Zur freundlichen Erinnerung
er mit finsterem Gesicht herum, und da bei den Bauern von alt her der Aberglaube herrschte, daß solche Kerle mit ihren Verwünschungen kraft einer innewohnenden dämonischen Macht Schaden und Unglück anrichten könnten, so wagte keiner etwas gegen sein Kampieren in Heustädeln und Tennen einzuwenden.—
An einem Aprilnachmittag traf ihn Michael auf der Waldstraße, ging entschlossen auf ihn zu und sprach ihn an.
"Habt's keine Arbeit mehr kriegt?"
Offenbar verstand der Angesprochene dies, denn er nickte finster.
"Geht's zu meinem Bau. Verlangt's den Lindinger und sagt's, ich hab
Euch geschickt," sagte Michael.
Am ändern Tag schleppte der Italiener auf dem Bau Mörtel.—
Das Haus wuchs. Der Turm der Vorderfront bedurfte nur noch des Dachstuhls. Beim Söllinger wurde eingebrochen. Man nahm wieder den Italiener fest, obwohl ihn niemand angezeigt hatte. Da man ihm aber nichts nachweisen konnte, entließ man ihn abermals. Michael traf ihn am Pfarrhaus, nickte schon von weitem grüßend und hatte ein Lächeln wie ungefähr: "Gut so!" Und wieder arbeitete der Italiener auf dem Bau, finster gegen jedermann, verschlossen und wortkarg, nur etwas aufgetaner zu Michael.—Die Kirche war nun jeden Sonntag drückend voll. Die sechs Fenster strahlten ihren vielfarbigen Prunk über die Köpfe der Betenden. Einen Monat später erschollen die neuen Glocken erstmalig. Und in der Luft schwang ein Surren weithin. Wenn man jetzt Michael sah, lag über seinem Gesicht etwas wie ein leuchtender, verschwiegener Triumph.
Der April zerging in Regen, Schneegestöber und flüchtigen Sonnentagen. Die ersten Maitage ließen die grauweißen Wände des Neubaus sehr schroff leuchten. Man konnte Michael manchmal mit dem Baumeister durch die Räume schreiten sehen. Die Schreiner brachten Möbel. Es ging dem Vollenden zu.
Es war wahr, was der erste Knecht vom Reinalther sagte: "Einen solchen Stall trifft man so schnell nicht mehr." Und: "Eine Lust müsse es sein, dort zu arbeiten."
Aber der Söllinger warf verächtlich hin: "Was hilft ihm das schöne
Haus und alles, wenn er kein Grundstück hat!"
Und aus den Reden der Dörfler am Biertisch konnte man deutlich heraushören, daß keiner bereit war, auch nur ein Tagwerk von seinen Gründen abzugeben.
"Unser Heu bleibt unser Heu," sagte der Gleimhans. Und alle nickten.
"Der kommt schon und will einen Grund!—Aber da bleibt ihm der
Schnabel sauber!" brummte der Reinalther.
Der Söllinger blickte düster drein und schwieg.—
Pfarrer und Ministrant gingen mit Michael durch die Räume des neuen Hauses, beweihräucherten und besprenkelten alles. Eine Woche später trieben drei Viehtreiber wohl an die zwanzig Kühe auf der Straße von Greinau her ins Dorf und lieferten sie bei Michael ab. Der wohnte schon vier Tage in seinem Haus. Zwei fremde Mägde, ein Knecht und jener Italiener, den man von der Sandgrube davongetrieben und verhaftet hatte, waren da. Und Heufuhren kamen an. Ganz fremde Gesichter blickten von den leeren Wagen herunter, die durchs Dorf ratterten.
"Wenn er jeden Pfifferling kaufen muß, wird die Herrlichkeit bald ein End' haben," brummten die Bauern, "mit den paar lumpigen Wiesen kann er grad' eine Kuh füttern."
Nach etlichen Wochen kam eine Magd Michaels zum Reinalther und zum
Gleimhans und richtete aus, die Bauern sollten zu ihm kommen.
"So—!? Sonst nichts….?!" rief der Reinalther höhnisch und schaute das dralle Frauenzimmer hämisch an, "sagst, er soll sich einen ändern Dummen suchen!"
Und—: "Der hat grad so weit zu mir her!" fertigte der Gleimhans die
Botschaftbringerin ab.—
Gleichsam, als hätte man sie ohne jeden Grund persönlich beleidigt, kam die Magd zurück und berichtete Michael das Verhalten der beiden Bauern.
"Geh!—Ist schon gut!" schnitt dieser ihr das Wort ab, als sie gesprächiger werden wollte. Seine Züge veränderten sich nicht. Nur seine Augen glommen einmal funkelnd auf.—
In der Wirtsstube Simon Lechls herrschte diesen Abend ein belebteres
Gespräch.
"Jetzt wird er langsam angekrochen kommen und Gründ' wollen," brummte der Reinalther.
"Da kann er alt werden!" erwiderte der Gleimhans. Und alle nickten.
"Mit seinem Geldhaufen ist er gar nichts!" sagte der Lechlwirt:
"Gründ' machen den Bauern!"
"Das ist's!" bestätigte der Söllinger.
Und wieder nickten alle.—
IV.
Die Jahre verstrichen. Das kahle, grell leuchtende Haus am Waldrand nahm mehr und mehr eine verwitterte Farbe an. Bisweilen, wenn die Scheune leer war, sah man die
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