Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
von Melissa langweilig und klein aussehen, und Pollys Erdgeschoß hätte mindestens zweimal in diesen Saal gepaßt. Ein riesiger Kamin, der bis zum Dach reichte, war mit Engelchen verziert, die Neuankömmlingen mißbilligend entgegensahen. Die Möbel schienen alle antik zu sein, und zweifellos gab es hier eine Mrs. Danvers-Type, die ihr Leben der Schufterei und dem Polieren der edlen Erbstücke gewidmet hatte und erst Ruhe finden konnte, wenn das Haus der Museums- und Schlösserverwaltung übereignet wurde.
»Ich ziehe besser meine Stiefel aus«, sagte Polly, nachdem sie sich kurz umgesehen hatte. »Sonst wird Ihre Haushälterin böse.«
David nahm offensichtlich nicht so viel Rücksicht auf die Empfindlichkeiten dieser Person wie Polly und sah irritiert zu, wie sie sich abmühte, die verdreckten Stiefel von den Füßen zu ziehen. Schließlich riß ihm der Geduldsfaden, er hob Polly hoch und trug sie schwankend zu einem Sessel.
Polly hatte Lust zu knurren und zu fauchen wie eine Katze, die man von ihrem Lieblingsplatz wegholt, aber da es auf dem Sessel bequemer war, als an der Tür auf einem Bein zu hüpfen, tat sie nichts dergleichen.
Er zog ihr mit zwei geschickten Handgriffen die Stiefel aus, wischte sich die verschmierten Hände an einem blütenweißen Taschentuch ab und sah sich genauer an, was ihm sein Sohn mit unübersehbarem Widerwillen ins Haus geschleppt hatte.
»Geben Sie mir Ihre Jacke», forderte er kalt und zerrte sie ihr mehr ärgerlich als zuvorkommend von den Armen. »Kommen Sie zum Feuer, damit Sie trocken werden.«
Polly tapste in die Richtung, in die er zeigte, und fragte sich, wie lange sie ihren eigenen Zorn noch im Zaum halten konnte. Davids Benehmen und ihre Lage waren gleichermaßen unerträglich. Erst opferte sie sich auf, um Patrick vor einer kriminellen Handlung zu bewahren, und statt seinen erbosten Vater zu beschwichtigen und ihm alles zu erklären, verdrückte sich dieser Feigling und überließ es ihr, mit der Wut seines Erzeugers fertig zu werden.
Ihre Füße verursachten dunkle, feuchte Flecke auf dem Marmorboden, und Polly hoffte, daß der Teppich in Davids Wohnzimmer auch hell war, damit ihre Spuren dort einen bleibenden Eindruck hinterließen. In der Halle befand sich bestimmt schon eine Masse Dreck, und wenn es in dieser Welt noch eine Gerechtigkeit gab, dann würde ihm seine Mrs. Danvers morgen mit einer ordentlichen Standpauke in den Ohren liegen.
David öffnete eine Tür und führte Polly in den Salon. Nur der Bereich vor dem Kamin war beleuchtet, der Rest des Raums lag im Dunkel. Das Licht der Flammen tanzte über einen auf Hochglanz polierten Parkettboden und über abgetretene Persianerteppiche. Die wenigen Möbel, die zu sehen waren, befanden sich offenbar schon seit Generationen im Besitz der Familie. Eine große Eichentruhe füllte den Platz zwischen zwei Terrassentüren mit schweren Brokatvorhängen, die zu einem zarten Nilblau verblaßt waren. Auf einem Spieltisch an der gegenüberliegenden Wand stand eine Lampe. Bilder hingen an den Wänden: eine Serie botanischer Stiche von Äpfeln, alte Landkarten und Ahnenporträts teilten sich den zur Verfügung stehenden Platz mit sehr modernen, impressionistischen Gemälden.
Hier war nichts von dem Überfluß und Luxus, den man in Melissas von Designern durchgestylten Salon vorfand, zu sehen. Im Gegenteil – der Raum wirkte fast ein wenig schäbig, aber es war die Art von Schäbigkeit, die selbst Melissa als Klasse erkennen würde. Die Anhäufung kupfergestochener Einladungen auf dem Kaminsims war erschreckend.
Wenigstens das Feuer hieß sie willkommen. Ein Polstersofa stand in respektvollem Abstand zum Kamin, also ließ sich Polly in den Ohrensessel fallen, der sich viel näher an der Wärmequelle befand. Dabei schenkte sie weder der Leselampe Beachtung noch dem offenen Buch oder all den anderen Anzeichen, die darauf hindeuteten, daß es sich der Hausherr hier ursprünglich gemütlich gemacht hatte.
»Darf ich Ihnen irgend etwas anbieten?« Davids Wut war in Höflichkeit gehüllt, aber nur unzureichend. »Tee, Kaffee? Oder etwas Stärkeres?« fügte er hinzu, als sie nicht antwortete.
Die Konturen seines Gesichts wirkten sehr streng, während er sich leicht über sie beugte. Er trug einen Wollpullover und eine Cordhose, und beides ließ seine Schultern breiter und seine Beine länger aussehen als sonst. Seine Beine waren leicht gespreizt, und er hatte eine Hand in die Hüfte gestemmt – eine Herrscherpose. Wenn sie
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