Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)
reichte ihm einen roten Jeton und verabschiedete sich.
»Dann nochmals Gratulation ... und viel Glück bei Ihrem Bewerbungsgespräch.«
»Danke.«
Zufrieden verließ Mirko den Tisch und klopfte sich innerlich auf die Schulter. Er würde kein Glück brauchen. Er war ein Gewinner und er würde diesen Job mit Leichtigkeit bekommen. Erst recht, wenn er in einem dieser sauteuren Anzüge aufmarschierte. Einem dieser grauen Teile mit dem schwarzen Streifen an der Knopfleiste.
Das schicke Stück konnte er sich jetzt ja locker leisten. Und die Typen bei der Bank sollten ruhig sehen, wen Sie da vor sich hatten. Obwohl dazu nicht unbedingt neue Klamotten nötig wären. Die Kleine am Wechselschalter, die heftig mit ihm flirtete, merkte es anscheinend auch so ...
Beschwingt schlenderte er zum Ausgang.
»Na, einen guten Lauf gehabt?«
Mirko blieb stehen und wandte sich in Richtung der Stimme. Abgewetztes Jackett saß an einem der bunt blinkenden Spielautomaten.
»Kann mich nicht beklagen.«
»Schön für dich, Jungchen. Fortuna ist manchmal ein launisches Wesen ...«
»Mag sein«, antwortete Mirko möglichst neutral und besah sich die Münze, die sein Gegenüber frenetisch rubbelte. Offenbar seine Letzte. »Und bei Ihnen?«
Abgewetztes Jackett zuckte die Schultern. Dann spuckte er dreimal auf den Euro zwischen seinen Fingern, ehe das glänzende Geldstück im dafür vorgesehenen Schlitz verschwand.
Die Symbole hinter den kleinen Fenstern gerieten ins Rotieren. Eine Sieben, noch eine Sieben und eine Kirsche. Niete.
»Tut mir leid«, murmelte Mirko halb zu ihm, halb zu sich selbst.
»Kein Problem. Beim nächsten Mal gewinne ich.«
»Tja, viel Glück dabei.«
»Nett von dir. Aber um Glück geht es nicht«, sagte abgewetztes Jackett und blinzelte ihn über die Schulter hinweg an. »Instinkt und Arsch in der Hose, Jungchen - das macht Sieger aus!«
»Was haben Sie gesagt?«
»Du hast schon richtig verstanden.«
Ein heißer Metallklumpen sackte in Mirkos Magen.
»Entschuldigung, aber kennen wir uns?«
»Gewissermaßen ...«
Dem langgezogenen und irgendwie schneidenden Wort folgte beharrliches Schweigen.
»Und woher kennen wir uns gewissermaßen, wenn ich fragen darf?«
Das Gesicht, auf dem die bunten Lichter des Automaten tanzten, blieb regungslos. Nicht einmal die Nasenflügel bewegten sich. Als würde der Mann über seine Haut atmen.
»Aus dem Kasino? Von der Arbeit?«
Wieder erhielt er keine Antwort.
Leicht verunsichert bohrte Mirko die linke Schuhsohle in den Teppich. Sein Nacken kribbelte und zum ersten Mal an diesem Abend besah er sich den Mann, mit dem er sich den Tisch geteilt hatte, näher. Von der Arbeit kannten sie sich garantiert nicht. Solche Leute bremste das Bankensystem in aller Regel mindestens zwanzig Meter vor seinem Schreibtisch brutal aus.
Also nicht beruflich. Dann eventuell privat? Auch relativ unwahrscheinlich. Sie verkehrten kaum in den gleichen Kreisen; und wenn sie sich hier schon einmal begegnet wären, hätte er ihn mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ignoriert, anstatt ihm seinen Slogan zu verraten. Der Typ hatte die Zeiten, in denen er von ihm und anderen wie ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft behandelt wurde, bereits eine Weile hinter sich.
Er schluckte. Der Kerl roch als besäße er lediglich ein einziges Deo, das dank spärlichem Gebrauch bis zum Ende des Jahrhunderts reichen sollte. Sein Gebiss hatte wohl seit Weihnachten 2002 keinen Zahnarzt mehr gesehen. Und seine Klamotten ... Das Jackett war nicht einfach abgewetzt, es war alt. Fleckiger, ausgeblichener Stoff, der früher grau gewesen sein musste. Grau mit einem schwarzen Streifen an der Knopfleiste ...
»Wie ist Ihr Name?«
»Willst du raten, Jungchen?« Der Mann am Automaten entblößte seine gelbe Kauleiste und rieb sich das stoppelige Kinn. Die eingefallenen Züge wirkten amüsiert. »Napoleon? Nein. Rumpelstilzchen? Nein ...«
Der Stuhl vibrierte. Eine widerliche Mischung aus Lachen und Husten malträtierte Mirkos Trommelfell. Ihm wurde schlecht.
»Okay, das wird mir jetzt echt zu blöd ...«
»Oh, die Ungeduld der Jugend! Na schön, ich gebe dir einen Tipp: Ich bin der Sohn der Tochter deiner Großmutter, der keine Geschwister hat.«
Diesmal lachte er nicht.
»Alles klar, Sie sind schlicht und ergreifend irre.« Obwohl der Spruch locker hätte klingen sollen, schwang ein dezentes Vibrato darin mit.
»Meinst du?«
»Ich kenne Sie nicht.«
»Dann schau genauer hin!«
Gegen seinen Willen trat
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