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Zum Tee in Kaschmir

Titel: Zum Tee in Kaschmir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nazneen Sheikh
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beste Käse dafür kam aus der Stadt Peshawar in der Nordwestprovinz von Pakistan, wo er stets nur früh am Morgen verkauft wurde. Meine Großmutter verkündete, dass ihr jemand den Käse von einer Flugreise mitbringen würde. Es war dies eine der höchst seltenen Gelegenheiten, diesen Käse hier zu bekommen, da es zu jener Zeit noch als kühn und extravagant galt, mit dem Flugzeug zu reisen. Getreu ihrem Mogulerbe sah meine Großmutter dieses Wagnis jedoch anscheinend mit demselben Gleichmut wie ihre Vorfahren, die erfrischende Melonen auf dem Rücken von Elefanten in die sengenden Ebenen Indiens transportiert hatten. Ihre Vorfreude war daran zu erkennen, dass sie sich immer wieder Gedanken darüber machte, ob der Käse auch wirklich frisch wäre und wann genau er eintreffen würde. Eine gewisse Erregung begann die H196 Murree Road zu erfüllen, da wir alle sehr gespannt waren, ob der Käse noch rechtzeitig vor dem Ende unseres Besuchs eintreffen würde.
    Als er am letzten Tag vor unserer Abreise dann tatsächlich geliefert wurde, hatte unsere aufgeregte Erwartung bereits ein solches Ausmaß erreicht, dass es den Anschein hatte, als hätte man im Innenhof des Hauses ein Feuerwerk gezündet. Eine große, grüne Thermosflasche wurde geöffnet und ein Laib Käse, eingeschlagen in glänzende grüne Blätter, die mit einer weißen Baumwollschnur umwickelt waren, kam zum Vorschein. Meine Großmutter schnitt mit einem Schälmesser ein kleines Stück Käse ab und kaute nachdenklich ein paar Sekunden lang darauf herum. Dann verschwand sie wortlos in der Küche, ohne uns auch ein Stück anzubieten.
    Als ich mich eine Stunde später in die Küche schlich, bot sich mir ein geradezu magischer Anblick, ein Bild, das ich auch heute noch stets vor Augen habe, wenn ich dieses Gericht zubereite: In einem großen Topf brodelte ein karminroter Eintopf aus frischen Tomaten und Kräutern. Das Albabastergesicht meiner Großmutter war von einer zarten Röte überzogen, während sie in dem Topf rührte und dabei wie eine mittelalterliche Zauberin aussah, die gerade kostbare Rubine schmolz. Dann verteilte sie die goldbraun gebratenen Käsestücke auf dem Tomatensud und streute fein gehackten Koriander darüber. Auch jetzt durfte ich noch nicht kosten, so dass meine Neugier geradezu ins Unermessliche wuchs. Als das Gericht mittags dann endlich mit gedämpftem Basmatireis auf den Tisch kam, wurde jeder einzelne Bissen zu einem einmaligen Geschmackserlebnis, bei dem das Aroma der frischen, mit Knoblauch und Schwarzkümmel gekochten Tomaten durch den cremig säuerlichen Käse auf wunderbare Weise abgerundet wurde.

    Erst vor kurzer Zeit wurde ich im Hause einer Freundin in Toronto Zeugin einer ähnlichen Geschichte. Meine Freundin fieberte voller Ungeduld der Ankunft ihres Sohnes entgegen, der gegen Mittag von einem zweistündigen Flug aus Halifax eintreffen und einen frischen Atlantikhummer mitbringen würde. Die Aufmerksamkeit, die sie der Qualität des Essens widmete und ihre Aufregung angesichts des Transports waren genauso groß wie damals bei meiner Großmutter. Es war beruhigend festzustellen, dass die Moguln in allen Teilen der Welt noch lebendig sind.
    Das anschließende Mittagessen bei meiner Freundin weckte in mir jedoch auch die Sehnsucht nach den vorzüglichen Mahlzeiten, die uns meine Mutter jeden Freitagmittag serviert hatte. Am Freitag gab es bei uns nämlich immer Fisch und Meeresfrüchte, da an diesem Tag auf den Märkten von Karatschi kein Fleisch verkauft werden durfte. Das Verbot hatte keinerlei religiösen Hintergrund - es war einfach nur eine der vielen bürokratischen Regelungen, die die Regierung verfügt hatte. Obwohl meine Mutter Hauspersonal hatte, kaufte sie den Fisch immer persönlich ein. Wie man erkannte, ob der Fisch frisch war, und wie man sicherstellte, dass er auch richtig filetiert wurde, das hatte sie von ihrer Mutter, meiner geliebten Großmutter gelernt.

Lotoswurzeln mit Bockshornklee ( Nadru )
    Lotoswurzeln findet man auf chinesischen Lebensmittelmärkten. Garam Masala besteht aus Kardamom, Zimt, Kreuzkümmel, schwarzem Pfeffer und Lorbeerblättern. Man kann es in jedem indischen oder pakistanischen Lebensmittelladen als fertige Gewürzmischung sowohl gemahlen als auch ungemahlen kaufen. Um frisches Garam Masala zu mahlen, gibt man die fertige Gewürzmischung

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