen Weinkellers liegen mußte. Else stieg hinunter in den Keller; sie war für eine Viertelstunde bestimmt beschäftigt mit Suchen und Umräumen. Wie ein Tänzer, auf Zehnspitzen, glitt Huilsmann in die Küche. Wie jeden Abend, so stand auch jetzt eine kleine Kanne mit Tee auf der Wärmeplatte. Else trank ihn immer … einen erfrischenden Tee aus Malvenblüten, blutrot und säuerlich, und sie süßte jede Tasse mit zwei Würfeln Zucker.
    Huilsmann wickelte sein Stanniolzuckerstück aus, legte es als oberstes auf die anderen Zuckerstücke in der Dose, so offensichtlich in die Mitte, daß Else automatisch nach ihm greifen mußte, wenn sie ihren Tee süßte. Dann rannte er wieder hinaus und saß schon längst wieder im Sessel neben dem offenen Kamin, als Else mit der Flasche aus dem Keller kam.
    Huilsmann sah auf die Uhr, als Else wieder in die Küche ging.
    21 Uhr 12.
    Nach zwanzig Minuten setzte die Wirkung ein, hatte Boltenstern gesagt. Er beeilte sich mit dem Abendessen, nahm die Weinflasche unter den Arm, ging in sein Schlafzimmer und schloß sich ein.
    Um 21 Uhr 28 hörte er ein Scheppern in der Küche. Geschirr klirrte zu Boden, zerschellte auf dem Mosaikboden. Dann folgte das singende Klang zersplitternder Gläser und das dumpfe Auseinanderbrechen tönerner Schüsseln.
    Else war dabei, die Küche zu zerstören.
    O Himmel, dachte Huilsmann und ließ vor allen Fenstern seines Schlafzimmers die Rolläden herunter. 100 Mikrogramm! Ich hätte ihr nur die Hälfte zu geben brauchen. Es sollte doch bloß eine Kontrolle sein … ein Beweis, daß man mich nicht betrogen hat.
    In der Küche kroch Else auf allen vieren. Ihr Gesicht glänzte in hellster Verzückung.
    Eine heiße Tropennacht. Riesige schwarze Krieger trommeln auf ausgehöhlten Baumstämmen. Im Mondlicht glänzt ein silberner Tempel. Er hat die Form einer Muschel, so groß, daß die Wolken unter ihrer Decke dahinziehen. Weißgekleidete Priester blasen auf goldenen Hörnern. Zwanzig herrlich gebaute Jünglinge, mit Goldstaub überzogen, tragen auf einer großen Schale aus Bergkristall ein nacktes, schlankes Mädchen, das sich ekstatisch im Rhythmus der Priesterhörner bewegt. Und der Mond läßt plötzlich Silber tropfen, und alle Bäume werfen Tau ab aus Brillanten, und alles fällt auf dieses nackte Mädchen, das nun auf der kristallenen Schale steht und sieben Brüste in den Tau aus Brillanten reckt. Und es ist keine Göttin mehr, sondern sieht aus wie Else Lechenmaier, und aus dem Tempel tritt in weißem, goldbesticktem Priestergewand Toni Huilsmann, eine Fackel in der Hand. Er steckt alle trommelnden Bäume an, ein Flammenmeer umgibt den Tempel, und er hebt Else Lechenmaier mit ihren sieben Brüsten von der kristallenen Schale und trägt sie durch die Flammen in den Tempel, der violett aufleuchtet und aus Millionen klingender Noten besteht, deren Köpfe singende Orchideen sind …
    Huilsmann zog die Schultern hoch, als zwei Fäuste gegen seine Schlafzimmertür schlugen und wild an seiner Klinke gerüttelt wurde.
    »M-ach auf«, schrie Else Lechenmaier mit völlig fremder schriller Stimme. »Aufmachen! Aufmachen!« Sie rannte mit dem Kopf gegen die Tür, immer und immer wieder, fiel hin, kroch herum, grub die Zähne in die Zierleisten der Tür und leckte die Klinke ab.
    Nach einer halben Stunde hörte Huilsmann, wie Else sich von seiner Tür entfernte. Irgendwo im Haus zerbrach wieder etwas; dann war es geisterhaft still, Huilsmann zog sich aus, legte sich ins Bett, nahm zwei Schlaftabletten und zog die seidene Steppdecke über seinen Kopf. Er war noch nie ein Held gewesen. Wer verlangte das auch von einem Architekten?
    Huilsmann schlief bis gegen Mittag. Dann weckte ihn das unentwegte Schrillen des Telefons. Schlaftrunken nahm er den Hörer ab.
    »Hier Werner Ritter«, sagte eine Stimme laut und klar. »Ich versuche Sie schon seit einer Stunde zu erreichen, Herr Huilsmann!«
    »Ah, Werner! Mein Junge, was gibt's?« Huilsmann rieb sich die Augen und kratzte sich durch das blonde Haar. »Ich habe gepennt. Hatte zwei Schlaftabletten genommen. Junge, die haben mich umgehauen. Aber warum hat Ihnen Else nicht gesagt, daß ich schlafe?«
    »Wir haben sie nicht fragen können.« Die Stimme Werner Ritters

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