Zum Sterben schoen
stützte ihr Kinn auf die Handfläche und sagte eine ganze Weile kein Wort. Dann richtete sie sich wieder auf und schaute ihm direkt in die Augen.
»Ich werde nicht zulassen, dass er mich ängstigt. Ich will helfen. Ich verspreche, nichts Dummes zu tun«, fügte sie hastig hinzu. »Nein, ich habe jetzt keine Angst. Ich bin wütend. Richtig zornig sogar, aber ich habe keine Angst.«
»Du solltest aber Angst haben. Angst sorgt dafür, dass du auf der Hut bleibst, konzentriert, auf Zack.«
»Aber sie kann auch paralysieren, und ich werde nicht zulassen, dass sie mich paralysiert«, versicherte sie ihm. »Dieser Mann … dieses Monster«, korrigierte sie sich, »erzählt meinem Bruder, wie viel Vergnügen es ihm bereitet hat, eine arme unschuldige Frau zu quälen und zu töten. Und sagt ihm, sein Verlangen sei zurückgekehrt, und er habe mich zu seinem nächsten Amüsement ausgesucht. Er ist so clever, dass er weiß, dass Tommy sein Gesicht sehen will. Deshalb wartet er darauf, dass er aus dem Beichtstuhl herauskommt, und schlägt ihn auf den Hinterkopf. Er hätte ihn umbringen können.«
»Er wollte ihn nicht töten, sonst hätte er es getan«, sagte Nick ruhig. »Er benutzt Tommy jetzt als seinen Boten.« Er sah den Ausdruck, der über ihr Gesicht huschte, und versuchte sofort, sie zu beruhigen. »Mach dir keine Sorgen um deinen Bruder. Wir werden dafür sorgen, dass auch er in Sicherheit ist.«
»Tag und Nacht«, verlangte sie.
»Natürlich«, stimmte er ihr zu.
Sie nickte. »Findest du nicht auch, dass dieser Mann im Augenblick das Sagen hat? Er befiehlt Tommy, dass er dich informieren und dafür sorgen soll, dass du mich wegbringst. Dann wird er mir vielleicht nicht folgen. Und mein Bruder will genau das tun. Mich verstecken.«
»Natürlich will er dich verstecken. Er liebt dich, und er will nicht, dass dir irgendetwas passiert.«
Sie rieb sich die Schläfen mit den Fingerspitzen. »Ich weiß«, sagte sie. »Und vermutlich würde ich genauso reagieren.«
»Aber?«
»Ich kenne meinen Bruder, und momentan steht er Todesqualen aus, weil er sich Sorgen macht über etwas anderes, das der Mann im Beichtstuhl sagte und das weder du noch Tommy vor mir erwähnt haben.«
»Nämlich?«
»Er sagte Tommy, dass er versuchen werde, eine andere Frau zu finden, mit der er sich amüsieren kann.« Ihre Stimme zitterte, als sie fortfuhr. »Aus welchem Grund auch immer beschloss er, mich zu warnen, damit ich eventuell davonkommen kann, aber diese andere Frau wird nicht gewarnt, oder?«
»Nein, vermutlich nicht«, stimmte er zu. »Aber du musst–«
Sie unterbrach ihn. »Davonzulaufen ist keine Alternative. Ich werde niemandem solche Macht über mich geben. Ich werde keine Angst haben.«
»Ich finde, wir sollten später darüber diskutieren, nachdem Pete Zeit gehabt hat, sich mit dem Profiler das Band anzuhören.«
Nick wollte aufstehen, aber Laurant ergriff seine Hand. Sie wollte nicht warten. »Ich weiß, dass du einige Theorien haben musst. Ich will sie hören. Ich brauche Informationen, Nick. Ich will mich nicht machtlos fühlen, aber genauso fühle ich mich zurzeit.«
Seine Blicke tauchten einige Sekunden in ihre, bevor er zu einem Entschluss kam. Dann nickte er. »In Ordnung. Ich erzähle dir, was ich weiß. Mein Vorgesetzter, Dr. Peter Morganstern, hat sich das Band bereits angehört. Er ist ein Psychiater, der meine Abteilung leitet, und er ist der Beste, den es gibt. Wenn überhaupt irgendjemand in die Vorstellungswelt dieses widerlichen Kerls eindringen kann, dann er. Aber vergiss nicht, Pete hatte noch keine Zeit, sich hinzusetzen und jedes Wort zu analysieren.«
»Verstehe.«
»Gut. Als Erstes wollen wir über Tatsachen reden. Die wichtigste Tatsache ist, dass es sich um keinen Zufall handelt. Du wurdest ausgewählt.«
»Weißt du, warum?«
»Wir wissen, dass er dich ausgesucht hat, weil er … dir ergeben ist«, sagte er, vorsichtig nach dem richtigen Wort suchend.
»Was heißt das?«, fragte sie ungeduldig.
»Das heißt, du hast einen Fan. So nennen wir sie … Fans.«
»Das ergibt doch keinen Sinn. Ich bin doch kein Filmstar oder eine Berühmtheit. Ich bin nur ein Durchschnittsmensch.«
»Schau in den Spiegel, Laurant. An dir ist nichts durchschnittlich. Du bist schön. Er findet, du bist schön.« Er sprach schnell weiter, bevor sie ihn unterbrechen konnte. »Und die meisten Opfer, die diese Typen sich aussuchen, sind keine herausragenden Persönlichkeiten.«
Sie holte Luft und sagte dann:
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