Zur Liebe entfuehrt
drückte ihre Hand aufmunternd, bevor er ihnen Kaffee einschenkte. „… also erzähl sie ruhig von Anfang an.“
Perdita trank erst einmal einen Schluck. „Meine Mutter stammte aus San Jose. Dad lernte sie kennen, als er nach Kalifornien ging, um die amerikanische Niederlassung von Judson Boyd Electronics aufzubauen. Es war Liebe auf den ersten Blick, und innerhalb weniger Wochen waren sie verheiratet. Sie kauften ein Haus und richteten sich dort ein, nicht weit von der Stelle entfernt, wo Elmer heute wohnt.
Als meine Mutter im siebten Monat schwanger war, nahm mein Vater sie auf ein lang versprochenes Wochenende nach New York mit. Am Abend vor ihrem Rückflug begannen bei ihr frühzeitig die Wehen, und sie wurde eilends ins nächste Krankenhaus gebracht. Nach meiner Geburt gab es Komplikationen, und während man mich in die Frühgeborenenabteilung verlegte, kämpfte man um ihr Leben. Sie fiel ins Koma, und mein Vater wich vierundzwanzig Stunden nicht von ihrer Seite. Als sie schließlich das Bewusstsein wiedererlangte und ihr Baby sehen wollte, war ich nicht aufzufinden, und jemand meinte, womöglich sei ich gestorben. Natürlich waren sie verzweifelt, aber am nächsten Morgen entdeckte man mich in einer anderen Niederlassung des Krankenhauses. Man hatte mich aufgrund einer Namensverwechslung dorthin gebracht. Der Irrtum kam ans Licht, als eine gewisse Mrs. Boyt, die ihren Sohn sehen wollte, entdeckte, dass ich ein Mädchen war. Die arme Frau bekam einen hysterischen Anfall, aber bald wurde alles wieder gerade gerückt und sie erhielt ihren Sohn unversehrt zurück, während man mich zu meinen Eltern brachte.“
„Daher der Name“, meinte Jared. „Was geschah mit deiner Mutter?“
„Man hatte ihre inneren Blutungen nicht richtig stoppen können, und sie starb am nächsten Tag in den Armen meines Vaters. Elmer hat mir einmal erzählt, dass mein Vater niemals über ihren Tod hinweggekommen sei. Dad nahm mich mit nach Kalifornien und engagierte ein Kindermädchen. Aber er war nur wegen meiner Mutter in den Staaten geblieben und fühlte sich ohne sie nicht mehr wohl. Also verkaufte er das Haus und alles, was darin war, und kehrte nach England zurück, um die britische Niederlassung der Firma zu führen.“
„Bist du deiner Mutter sehr ähnlich?“
„Anscheinend bin ich ihr Ebenbild.“
„Und du bist alles, was ihm von ihr noch geblieben ist“, sagte Jared. „Das erklärt Vieles.“
Da Jared selbst zu dieser Erkenntnis gekommen war, ergriff Perdita die Gelegenheit, um auszusprechen, was schon länger an ihr nagte. „Die Tatsache, dass mein Dad so sehr an mir hängt, macht es beinah unmöglich, ihm zu sagen, dass …“ Sie zögerte.
„Dass du dazu genötigt wurdest, zu mir zurückzukehren?“
„Ja.“
„Was willst du ihm dann sagen?“
„Ich bin nicht sicher, aber bestimmt nicht die ganze Wahrheit. Außerdem habe ich panische Angst davor, dass er mich hier anruft oder Martin das tut.“
„Dann wäre es sinnvoll, ihnen zuvorzukommen.“
„Aber was soll ich ihnen sagen?“
„Wenn du Zeit gewinnen willst, erzähl ihnen, dass die Verhandlungen gut laufen und du auf einen erfolgreichen Ausgang hoffen kannst, aber dass es wohl noch einige Tage dauert, bevor feste Vereinbarungen getroffen werden können. Wenn es so weit ist, würdest du sie es sofort wissen lassen …“
Damit schob sie zwar nur die Stunde der Wahrheit hinaus, trotzdem ging Perdita auf seinen Vorschlag ein. Wenigstens wird es Dad beruhigen und dafür sorgen, dass er sich keine Sorgen mehr macht, dachte sie.
„Aber heute Nachmittag“, fuhr Jared fort, „wollte ich dir den Petrified Forest zeigen.“
„Oh, ich habe schon davon gehört. Gibt es da nicht riesige, durch einen Vulkanausbruch vor mehreren Millionen Jahren versteinerte Redwood-Bäume?“
„Genau, aber man fährt ein Stückchen bis dahin …“ Er griff nach dem Telefonhörer und reichte ihn Perdita. „Deshalb wäre es sinnvoll, deinen Vater und Judson anzurufen, bevor wir losfahren. Wenn ich richtig gerechnet habe, ist jetzt in London Abend und in Tokio Frühstückszeit. Mit ein bisschen Glück erwischst du beide. Und vergiss nicht, dass sie denken, du seist in New York, da ist es schon Nachmittag.“
Perdita rief zuerst ihren Vater an. „Hi, Dad, ich wollte dir nur schnell sagen …“, begann sie und wiederholte fast Wort für Wort, was Jared ihr vorgeschlagen hatte.
„Gott sei Dank“, sagte ihr Vater, und Perdita erkundigte sich nach seinem
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