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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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Fahrstuhltür bereits öffnete und Puvogel wogend hineindrängte.
    »... ich finde Sie extrem sexy«, sagte Gritli.
    »... ich finde Sie extrem sexy«, wiederholte ich mutlos.
    Puvogel wandte sich um, kam nah an mein Ohr heran und flüsterte: »Ich weiß!«
    »Mission geglückt«, rief Gritli, als ich zurück war.
    »Nur bisschen undeutlich zu hören.«
    »Wir nehmen ein externes Mikro. Verlass dich ganz auf mich!«
    Sie schlug mir für den Besuch bei Müller eine rosa gestreifte Krawatte vor, an der sie das als Krawattennadel getarnte Mikrophon befestigte, das mit dem Smartphone in der Innentasche verbunden war.
    »Sieht die Krawatte nicht zu schwul aus?«, fragte ich, und Gritli hatte, fröhlich lachend, ausgerufen: »Aber du BIST doch schwul!«
    Ich dachte an David, an seine Oberarme, seine Lippen, an denverbotenen Kuss, und Angst stieg in mir auf, Angst, WIRKLICH schwul zu sein, es beschworen zu haben. Mutter, mein wichtigster moralischer Außenhalt, war fern, alles war möglich. Ich war wie ein nacktes Baby, das in eine kreuzgefährliche hedonistische Tretmühle geraten war. Niemand war da, der mir sagte, was ich tun und lassen sollte.
    Es war schlagartig fast sommerlich mild geworden, als ich Punkt 14 Uhr, etwas zu warm gekleidet, aus dem Leuchtturm trat. Frau Puvogel hatte recht gehabt: Heutzutage gibt es keinen Frühling mehr.

BÖSE, BÖSE WELT
    Ein schwarzer BMW stand vor der Haustür. Der Mann, der ihm entstieg, musste Herr Pilz sein, dieser ernste, bedächtige ältere Herr mit der randlosen Brille. Ich streckte ihm die Grußhand entgegen, aber das war offenbar in solchen Hierarchien unüblich; er nickte mir zu, hielt die Tür auf, die rechte hintere Tür, und schloss sie zärtlich, als ich saß. Ich atmete den Geruch von Leder und kalter Zigarre ein, registrierte das leichte Surren der Klimaanlage und lehnte mich scheinbar bequem, aber innerlich angespannt wie ein Hochseilartist, in die Polster. Pilz sollte denken, ich würde dauernd herumkutschiert. Das nämlich unterschied den Herrn vom Knecht – ich wusste das von Mutter –, der Platz im Auto.
    Zum dritten Mal fuhr ich nach Dingenskirchen. Aber diesmal wurde ich erwartet. Big Ben persönlich hatte meine Visitenkarte abgegeben. Diesmal würde sich das schwere Tor öffnen, ganz allein für mich. Hinein ritte oder, besser, glitte ich, das Trojanische Pferd, die künftige Edelfeder der Stadt. Ich tastete nach dem Gummistöpsel in meinem Ohr, über den Gritli liebevoll mein seitengescheiteltes Haar gekämmt hatte. Sie würde im Leuchtturm über ihr Smartphone mithören. Die Landschaft flog vorbei, die Wolken rissen auf, und als Müllers Tor sich tatsächlich öffnete, war sein parkähnlicher Garten in goldenes Licht getaucht. Wir fuhren hinein, ich war zu aufgeregt, um Details wahrzunehmen. Ich sah nur, dass auf dem perfekt getrimmten Rasen kleine Blondinen mit einem großen Hund spielten. Ich nickte ihnen zu, Pilz führte mich zur Haustür. Eine alte Frau mit Miss-Marple-Gesicht und jagdgrünem Strickensemble öffnete. Vor mir tat sich ein Riesenzimmer auf, hoch bis in den Dachfirst. Fenster an Fenster, bis zum Boden reichend. Ein innen vollkommen hohles Haus, angenehm leer, gepflegt antik, rostrote Samtvorhänge mit Troddeln und Bordüren.
    Eine höchst seltsame Szenerie eröffnete sich mir: Auf einer Couch saßen zwei Männer im Trenchcoat, daneben, in einem Ohrensessel, Teuben, der Leibarzt, und ihnen gegenüber Müller, der in seinem Rollstuhl wie ein Toter hing, mit seitlich abgeknicktem Kopf und halb geschlossenen Augen. War er etwa wieder gestürzt?
    »Sie sehen selbst«, sagte Teuben, zu den Männern gewandt, »er ist nicht vernehmungsfähig.«
    »Wann wird es ihm denn besser gehen?«, fragte einer von ihnen mit mühsam unterdrückter Ungeduld.
    »Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wissen«, sagte Teuben. Die zwei erhoben sich, verabschiedeten sich und liefen nun direkt auf mich zu.
    »Oberinspektor Kramm, Mordkommission«, murmelte der eine und holte seinen Dienstausweis heraus. Mir rutschte das Herz in die Hose. Bisher war ich staatlicher Autorität nur in Gestalt von Fahrkartenkontrolleuren begegnet.
    »Was passiert da jetzt?«, wisperte Gritli aufgeregt in meinem Ohr. Sie hatte Kramm offenbar nicht verstanden.
    »Ihr Name ist ...?«, fragte der Mann.
    Ich räusperte mich und stellte mich vor.
    »Polizei?«, fragte Gritli.
    »In welchem Verhältnis stehen Sie zu Herrn Müller?«
    Gritli soufflierte. »Ich schreibe über ihn für

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