Zum weißen Elefanten
aber...
»Bleiben Sie, wenn Sie wollen, aber Sie müssen mit dem zufrieden sein, was andere vernünftige Leute essen. Ich kann mich unmöglich nach den Marotten einer Person richten, wenn ich das Haus voll habe.«
»Marotten...« keuchte die Dame, »aber Sie wissen doch sicher, was hervorragende Ärzte sagen?«
»Hervorragende Ärzte sagen immer etwas, aber ich weiß nur, was andere Pensionen anbieten, und mehr kann ich, fürchte ich, nicht tun.«
»O Kit«, jammerte Jane später, »es wird immer schlimmer mit mir. Ich entwickle mich zu einem richtigen Hotelschreck.«
»Mein Schatz, du bist wundervoll. Wie ist es nur möglich, daß dir immer so kluge Antworten einfallen? Und Miss Merton hat ihren Teller völlig leergegessen und sogar die Soße mit einem Stück Brot aufgesaugt.«
Dann war da noch Vincent Norton, ein Student auf Urlaub »Du solltest ihn nur sehen«, klagte Katherine. »Kein bißchen lustig. Trägt eine Brille und scheint von den anderen überhaupt keine Notiz zu nehmen. Ein richtiger Blaustrumpf.«
Jane lachte. »Du mußt es ja wissen. Du scheinst ausgefallene Typen zu lieben«, sagte sie.
Vincent sammelte verschiedenes Seegetier zwischen den Felsen und im Sand und deponierte es überall im Haus verstreut, zum großen Entsetzen von Miss Merton, die einer Masse offensichtlich verwesender Quallen im Badezimmer begegnet war: Jane wurde gebeten, einzuschreiten, was sie auch freundlich, aber bestimmt tat, und danach mußte sie wohl oder übel geheimnisvolle, ordnungsgemäß beschriftete Gegenstände in Empfang nehmen, die ihrer Obhut mit einem flehenden Blick anvertraut wurden. »Vielleicht in den Eisschrank?« fragte Vincent, und Jane hatte plötzlich ein kleines Sonderfach, das für Wissenschaftliche Zwecke bestimmt war.
Katherine und sie lachten vergnügt über diese Episoden, aber dann passierte etwas, was nicht mehr zum Lachen war. Ein Mädchen meldete den Verlust einer Brosche, die sie offen an dem Tisch hatte liegenlassen, als sie weggegangen war. »Sie ist nicht wertvoll, aber ich hielt es für besser, Sie davon zu unterrichten«, sagte sie, und Jane stimmte ihr von ganzem Herzen zu. »Wir müssen einen Anschlag machen, daß wir Wertgegenstände aufbewahren, das machen alle Hotels«, sagte sie zu Hugh, »aber wie sollen wir in einem Zelt darauf aufpassen?«
»Das stimmt natürlich. In dem Schuppen, den uns unsere Vorgänger überlassen haben, befindet sich ein altes Safe. Ich wenn einen Schlüssel dafür anfertigen, und ihr könnt ihn unter euer Bett stellen. Natürlich müßt ihr einen Anschlag machen; das entlastet euch. Der Dieb? Irgend jemand, vielleicht einer von der ständig herumlungernden Ausflüglern, vielleicht jemand im Haus.«
»Das ist doch ausgeschlossen.«
»Wirklich? Da wäre ich nicht so sicher. Aber wie dem auch sei, ihr könnt es nicht herausbringen, deshalb hat es keinen Zweck, sich den Kopf zu zerbrechen.«
Der Anschlag wurde in der Halle angebracht, und das Safe in ihr Zelt gestellt. Ein paar Gäste brachten ihnen Brieftaschen und Ringe, aber die meisten waren der Auffassung, daß das allgemein als äußerst nachlässig bekannte Mädchen ihre Brosche wahrscheinlich am Strand verloren hatte, oder irgend jemand sich eingeschlichen hatte, als im Haus Ruhe herrschte. Der Vorfall würde sich nicht wiederholen.
Aber er wiederholte sich. Diesmal war es eine silberne Spange, die auf dem Toilettentisch lag, während die Besitzerin ein Bad nahm. »Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Lee. Es ist meine eigene Schuld, aber wir waren eben so sicher, daß es nur ein Fremder gewesen sein konnte. Sie hat nur zehn Mark gekostet, und ich werde ihr nicht nachweinen.«
Aber Katherine und Jane konnten es nicht so leicht verwinden. Es war eine so nette Gesellschaft, meistens junge Leute aus Geschäften oder Büros, und zwei alleinstehende Damen, Miss Wheeler, mittleren Alters und weiter nichts besonderes, die selbst am Steuer eines schäbigen Wagens vorgefahren war, und Miss Newman, eine nette alte Dame, die offensichtlich Geld hatte und mit einem Taxi angekommen war.
Jane fühlte sich ganz erleichtert, als die beiden fragten, ob sie nach der Abreise der anderen noch bleiben könnten. »Das macht für uns so viel aus«, erklärte sie Katherine. »Bei Miss Wheeler bin ich zwar nicht ganz begeistert, aber Miss Newman hat so eine liebe und freundliche Art.« Als die fünf Tage der eigentlichen Osterferien vorüber waren, verabschiedete sich Jane fast traurig von den Pensionsgästen.
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